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Zu tief in Tasche gegriffen

Von Daniel Wrüske 26.08.2015, 18:06

Im Amesdorf und Warmsdorf haben Bürger zu viele Steuern bezahlt. Bei Widersprüchen bekommen sie ihr Geld zurückgezahlt. Sind sie nicht dagegen vorgegangen, ist es weg. Der Verwaltung verweist auf Fristen. Die Fraktion Die Linke im Güstener Stadtrat will das jetzt rechtlich prüfen lassen.

Güsten/Amesdorf/Warmsdorf l Es geht um rund 30 000 Euro. Und um einen Amtsschimmel, der wieder einmal kräftig bürokratisch wiehert. Auf Kosten von einigen Warmsdorfern und Amesdorfern. Sie haben in den vergangenen Jahren zum Teil zu viel an Steuern bezahlt. Wer einen Widerspruch eingelegt hat, der bekam sein Geld zurück. Wer das versäumte, hat der Kommune wohl oder übel etwas geschenkt.

Die Verbandsgemeinde und die Stadt stehen bei allem selbst ein bisschen zwischen Baum und Borke. Sollten sie doch, um im Jahr 2012 Geld für den eigenen Haushalt als Liquiditätshilfe aus dem Land zu bekommen, perspektivisch und in der Zukunft alle Einnahmemöglichkeiten ausschöpfen und auch Steuern anheben. Das Finanzministerium Sachsen-Anhalt fordert ein solches Vorgehen - Landesmittel gibt es nur, wenn die Kommunen auch ihre Hausaufgaben und ihre Forderungen gegenüber den Bürgern umfassend geltend machen.

Das allerdings widerspricht den Eingemeindungsverträgen von Amesdorf und Warmsdorf nach Güsten. Hier ist festgelegt, dass für die Orte alles bis Ende 2014 so bleibt, die Bürger auch nicht mehr Steuern zahlen müssen. Aus dem Ministerium Magdeburg kam aber die Ansage, auch diese Vertragsfestsetzungen zu umschiffen und von allen die einnahmen gleichermaßen zu fordern. Selbst nach einem Hinweis von Bürgermeister Helmut Zander, der auch den Kontrakt mit den eingemeindeten Orte pochte.

Die Stadt Güsten veränderte also 2013 ihre Steuersätze, forderte mehr von ihren Bürgern - in der Kernstadt und in den Ortsteilen Warmsdorf und Amesdorf. Und verstieß damit gegen ihren eigenen Eingemeindungsvertrag. Alles wurde in entsprechende Satzungen gebracht und veröffentlich. Damit waren die Bescheide für die steuern rechtskräftig.

Gegen die vorgenommenen Erhöhuingen legten einige Amesdorfer und Warmsdorfer allerdings Widerspruch ein und klagten beim Landesverwaltungsgericht. Die Justiz vertrat in ihrem Urteil eine ganz andere Auffassung, als das Finanzministerium und kippte die Beschlüsse zu Steuererhöhungen. Die nächst höhere Instanz - das Oberlandesverwaltungsgericht - bestätigte das.

Für Güsten bedeutete das: Die erhöhten Steuersätze sind falsch. Die Kommune hat sich zu viel Geld von den Leuten geholt.

Der Stadtrat hat sich von Anfang an dazu positioniert, dass alle gleichbehandelt werden sollen."

Die Bürger, die Widerspruch eingelegt hatten bekamen ihr Geld zurück. Und die anderen? Güstens Bürgermeister Helmut Zander: "Der Stadtrat hat sich von Anfang an dazu positioniert, dass alle gleichbehandelt werden sollen." Die Politik entschied nach Absprache mit der Kämmerei, das zu viel gezahlte Geld auszuzahlen. Ein Beschluss sollte getroffen werden. Doch die Kommunalaufsicht im Landkreis ging dagegen an: Rechtens sei nur die Auszahlung an die Bürger, die Widerspruch eingelegt hätten.

Im Güstener Stadtrat überlegte man sich, so Helmut Zander, " wie man den Kopf aus der Schlinge" bekommen könnte, hatte man doch den Bürgern versprochen, alles zu regeln.

Die Idee: Man wollte einfach dem Bescheid der Kommunalaufsicht im entsprechenden Beschluss nicht zustimmen, um so noch mehr Zeit zu gewinnen. Doch hier meldete sich die Fraktion Die Linke im Stadtrat. Sie sah das Thema nicht ausreichend vorberaten. Der Beschluss kam von der Tagesordnung und sollte in die Ausschüsse zur Neubehnaldung zurück.

Doch dafür war es zu spät. Denn weil es eine rechtsgültige Satzung zum Haushalt gibt, in dem auch Hebesätze festgelegt waren, sind selbst die Bescheide für die falschen Steuern rechtskräftig. Es sei denn man hat diesen Bescheiden widersprochen. Das sagt das Verwaltungsverfahrensgesetz. Geheilt werden kann diese Situation nur, wenn man innerhalb eines Jahres diese Bescheide korrigiert. Das wäre bis Juni 2015 möglich gewesen. Deshalb der Beschluss, den aber Die Linke gekippt hat.

Auch eine Satzungsänderung über einen Nachtragshaushalt nachträglich zu erwirken, ist nicht mehr möglich, denn dass hätte im entsprechenden Haushaltsjahr 2013 passieren müssen.

Es sind alle Messen gesungen für die, die keinen Widerspruch eingelegt haben. Sie bekommen ihr Geld nicht mehr zurück. Allein das will die Fraktion Die Linke im Stadtrat nicht hinnehmen. Vorsitzender ernst-Hermann Brink: "Sicherlich gibt es auf der einen Seite das Verwaltungsrecht. Aber den Bürgern darf nicht das Gefühl vermittelt werden, dass der Staat alles tun und lassen kann."

Die Fraktion, so Ernst-Hermann Brink, wolle nun über einen Juristen prüfen, ob man über ein Gerichtsverfahren noch etwas ändern könne und die Leute doch noch an ihr Geld kommen. "Je nachdem, wie die Erfolgschancen dafür stehen, werden wir dann klagen", sagt der Fraktionschef.