Das Goldene Buch der Hansestadt Stendal beherbergt viele prominente Unterschriften In ist, wer drin ist

28.07.2014, 01:32

Angefangen wurde ganz schlicht, mit der Eintragung Hermann Koehls. Ein kurzer Personenhinweis, eine Unterschrift, das war`s. Seitdem hat sich im Goldenen Buch der Stadt Stendal viel getan. Volksstimme-Redakteurin Tanja Andrys hat darin geblättert.

Die erste Unterschrift gehört einem Helden der Luftfahrt

"Hermann Koehl, der als erster Flieger im Jahre 1929 mit zwei Begleiterinnen in einem deutschen Flugzeuge ohne Zwischenlandung den Atlantischen Ozean zum Osten nach Westen überquerte." Dieser Text ziert die erste Seite des Goldenen Buches der Stadt Stendal. Die Seite ist sehr schlicht. Es gibt keine Bilder, keine Zeichnungen, nichts. Nur den Text zur Person Koehls und darunter dessen Unterschrift. Ob Hermann Koehl, Hauptmann a. D. der erste Prominente war, der der Hansestadt einen Besuch abstattete, weiß man nicht. "Aber zumindest war er der erste, der sich verewigen durfte", sagt Sandra Slusarek, Pressesprecherin der Stadt Stendal.

Das Goldene Buch wird bunter, dann wieder schlichter

Seit 1930 hat es bisher knapp 180 weitere Einträge mit noch mehr Unterschriften im Goldenen Buch gegeben. Helden wie Hermann Koehl, Weltgereiste, Politiker und vor allem Sportler haben die knapp 187 Seiten des Buches gefüllt. Einige Seiten sind so schlicht wie die von Hermann Koehls. Doch gerade in den 1970er und 1980er Jahren wird regelrecht Kunst im Buch betrieben. Mit mehrfarbigen, kunstvoll gestalteten Seiten entwickelt sich das Buch zu DDR-Zeiten zu einem regelrechten Augenöffner. Vor allem nationale und internationale Sportgrößen haben sich verewigt. Ab den 1990er Jahren werden die Seiten wieder schlichter und einfarbiger. Die einleitenden Texte werden knapper - aber immer noch mit der gleichen Sorgfalt vorbereitet, wie schon in den 1970ern.

Vor neuen Eintragungen muss das Buch vorbereitet werden

Einer, der dafür zuständig ist, ist Tilo Stolzenhain. Er ist Mitarbeiter im Stadtarchiv und kümmert sich unter anderem um die Archivierung der aktuellen Tageszeitungen. Aber dann und wann bekommt er von der Stadtverwaltung den Auftrag, das Goldene Buch für den nächsten Ehrengast vorzubereiten. "Die Buchseiten sind sehr dünn und erinnern ein wenig an Löschpapier", erklärt er. Darauf mit einem Füller zu schreiben, würde hässliche Schliefen hinterlassen, da das Papier die Tinte nicht aufnehme. Deshalb werden die Seiten vorher mit einem Spezialleim überzogen, "damit die Oberfläche glatter und fester wird."

Stolzenhain holt seine alte Schreibfeder, die er noch aus Studienzeiten hat, hervor und zieht auf einem Blatt Papier langsam die ersten Linien. "Zum Üben", sagt er. "Ich übe das, was ich schreiben soll, so lange, bis ich es auswendig kann, dadurch geht es später beim Schreiben schneller. Dann zeichne ich im Goldenen Buch alles dünn mit Bleistift vor. Und dann kommt die Endfassung. Das ist sehr zeitaufwendig und erfordert viel Ruhe. Ich kann mir ja keinen Fehler erlauben", erzählt er.

Die Aufträge kommen meist von der Stadtverwaltung

Manchmal darf Tilo Stolzenhain seiner Fantasie freien Lauf lassen, meistens bekommt er vor jeder neuen Eintragung einen Auftrag von der Stadtverwaltung, in welcher Art und Weise die Seite im Goldenen Buch für die nächste Eintragung vorbereitet werden soll. Ihm macht beides nichts aus. So oder so braucht er knapp einen Tag, um eine Seite im Goldenen Buch auf die neue Eintragung vorzubereiten.

Das Goldene Buch muss gehegt und gepflegt werden

Aber nicht nur die Seiten, auch der Bucheinband muss regelmäßig bearbeitet werden, damit es ordentlich aussieht und lange erhalten bleibt. "Der Ledereinband muss gepflegt werden, und es muss natürlich auch sorgsam behandelt werden", sagt Sandra Slusarek weiter. Deshalb wird das Buch in einer Schutzhülle im Stendaler Rathaus aufbewahrt. Angefasst werden darf es nur mit Spezialhandschuhen, um Fingerabdrücke und Schmutzflecken zu vermeiden. "Für das Buchleder benutzen wir ein spezielles Lederpflegemittel", erzählt Tilo Stolzenhain.

Erinnerungen an prominente Gäste, die man einfach nicht vergisst

Viele Erinnerungen an die prominenten Gäste hat Tilo Stolzenhain nicht. "Das ist nicht schlimm, ich bin eher ein Mann, der lieber im Hintergrund steht", sagt er. Aber manchmal ist er doch dabei, wenn die Promis sich verewigen. "Als Angela Merkel da war, hat sie ihre Unterschrift mit meinem Stift gemacht", sagt er und freut sich heute noch. Und kann er sich noch an seinen ersten Eintrag erinnern? "Ja, das weiß ich noch genau, das war am 19. Juni 1982, da hat sich Otto Häuser (bekannt als Ottokar Domma, Anm. d. Red.) eingetragen. Aber ich habe ihn nicht kennen gelernt."

Irgendwann geht alles zu Ende, auch das Goldene Buch

Noch sieben Seiten, dann wird die Stadt ein neues Goldenes Buch benötigen. Sandra Slusarek trifft dafür schon erste Vorbereitungen. "Es ist ja auch alles ein Verwaltungsakt, das braucht ein bisschen Zeit." Auch Tilo Stolzenhain redet beim neuen Goldenen Buch mit: "Das muss gleich eins sein, wo das Papier so geschaffen ist, dass man das nicht erst stundenlang präparieren muss."