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Volksstimme-Serie über die Direktkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien / Heute Andreas Steppuhn ( SPD ) "Ich brauche bei sozialen Themen keine Nachhilfe"

Von Tom Koch 21.09.2009, 05:02

Am 27. September sind Bundestagswahlen. Die Hälfte der Abgeordneten wird direkt in den 299 Wahlkreisen gewählt. Der Harzkreis und Teile des Salzlandkreises bilden den Bundestagswahlkreis 69. Die Volksstimme stellt die Direktkandidaten der im Berliner Parlament vertretenen Parteien vor, heute : Andreas Steppuhn ( SPD ).

Wernigerode. Andreas Steppuhn will nicht falsch verstanden werden. Obwohl es die rot-grüne Schröder-Regierung war, die Hartz IV eingeführt hat, ist er heute dagegen. Der Sozialdemokrat mag jedoch nicht als Opportunist abgetan werden, er begründet sein Nein. Ein früherer Sozialhilfeempfänger und ein älterer Arbeitnehmer mit 30 Berufsjahren, dessen Firma Pleite mache, stehen plötzlich auf demselben Niveau : " Da muss dringend nachjustiert werden, das kann so nicht bleiben. "

Steppuhn fordert solche Änderungen seit Jahren, der Gewerkschafter weiß, dass er mit dieser Position auch in seiner SPD um Mehrheiten kämpfen muss. Dass es im Herbst gelungen sei, die Arbeitslosengeld-Zahlungen für Ältere zu verlängern, nennt der 47-J ährige einen Erfolg. Mehr sei mit der CDU in Berlin nicht erreichbar gewesen, muss er nach vier Jahren im Parlament einschätzen. Warum dann nicht mit der Linken mehr soziale Gerechtigkeit durchsetzen ? Es genüge eben nicht, irgendwie eine rotrote Bundestagsmehrheit zusammen zu zimmern, deren Gesetze spätestens vom unions-dominierten Bundesrat gestoppt würden, schätzte der Abgeordnete ein.

Im Wahlkampf spüre er, von seiner Partei werde mehr als von anderen verlangt, sie müsse sich für die Sozialschwachen einsetzen. Andreas Steppuhn schätzt jedoch ein, er spüre, genau das traue man seiner Partei auch zu. Als Gewerkschafter habe er gerade erreicht, dass im Maler- und Lackiererhandwerk in Ost und West identische Mindestlöhne festgelegt werden konnten, insofern erklärt Steppuhn selbstbewusst und vor allem an die Adresse der Linken, er müsse sich bei diesem Thema wahrlich nicht vorwerfen lassen, nicht gehandelt zu haben.

Seinen Wahlkampf will der Sozialdemokrat nutzen, die Gruppe der Nichtwähler zu mobilisieren, sich ihrer demokratischen Mitwirkungschance nicht freiwillig zu berauben. Dass sich allerdings seine Partei selbst der Alternative beraube, jenseits des konservativen Lagers aus CDU und FDP politische Mehrheiten zu suchen, findet auch seine Zustimmung. Noch, sei es auf Bundesebene für rot-rote Bündnisse zu früh : wegen der Person Oskar Lafontaines und entscheidender Differenzen bei wichtigen Politikthemen. Wer wisse jedoch, wie sich die Linke in vier Jahren gebe, wenn sie durch mehr Regierungsverantwortung in den Ländern zu mehr Realismus gezwungen sein werde ?, fragt der SPD-Politiker. Deutlich wird Steppuhn indes bei seiner Ablehnung von Guido Westerwelle, weil dieser FDP-Vorsitzende schon mal die Arbeitsagenturen abschaffen wollte, auch weil dieser Liberale stets die Freiheiten des Marktes beschwöre : " Es waren genau diese Freiheiten, denen die Welt und damit auch Deutschland in die schwerste Finanz- und Wirtschaftskrise seit Bestehen des Bundesrepublik zu verdanken hat. "

Schwächer fällt die Kritik des Sozialdemokraten am Berliner Koalitionspartner aus. Dem Bundestagsmitglied ist jedoch der Hinweis an seine CDU-Bewerberin wichtig, dass persönliche politische Überzeugungen wichtig und richtig seien, diese jedoch nicht unabhängig von Programmen der eigenen Partei sein könnten. Auch er habe die Erfahrung sammeln müssen, im Interesse seiner Fraktion und der Regierungsverantwortung seine eigene Haltung in Einzelfällen zu überdenken.

Keine Abstriche will Steppuhn bei ihm wichtigen Themen wie dem beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergie zu lassen. Der Blick in den Nachbarkreis Wolfenbüttel und die Probleme des Atommülls in der " Asse " zeigten, welche Gefahren lauerten. Und der Blick ins nahe Dardesheim und seinen Windpark mache zugleich deutlich, welche Chancen regenerative Energien böten. Kostenlose Bildung für alle, vom Kindergarten bis zum Studium, auch das ist ein Politikfeld, für das der SPD-Mann in Berlin weiter streiten wolle. Bildungschancen dürften nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen, begründet er. Dass der Bund Gelder des Konjunkturpaketes auch für die Sanierung von Kindertagesstätten und Schulen zur Verfügung gestellt habe, zeige wie wichtig dieses Thema sei. Als Erfolg bezeichnet er, dass auf Initiative der SPD beschlossen wurde, jeder arbeitslose Jugendliche habe einen Rechtsanspruch auf einen Hauptschulabschluss.

Harz und Tourismus, dass ist auch für Andreas Steppuhn ein wichtiges Politikfeld. Dennoch erklärt er Hoffnungen eine Absage, die Mehrwertsteuer in der Gastronomie könnte deutlich gesenkt werden : Im Moment gebe es dafür keinerlei fi nanziellen Spielraum.