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Ratsmitglieder fühlen sich übergangen / "Entkommunalisierung" als Sparvorschlag Neues Schloss kontra Kulturhaus?

Von Birgit Schulze 06.03.2015, 02:20

Als Alleingang empfanden mehrere Stadtratsmitglieder die Ankündigung des Tangerhütter Bürgermeisters, Musical-Stars ins Neue Schloss zu holen. Für diesen öffentlichen Vorstoß in Zusammenhang mit einem Bürger-Café, ohne den Rat informiert zu haben, hagelte es Kritik. "Kulturhaus oder Schloss" wird es wohl auch bei der Haushaltsdebatte heißen.

Tangerhütte l Die Idee, im Neuen Schloss Kultur und Tourismus zu beleben, steht für viele Stadtratsmitglieder in direkter Konkurrenz zu dem, was sie noch in der Ratssitzung vor zwei Wochen deutlich gemacht hatten - dass sie das Kulturhaus in Tangerhütte erhalten wollen. Auf den Grundsatzbeschluss zum Erhalt verwies Marcus Graubner (CDU) noch einmal. "Auch für das Schloss brauchen wir ein Konzept", erklärte er und sprach von notwendigen Sanierungen.

Er wollte unter anderem vom Bürgermeister wissen, wie das Ganze trotz noch nicht beschlossenen Haushaltsplanes finanziert werden soll. Andreas Brohm hielt dagegen, dass kein kommunales Geld fließen werde. "Die Leute wollen etwas tun und man soll das Eisen schmieden, solange es heiß ist", sagte er zum bürgerschaftlichen Engagement der Vereine für das Schloss-Café.

Darüber, dass bisher weder Rat noch Ausschüsse von der Idee eines Bürger-Cafés oder von Musical-Stars im Neuen Schloss wussten, gab es vor allem aus Reihen der CDU Kritik. So sprach Ina Altenberger (CDU) davon, dass sie von Bürgern angesprochen worden sei, aber nichts dazu sagen konnte. Sie befürchtet durch das Bürger-Café Nachteile für Gewerbetreibende und störte sich daran, dass als Ansprechpartner des Bürger-Cafés Brohms Mutter benannt wurde. Diese sei aber seit Jahren in mehreren Vereinen aktiv und habe schon oft Kuchen gebacken, hielt der Bürgermeister dagegen.

Auch Stadtratsvorsitzender Gerhard Borstell (SPD) sprach sich während der Diskussion dafür aus, dass die Ratsmitglieder frühzeitig über neue Projekte informiert werden wollen, und bat in dem Zusammenhang um die Beachtung der Kommunalverfassung, nach der der Bürgermeister verpflichtet sei, in wichtigen Angelegenheiten den Rat zu informieren. Ratsmitglieder wie Rita Platte (Altmark-Elbe) sprachen am Rande der Diskussion von "Alleingängen" des Bürgermeisters.

Der Verdacht, dass die Bemühungen im Schloss gegen das Kulturhaus eingesetzt werden und dass der Bürgermeister nicht hinter dem Kulturhaus stehe, drängte sich Werner Jacob (CDU) auf: "Von Anfang an war klar: Das Kulturhaus muss weg", warf er dem Bürgermeister vor und zitierte diesen mit der Aussage, das Kulturhaus könne "nicht seriös bespielt werden". Kaffee und Kuchen regelmäßig im Schloss anzubieten, finde er eine gute Idee, sagte er, aber auch: "Musical-Stars gehören ins Kulturhaus!" Gleichzeitig erklärte er: "Ich würde gern über solche Ideen diskutieren, aber nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden."

Kulturhaus abstoßen zugunsten des Haushalts

Bernd Liebisch (CDU) ärgerte sich auch über die Aussage Brohms: "Als Kommune und Eigentümer der Fabrikanten-Villa wollen wir nun alles dafür tun, das Schloss in Zukunft vielfältig nutzen zu können." Er sprach davon, dass kein Beschluss des Rates vorliege, "von wem haben Sie das Mandat ,auch für uns zu sprechen?", wollte er wissen. Brohm hingegen sehe sich als Vertreter der Kommune und spreche damit auch für diese, erklärte er.

Heute sollen die Tangerhütter Stadtratsmitglieder den ersten Entwurf für einen Haushaltsplan 2015 "als Diskussionsgrundlage" zugestellt bekommen, über den Brohm am Mittwoch aus Zeitgründen nicht mehr informierte. Darin enthalten ist unter anderem ein Vorschlag, zur "Entkommunalisierung" des Kulturhauses ohne die Kultur abzuschaffen, wie es Andreas Brohm nennt.

Zu gut Deutsch: Das Kulturhaus beziehungsweise das Grundstück soll veräußert werden, wenn der Rat dem Entwurf zustimmt. Brohm zufolge sollen so notwendige Einsparungen für einen ausgeglichenen Ertragshaushalt umgesetzt werden, um eine Konsolidierung mit weiteren Einschnitten zu vermeiden. Mehr dazu lesen Sie morgen.