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Wursthändler Sperling "Große Klappe" schließt letztes Mal

Er gehörte seit 24 Jahren zum Bild des Staßfurter Wochenmarkts, bei Wind und Wetter, erlebte Höhen und Tiefen. Lehnte sich zuletzt auch gegen die "Klappengebühr" auf (Volksstimme berichtete). Heute schließt Erhard Sperling die "große Klappe" das letzte Mal.

Von Falk Rockmann 20.12.2014, 02:09

Staßfurt l "Es reicht." Nach 24 Jahren als Händler auf dem Markt hat Erhard Sperling genug vom Verkaufen bei Wind und Wetter. Er ist zwar noch nicht ganz 65 und hätte wohl auch noch bis zum "richtigen" Rentenalter durchgehalten - zumal ihm der Umgang mit seinen Kunden immer Spaß gemacht hat. "Aber es rechnet sich für mich auch nicht mehr", schätzt er die Entwicklung der vergangenen Jahre ein. "Überall werden die Standgebühren erhöht, aber die Menschen werden doch nicht mehr."

Deshalb schließt er die "große Klappe" seines Wagens heute zum letzten Mal, wenn der Vogelmarkt in Neugattersleben vorbei ist. "Ich denke, dass ich ihn nicht nochmal selbst ausräumen muss, sondern vorher leer gekauft bekomme", lacht Sperling verschmitzt.

Natürlich weiß der 64-Jährige nicht, wie viele Tonnen Wurst er in seinem Arbeitsleben als selbständiger Markthändler an den Mann/die Frau gebracht hat. Erlebt hat er jedenfalls einiges in dem knappen Vierteljahrhundert. Das begann auf dem Wochenmarkt in Staßfurt. "Mein Cousin, ein Metzger aus Bremen, hat mich ,auf den Trichter gebracht`, der mich - gerade arbeitslos geworden - vor Trübsal und Depressionen bewahren wollte", erzählt Erhard. Er war als Maschinenbau-Ingenieur (im CAS gelernt) für das Bernburger Zementwerk jahrelang auf Achse gewesen. Das wollte er dann aber auch nicht mehr. "Die Kinder, Haus und Hof. Verstehst du?" Ein bisschen Montage ist es ja dann doch geblieben. Aber eben nicht so weit von der Heimat entfernt und mit der Gewissheit, abends zu Hause zu sein.

Am neuen Job fand er Gefallen, auch wenn es nicht sein Traumberuf gewesen sei. "Was haben wir für Holsteiner Katenschinken und luftgetrocknete Mettwurst verkauft", schwärmt Erhard Sperling, "Die gingen zentnerweise übern Campingtisch, womit ich begann." Sein Cousin konnte es gar nicht glauben, dass dessen voll gepackter Passat-Kombi schon nach einem Tag leer geräumt war. "Er hatte mit drei Tagen gerechnet", erinnert sich der Neugattersleber.

Es gab auch andere Zeiten. Die Belieferer wechselten. Mal verkaufte er Wurst aus Köthen, mal aus Bernburg. ",Vianda` hat mich mal von heute auf morgen nicht mehr beliefert. Der Staßfurter Betrieb hatte quasi über Nacht dicht gemacht." Auch das gab`s. Nie habe er aber behauptet, er würde die Wurst selbst in die Därme stopfen. Die meiste Zeit verkaufte Erhard Sperling Wurst aus Sudenburg.

Das ist nun vorbei. Ab morgen ist er als Opa gefordert, und in Haus und Hof. Seine treuen Kunden werden ihm dennoch irgendwie fehlen, meint Erhard und verdrückt eine Träne.