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Störche in Tangermünde Wenn an zwei Nestern gebaut wird

Mit dem Frühling kommen nicht nur die Störche zurück an die Elbe. Auch
die Bauarbeiten werden an vielen Orten wieder aufgenommen. In der
Mauerstraße von Tangermünde liegt beides dicht nebeneinander und lässt
Kritik laut werden.

Von Anke Hoffmeister 24.04.2015, 03:26

Tangermünde l "Vor etwa einer Woche ist das Storchenpaar erst angekommen. Und die Bauarbeiten nebenan machen so viel Lärm, wie ich es auf meiner Baustelle nie geschafft habe", ärgert sich Gerhard Klipp über das Verhalten der Akteure auf der Baustelle direkt neben dem Schrotturm.

Das Storchennest, erst vor wenigen Jahren von der Mauerkrone der Stadtmauer auf ein extra dafür aufgestelltes Gestell gehoben, liegt etwa 30 Meter Luftlinie entfernt. "Als ich damals bei mir gebaut habe, wurde viel schärfer gehandelt", sagt der Anwohner der Lindenstraße, dessen Grundstück direkt an der Stadtmauer endet, der Storch also seit seiner Platzwahl an diesem Ort direkt auf sein Grundstück schauen kann.

Wie Angela Vogel, Sprecherin des Landkreises, auf Nachfrage mitteilte, "musste die untere Naturschutzbehörde (UNB) im Verfahren nicht beteiligt werden. Die UNB ist nur im Außenbereich zwingend zu beteiligen, im Innenbereich grundsätzlich nicht, sondern nur in besonderen Fällen." Ein solch besonderer Fall sei die Baumaßnahme von Gerhard Klipp gewesen, teilte sie weiter mit, "weil dessen Baumaßnahme direkt unter dem Nest ausgeführt wurde". Die Naturschutzbehörde hätte damals eine Bauzeitenbeschränkung verlangt, die Baumaßnahme musste abgeschlossen sein, wenn der Storch sein Nest bezieht.

In dem aktuellen Fall prüfe die UNB derzeit, ob in den Bauablauf einschränkend eingegriffen werden müsse. Planerin Sybille Wilke sagte, dass vor etwa drei oder vier Wochen Gerd Flechner vom Umweltamt des Landkreises vor Ort gewesen sei. Hinweise oder Forderungen vom Landkreis bezüglich des Storches habe es jedoch nicht gegeben.

Für Sybille Wilke stelle die Nachbarschaft zum Storch kein Problem dar. "Als wir damals das Rathaus von außen saniert haben, war es auch komplett eingerüstet und der Storch saß oben. Das hat ihn nicht gestört." Und sie verwies auf Plätze von Störchen in südlichen Ländern. "Dort haben sie ihren Platz manchmal mitten in der Stadt an einer belebten Kreuzung und sitzen dort ebenso ruhig wie das Paar jetzt auf der Mauer."

Während Gerhard Klipp kein Verständnis dafür hat, dass trotz des Storches gebaut werden darf, ärgern sich die Eigentümer der Häuser, die vis-à-vis der Baustelle liegen, über den Schmutz. "Warum wird keine Plane vor die Rüstung gehängt?", fragte Torsten Röhl für seine und benachbarte Familien. Die Planerin war darauf bisher nicht angesprochen worden, hat aber dennoch eine Antwort auf die über Umwege gestellt Frage: "So etwas ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Deshalb gibt es keine Plane am Gerüst. Außerdem ist es eine Kostenfrage."

Nachdem die beiden Fachwerkhäuser mehrere Jahrzehnte leer standen, hat ein Berliner Ehepaar sich dieses Teils der Stadtgeschichte angenommen und das mittlerweile fünfte Fachwerkhaus in der Kaiser- und Hansestadt gekauft, was seit Januar saniert und nach seiner Fertigstellung mit Tangermünde-Besuchern auf Zeit belebt werden soll.