1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Zerbst
  6. >
  7. "Nur mit Spenden ist das Stück mehr, das Besondere möglich"

Albert-Schweitzer-Familienwerk Sachsen-Anhalt / Geschäftsführer Jürgen Geister: "Nur mit Spenden ist das Stück mehr, das Besondere möglich"

Von Antje Rohm 22.01.2011, 04:28

Über eine Spende in Höhe von 52 532,50 Euro von der Edeka Minden konnte sich das Albert-Schweitzer-Familienwerk Sachsen-Anhalt in der vergangenen Woche freuen. Nur mit Spenden, sagt Familienwerk-Geschäftsführer Jürgen Geister, ist es dem Verein überhaupt möglich, für die betreuten Kinder und Jugendlichen mehr als die Grundversorgung anzubieten und etwas für die Einrichtungen zu tun.

Zerbst. "Das ist die größte Einzelspende, die wir je bekommen haben", blickt Jürgen Geister auf die 20-jährige Geschichte des Albert-Schweitzer-Familienwerks. "Wir haben uns gigantisch gefreut, auch, dass wir überhaupt ins Auge gefasst wurden."

Die Edeka Minden gestaltete die Aktion anlässlich des 20. Jahrestages der deutschen Einheit. Ein Brot und eine Wurst wurden speziell dafür verkauft, Anteile des Erlöses kamen dem Spendenzweck zugute.

Dass das in Zerbst ansässige Familienwerk zum Spendenempfänger wurde, sei auch dem Schirmherr und sachsen-anhaltische Ministerpräsidenten Wolfgang Böhmer (CDU) zu verdanken gewesen, erzählt Jürgen Geister. Und er selbst konnte dann noch das benachbarte Familienwerk Berlin-Brandenburg empfehlen, als die Edeka in diesem Bereich nach einem Partner für die Aktion suchte.

Nicht aus dem Ärmel zu schütteln

Jeweils 52 532,50 Euro erhielten beide Familienwerke. Die Sachsen-Anhalter wollen das Geld nutzen, um weitere Brandschutzauflagen im Kinder- und Jugendhaus Merseburg zu erfüllen und das Kinderdorfhaus in Magdeburg ebenfalls brandschutztechnisch, aber auch darüber hinaus umzugestalten. Hier läuft die aktuelle Nutzung aus. Eine der Doppelhaushälften soll danach verkleinert und als Erziehungsfachstelle genutzt, die andere Hälfte vergrößert und der Standard für eine Kin- derdorffamilie verbessert werden.

"Der Brandschutz ist ein Dauerthema bei unseren Einrichtungen", sagt der Familienwerk-Geschäftsführer. Magdeburg und Merseburg seien die letzten größeren Häuser, bei denen die notwendigen Auflagen umgesetzt werden. Ein jeweils finanziell intensiver und aufwändiger Vorgang. Mit Brandschutzmeldern sei das nicht getan, zieht an Arbeiten und Kosten bis zum abschließenden Malern vieles nach sich. Eine Größenordnung, "die man nicht einfach so aus dem Ärmel schüttelt", sagt Jürgen Geister. Und dass das Familienwerk solche Dinge nur über Spendenmittel oder aus möglicherweise erwirtschafteten Rücklagen finanzieren kann.

Oder aus Fördergeldern, die immer wieder auch beantragt, aber nicht immer genehmigt werden. Im vergangenen Jahr flossen in noch laufende Arbeiten an der vom Familienwerk getragenen Zerbster Kita "Benjamin Blümchen" 93 000 Euro aus Mitteln des Konjunkturpakets II.

"Wir arbeiten da im Einklang mit der Stadt. Das hat bisher gut geklappt", hofft der Geschäftsführer auf Fortsetzung auch für notwendige Investitionen in die vom Familienwerk neu übernommenen Kitas in Steutz, Walternienburg und Güterglück.

Über eine positive Entwicklung bei Spenden konnte sich das Albert-Schweitzer-Familienwerk im vergangenen Jahr freuen. "Besonders in der Weihnachtszeit haben uns mehrere Firmen auf diese Weise unterstützt. Das hat zugenommen und uns natürlich sehr gefreut", berichtet Sabine Weiß, beim Familienwerk für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich. "Wir hoffen, dass das anhält, nicht nur zu Weihnachten."

Spender legen Wert auf regionalen Bezug

Die Erfahrung sei, dass es zunehmend ein Anliegen werde, bewusst in Deutschland zu spenden, in dem Fall Kinder und Jugendliche in den Familienwerk-Einrichtungen konkret zu unterstützen. "Viele legen Wert auf diesen regionalen Bezug", so Sabine Weiß. Oft entsteht er – ein wichtiger Faktor – auch aus Kontakten zu den Firmen direkt vor Ort. Das Merseburger Kinderheim ist da ein Beispiel. Als Dankeschön werden die Spender beispielsweise zum Sommerfest der Einrichtung eingeladen.

In den ersten Jahren des Vereins sei zielgerichtet um Spenden geworben worden. "Das machen wir jetzt nicht mehr. Jetzt kommen die Spender auf uns zu", sagt die Öffentlichkeits-Verantwortliche.

Eher seltener kommen diese Spender aus dem privaten Bereich. Meist sind es dann kleinere Spenden, wobei, so die Familienwerk-Vertreter, "100 Euro da bei uns schon als Großspende gelten". Auch Erbschaften seien dem Ver- ein schon überschrieben worden.

Wichtig ist alles. "Mit dem Pflegesatz, den wir erhalten, können wir den Grundbedarf für die in unseren Einrichtungen betreuten Kinder und Jugendlichen sichern", schildert Jürgen Geister die Situation. Das Besondere, das Stück mehr geht davon nicht – sei es mal eine Reise für die Kinder, bestimmte Anschaffungen, die die Lebensqualität erhöhen, andere Dinge oder eben Bauliches. "Um ein Niveau zu schaffen, das angemessen ist, sind wir eben auf Spenden angewiesen", unterstreicht er nochmals.

Aktuelles Sorgenkind ist das Kinderdorf

Bauprojekte außer den genannten stehen in diesem Jahr beim Albert-Schweitzer-Familienwerk Sachsen-Anhalt nicht im Plan. Ein großes längerfristiges und nur mit Landeshilfe zu realisierendes Vorhaben ist ein neuer Anbau für zehn bis zwölf Plätze am Kinder- und Jugendhaus in Merseburg.

Größtes Sorgenkind des Vereins ist im Moment das dezentrale Kinderdorf. Von einst elf Häusern sind noch fünf übrig geblieben, von denen derzeit vier genutzt werden. "Einige Häuser widmen wir um", sagt Jürgen Geister. So sei zum Beispiel das Jütrichauer Haus für eine Kleinstkindergruppe dem Zerbster Kinderheim zugeordnet worden. Das Wittenberger Haus nutzt die Sonderpädagogik.

Das Problem ist, Kinder-dorfeltern zu finden. Es fehlt an Bewerbern für diese sicher nicht einfache Aufgabe, sorgt sich das Familienwerk hier um die Perspektiven. Die Zahl, die Auswahl ist deutlich zurückgegangen, macht der Geschäftsführer diesen Umstand, "der nicht nur uns betrifft", unter anderem am zunehmenden Fachkräftemangel fest.

Dabei nimmt die Zahl der für Kinderdorffamilien geeigneten Kinder und Jugendlichen nicht, wie zwischenzeitlich erwartet, ab. "Eher umgekehrt." Sie werden immer eher und jünger aus ihren problematischen Familien herausgenommen.