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Wegen Hochwasserschutzmauer Rettungsaktion für Werder-Linden scheitert

Eine Stunde und neun Minuten lang flogen im Streit um die Werder-Linden am Donnerstag im Stadtrat die Fetzen. Am Ende der emotionalen Debatte stand fest: Die 97 Linden sollen wie geplant für den Bau einer Hochwasserschutzmauer gefällt werden.

Von Robert Richter 06.09.2014, 03:21

Werder l "Wischi-Waschi", "Skandal", "Lüge" - rhetorisch wurden beim seit Wochen in der Stadt viel diskutierten Thema Werder-Linden schwere Geschütze. Dabei betonten alle Seiten ihre Zustimmung zum Bau einer Hochwasserschutzanlage an der Zollstraße. Über das Wie wurde nun auch im Stadtrat trefflich gestritten.

Grüne und Linke/Gartenpartei hatten mit ihrem Antrag "Hochwasserschutz mit maximalem Erhalt der Werder-Linden" die Debatte angezettelt. Ziel des Vorstoßes: ein neues fachgerechtes Gutachten, ob für den Bau einer Schutzmauer tatsächlich wie geplant alle 97 Linden gefällt werden müssen. Genau das bezweifeln die Antragsteller, und dagegen regt sich seit Wochen Widerstand von Anwohnern. Für die Grünen erklärte Timo Gedlich: "Wir befürworten den Bau einer Hochwasserschutzmauer, jedoch nicht in der bisher geplanten Form. Unser Hauptanliegen ist ein Gutachten."

Günther Kräuter (SPD) fuhr Grüne und Linke an: "Ich bin enttäuscht, mit welcher Sorglosigkeit Sie mit den Sorgen der Menschen umgehen. Was wollen Sie denn eigentlich, sie sagen: Hochwasserschutz ja, aber ..." Sein Fraktionskollege Falko Grube legte nach: "Sie stellen den Bau in Frage, das halte ich für einen Skandal. Wir wollen Hochwasserschutz so schnell und effektiv wie möglich."

Linken-Fraktionschef Frank Theile konterte: "Wir möchten eine vernünftige Lösung und lassen uns nicht in eine Ecke schieben, dass wir kein Herz und keinen Verstand für die Menschen haben, denen es wirklich zu Flutzeiten schlecht gegangen ist." Theile weiter: "Wir legen Wert darauf, dass Hochwasserschutz und Umweltschutz nicht gegeneinander stehen, sondern miteinander durchgeführt werden. Es ist doch legitim zu prüfen, was wir tun können, um möglichst wenig Schaden an der Umwelt anzurichten."

Für future!-Stadtrat Oliver Wendenkampf war der Antrag von Grünen und Linken hingegen zu "weich": "Es geht um die Vernichtung einer Allee, was in Sachsen-Anhalt verboten ist", erklärte er und sprach von einem "Wischi-Waschi-Antrag": "Das ist politisch zu verstehen, inhaltlich bleibe ich dabei: Die Allee muss erhalten bleiben und es müssen Alternativen gesucht werden." Wendenkampf hatte in seiner Funktion als BUND-Geschäftsführer bereits Anzeige wegen Verstoßes gegen das Naturschutzgesetz erstattet (Volksstimme berichtete).

Grünen-Stadtrat Jürgen Canehl warf der Stadtverwaltung unterdessen vor, den Stadtrat unzureichend beteiligt zu haben und auch auf einer Bürgerversammlung falsche Aussagen zu den Linden getroffen zu haben. Dazu erklärte Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD): "Unsere oberste Prämisse bei der Planung war, dass die Bäume stehen bleiben. Dann ist mir Ende Mai vom Umweltamt und vom Tiefbauamt vorgetragen worden, wir können das nach neuesten Erkenntnissen nicht halten. Deshalb wurde noch mal eine Bürgerversammlung am 15. Juli gemacht. Fachlich macht es keinen Sinn, anders vorzugehen. Es werden neue Bäume gepflanzt." Trümper wies den Vorwurf einer übereilten Planung zurück: "Wir machen keine Schnellschüsse und sägen radikal irgendwelche Bäume ab, das ist nicht der Fall. Das Entscheidende ist der Hochwasserschutz."

Alfred Westphal (Grüne) warf in die Runde: "Lassen Sie uns über das Wie reden. Niemand von uns ist dagegen, Hochwasserschutz durchzuführen, das unterstellt ihr uns fast lügnerisch."

Ergebnis: Der schon im Vorfeld heftig diskutierte Antrag wurde abgelehnt. Für die neue Schutzmauer sollen die 97 Linden weichen, dafür etwa 70 neue gepflanzt werden.