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Brieftauben Mit bis zu 80 Sachen in Richtung Heimat

Wie findet eine Brieftaube ihren Weg immer wieder in den heimischen
Schlag, und wie orientiert sie sich? Antworten darauf haben auch Züchter
der Stadt Hecklingen. Die Volksstimme begleitet sie auf ihrer
diesjährigen Flugtour mit den Tieren, die jetzt begonnen hat und bis
nach Polen führt.

Von Nora Stuhr 12.05.2014, 03:30

Cochstedt/Hecklingen l 650 Kilometer sind wahrlich kein Pappenstiel. Wer die Strecke meistern will, sollte gut vorbereitet sein. Die Rede ist von einem Flugmarathon der tierischen Art. Tauben gehen dafür an den Start.

"Das ist wie beim richtigen Wettkampf der Sportler", erklärt Frank Thume aus Cochstedt. Er muss es wissen. Seit vielen Jahren bereitet er Brieftauben auf lange Strecken vor. "Die Tauben werden im März eingeflogen", berichtet er, dass sich dann sowohl Jungtiere als auch erfahrene Tauben warm machen. Brieftaubenzüchter wie Thume halten die Fäden dabei in der Hand. Die Trainer bringen sie an immer wieder andere Stellen - die Rede ist von Auflassorten - von wo aus sie den Weg in den heimischen Schlag antreten.

Und damit nicht jeder einzeln mit seinen Tieren los muss, schließen sich die Züchter zusammen. Das passiert in sogenannten Reisevereinigungen (RV). Thume gehört der RV Halberstadt an.

In einem Laster, dem sogenannten Kabinenexpress, gehen die Tiere in Boxen zusammen auf große Fahrt. In einer Einsatzstelle (bei der RV Halberstadt befindet sich diese in Egeln) checken alle im Beisein ihrer "Fitmacher" ein. Dann startet der Weg zum Auflassort.

Von Mal zu Mal ist dieser entfernter. "Erst Halberstadt, dann Ludwigsfelde", zählt Thume als Beispiel Orte auf, die angesteuert werden. Wenn die Tauben diese gemeistert haben, nimmt die Entfernung zu. Bis nach Polen fahre die Reisevereinigung mit dem Kabinenexpress, bis zu 650 Kilometer, berichtet Thume von der Tour seiner Hobbyfreunde der Region Halberstadt, in der auch Brieftaubenzüchter aus Hecklingen und Egeln sind.

Bleibt zu fragen, wie sich die Tauben wieder nach Hause finden. Thume erklärt darauf angesprochen, dass es für die Vögel viele Orientierungspunkte gibt. Das könnten etwa Kirchtürme sein oder auch die Streckenführung der Autobahn. "Sie orientieren sich auch an der Sonne und den Wolken, am Wetter und dem Erdmagnetismus", erklärt der Cochstedter weiter.

Und er kann weiterhin sagen, dass Tauben immer vor Greifvögeln auf der Hut sind. Vor allem der Sperber und der Habicht könnten, so Thume, gefährlich werden. Waldgebiete seien daher nicht unbedingt die Lieblingsstrecke der Langstreckenflieger, weiß der erfahrene Sporttaubentrainer.

Und wie viele Tiere schickt die Reisevereinigung Halberstadt in dieser Saison auf den Weg? Thume berichtet, dass rund 3500 Tiere den Anfang machen. Er selbst ist mit 40 Tieren dabei. Und bis sie den jeweiligen Platz zum Start per Express erreichen, ist natürlich garantiert, dass die kleinen Marathonflieger gut versorgt sind. Futter und Wasser sind an Bord. Und die Boxen, in denen es zum Auflassort geht, garantieren gleichfalls genügend Freiraum? " Ja, das ist sogar vom Naturschutzbund vorgeschrieben", erklärt der Experte.

Schließlich die Frage, nach dem Wetter: Fliegt eine Taube auch bei Wind und Sturm? "Nein, dann lassen wir sie natürlich nicht starten, sondern warten, bis sich die Wolken verzogen haben." Und wie lange braucht eine Taube, bis sie vom Himmel aus Kurs auf den heimischen Schlag nehmen kann. "Das hängt vom Wind ab." Komme er von hinten, was ja recht günstig sei, könne eine Taube bis zu 80 Kilometer pro Stunde schnell fliegen. Sogar 90 und 100 Sachen sind möglich, sagt Thume.

Die Preisflugsaison seiner Reisevereinigung hat bereits begonnen. Wie es den Tauben auf ihrer Tour erging, soll in kleinen Reiseberichten erzählt werden. Diese erscheinen demnächst in loser Folge. Der erste Flug nach Hause startete bereits in Halberstadt. Ob alle Tiere gesund und munter angekommen sind, wird an dieser Stelle noch nicht verraten.