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Treffen beim Oberbürgermeister Viele Fragen zu Flüchtlingen offen

Oberbürgermeister René Zok hatte zur Bildung einer Arbeitsgruppe, die
sich mit den Problemen der Flüchtlinge beschäftigen soll, eingeladen.
Dort wurde deutlich, dass noch nicht alles so läuft, wie es sein müsste.

Von René Kiel 25.11.2014, 02:14

Staßfurt l "Wir haben Kontakt aufgenommen mit der BQI Schönebeck, um Asylbewerber in Maßnahmen bringen zu können. Sie sollen dann als Dolmetscher eingesetzt werden und den Flüchtlingen für Behördenwege zur Verfügung stehen", berichtete Zok.

Die BQI bemühe sich schon seit zwei Jahren um derartige Beschäftigungsmöglichkeiten, aber das Jobcenter habe bislang alle Anträge abschlägig beschieden. "Dieses Thema werde ich wieder aufgreifen und versuchen, diese Maßnahmen auf den Weg zu bringen", sagte der Oberbürgermeister. Ziel müsse es sein, zwei Dolmetscher für jedes Mittelzentrum zu gewinnen.

Die Urania biete Deutsch-Kurse an. Diese müssten aber finanziert werden. Einbringen in die Betreuung der Flüchtlinge wolle sich auch die Volkssolidarität, ebenso ihre Stadtteilmanagerin für Staßfurt-Nord Astrid Moukaddam. Mit der Villa Stadtgespräch seien Gespräche wegen der Bereitstellung von Möbeln geführt worden. Doch der Landkreis möchte auf derartige Spenden so lange verzichten bis die Asylbewerber das Aufenthaltsrecht bekommen, sagte Zok. Darüber hinaus gebe es auch lobenswerte private Initiativen von Bürgern.

"Allen Migranten in Staßfurt werden Beratungen vom Internationale Bund (IB) angeboten", sagte Sandra Luckau, die zehn Stunden pro Woche in der Salzstadt anzutreffen ist. Damit komme man äußerst knapp über die Runden. "Ohne die Hilfe der Anwohner wäre das nicht zu bewältigen gewesen", schätzte sie ein.

In Staßfurt seien derzeit 100 Personen aus den unterschiedlichsten Ländern in 29 Wohnungen, davon zwanzig in Staßfurt-Nord und neun Am Tierpark untergebracht, sagte Zok. Das zweifelten die Mieter an.

Mieter fordern mehr Informationen

Die Konzentration von Flüchtlingen auf wenige Plattenbau-Blöcke und -eingänge im ehemaligen Leninring sowie die fehlenden Informationen stießen gleich bei mehreren Bewohnern auf Kritik.

Dadurch sei die Wohnqualität sehr stark gesunken, sagte eine Frau, die sich darüber beklagte, dass sie nun auch noch mehr Miete an die Wohnungs- und Baugesellschaft (Wobau) bezahlen soll. Als sie in der Geschäftsstelle angerufen habe, soll man ihr gesagt haben, wenn ihr das nicht passe, könne sie ja ausziehen. Sie seien nicht ausländerfeindlich, man dürfe die Integrationsbereitschaft aber nicht überfordern und die Mieter damit allein lassen, beklagten zwei Frauen.

Der Oberbürgermeister musste sich zudem anhören, dass er und die Stadt viel zu spät reagiert hätten. "Wir haben diesen Menschen schon geholfen, da wussten sie noch gar nicht, dass sie da sind", sagte ein Rentner. Probleme gebe es auch dadurch, dass die Wobau keine Keller vermiete, so dass die Kinderwagen und Fahrräder im Flur abgestellt werden müssen, beklagte eine Mieterin.

Wobau-Geschäftsführer Dieter Naumann sagte dazu lediglich: "Ich kann die Weltpolitik nicht ändern." Die Frage der Mieter, wie viel Wohnungen er dem Landkreis zur Flüchtlingsunterbringung noch zur Verfügung stellen werde, ließ er unbeantwortet.

"Es ist schlimm, wenn sie solche Probleme haben. Wir erreichen aber nichts, wenn wir uns mit Vorwürfen konfrontieren", sagte Stadträtin Angelika Flügel (Linke).

Auf Empfehlung des Oberbürgermeisters verständigte man sich darauf, dass der Wobau-Chef die aufgeworfenen Probleme mit den betroffenen Mietern am 11. Dezember um 17 Uhr in einer separaten Beratung im Frauentrauf "Laura" in Nord bespricht.

Initiativen aus der Bevölkerung heraus

Ex-Stadtratschef Walter Blauwitz (Linke) stellte fest, dass das Thema Flüchtlinge zu keiner Zeit Gegenstand im Stadtrat gewesen sei. "Wir haben darüber nicht diskutieren können, weil wir das nicht wussten." Die Wobau habe die Möglichkeit, die Flüchtlinge anderes unterzubringen und nicht nur an einer Stelle. Sie müssten aber entsprechend betreut werden mit Geduld und Verständnis, sagte Blauwitz. "Manchmal tut es uns ganz gut, wenn wir auch von anderen lernen können", sagte Blauwitz und regte an, die Gymnasiasten mit einzubeziehen und eine Selbstorganisation der Ausländer ins Leben zu rufen, um dann wenige Ansprechpartner zu haben. Das macht die Arbeit einfacher. Zudem erklärte sich Blauwitz, der zu DDR-Zeiten jahrelang im Ausland tätig war, bereit, in der zu gründenden Flüchtlings-Arbeitsgruppe der Stadt mitzuarbeiten. Dem schloss sich SPD-Stadtchef Michael Hauschild an. Er engagiert sich im Mansfelder Land in einem Verein, der sich auf ehrenamtlicher Basis um rund 700 Asylbewerber kümmert. Seine Mitarbeit bot auch Pfarrer Thomas Weigel von der evangelischen Kirchengemeinde am Königsplatz an. "Die Arbeitsgruppe hat einen ganz schönen Katalog abzuarbeiten. Wir haben genug Probleme gehört, sowohl der Flüchtlinge als auch der überbelasteten Mieter", sagte er.

Der Fraktionschef der UWG Salzland/AfD, Hartmut Wiest, nutzte das Treffen dagegen erst einmal zur Kritik am Oberbürgermeister für die schlechte Vorbereitung. Er habe gedacht, dass zunächst nur die Fraktionschefs aus dem Stadtrat zusammenkommen und den weiteren Kurs beraten sollen. Dass man gleich alle an den Tisch holt, sei aus der Einladung nicht hervorgegangen. "Ich komme mir wie ein Dummer vor. So kann man mit Stadträten nicht umgehen", so Wiest. Er hält es für sinnvoll für Kontigentflüchtlinge Lehrer aus deren Herkunftsland zu bekommen, um die Kinder in ihrer Landessprache nach dem syrischen Lehrplan unterrichten zu können.

Eine Frau regte einen Spendenaufruf an, um Spielsachen für die Kinder beschaffen zu können. In die Sammlung sollte man auch Winterbekleidung einbeziehen, fügte Zok hinzu.

Sein Fazit: "Bei dieser emotional geführten Debatte sind fünf Bereitschaftsbekundungen untersetzt worden, die jetzt mit dem Landkreis besprochen werden. Es gab viele Anregungen und Vorschläge, die wir versuchen werden umzusetzen."