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Schicksal von Grenztoten dokumentiert Tödliche Grenze in Sorge gefilmt

Ein Filmteam spürt mit Unterstützung von Einheimischen im Oberharzort Sorge der Geschichte an der deutsch-deutschen Grenze nach. Wo sich heute Touristen tummeln, war es vor 1989 gefährlich. Sechs "Grenzverletzer" wurden getötet. Drei dieser Schicksale sind Thema einer Dokumentation.

Von Burkhard Falkner 27.09.2014, 03:09

Sorge l Besucher der Grenzlandschaft im idyllisch gelegenen Oberharzort Sorge mögen sich gewundert haben: "Wieso ist denn das Freiland-Grenzmuseum im früheren DDR-Sperrgebiet schon wieder gesperrt?" Und wenn sie dann vielleicht noch DDR-Grenzsoldaten in Uniform und bewaffnet erblickten, konnten zumindest DDR-Bürger nur denken, sie seien im falschen Film. Aber es ist ein richtiger.

Ein Drehteam um Autor Thomas Gaevert aus Hasselfelde mit Co-Autor und Regisseur Volker Schmidt-Sondermann aus Dresden hat das Freigelände im Grenzmuseum für drei Tage belegt und zu Filmaufnahmen für eine Dokumentation genutzt. Sie gehen im Auftrage des TV-Senders ZDF mit einer Filmfirma aus Wiesbaden den Schicksalen von drei der sechs Todesopfer an dem nur 13 Kilometer langen früheren Grenzabschnitt Sorge nach.

Da ist zunächst Helmut Kleiner, in den Archiven auch Kleinert genannt. Er wird 1963 beim Versuch, die Sperren zu überwinden, erschossen. Er soll noch versucht haben, wegzurobben, während seine mit ihm flüchtende Frau gefasst wird. Sie überlebt. Nicht so der Soldat der Sowjetarmee aus dem damaligen Standort Quarmbeck bei Quedlinburg, der 1984 getötet wird. Und dann ist da noch ein Jugendlicher. Heiko Runge (15) stirbt am 8. Dezember 1979 ebenfalls durch Schüsse. Arbeitstitel des Films: "Tödliche Grenze".

Vor allem das Schicksal des jüngsten Opfers Heiko Runge stehe im Zentrum des Films, sagt Autor Gaevert. Es zeige, dass die DDR-Führung sogar auf ihre eigenen Kinder schießen ließ. Und es dokumentiere die Befindlichkeiten in der damaligen Grenzkompanie Sorge.

Gaevert sieht seine dokumentarische Arbeit als wichtige weitere Aufarbeitung der jüngsten deutsch-deutschen Geschichte. Geboren und aufgewachsen im Harz, ist der heute 49-Jährige immer wieder mit Geschichten von der Grenze im Harz in Berührung gekommen. Vor 1989 vom Hörensagen, danach dann mit Fakten. Das Schicksal von Heiko Runge hat der freie Autor und Journalist bereits vor zwei Jahren gemeinsam mit Söhnke Streckel (Wernigerode) in einem Feature fürs Radio bearbeitet. Nun ist es das Hauptthema in dem neuen Dokumentarfilm. Dabei bekommen Gaevert und Schmidt-Sondermann viel Unterstützung aus der Region.

So von Sorges Ortsbürgermeisterin Inge Winkel (parteilos), zugleich Chefin des Vereins für das Grenzmuseum. Sie steht dem Team mit Rat und Tat zur Seite, spielt sogar selbst mit - als Mutter eines der Opfer. "Das geht einem schon sehr nahe", so die Oberharzerin.

Für authentisches Flair jener Zeit sorgen Benneckensteiner Technikfreunde um Frank Goldhammer, im normalen Leben Autofachmann. Sie lassen das Leben in einer Grenzkaserne für kurze Zeit ebenso "echt" im Film wiedererstehen wie das Wachregime und die Schüsse am Grenzzaun. Dabei kommt ihnen zupass, dass im Freiland-Grenzmuseum Sorge ein Stück jener einst tödlichen Grenze erhalten wird.

Die Aufnahmen sind inzwischen "im Kasten", werden in der "Post-Production" nachgearbeitet, so Gaevert. Im Dezember soll der Film fertig sein. "Es wird eine Premiere in Sorge geben", kündigt der Autor an. Das ZDF will die Dokumentation voraussichtlich im Sommer 2015 im TV zeigen.

Der Schauplatz des Geschehens, der idyllisch wirkende Wald mit Stacheldraht, Beobachtungsturm, Hundelaufanlage und dem "Ring der Erinnerung" ist inzwischen wieder für Besucher freigegeben.