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Soziales Netzwerk Mathematiker suchen Job per Facebook

Sachsen-Anhalt klagt über fehlende Fachkräfte, doch zwei Magdeburger finden keine passende Arbeit. Und werden kreativ.

Von Jennifer Lorbeer 03.08.2015, 20:56

Magdeburg l Mit einem kleinen Aufruf bekommt Familie Schneider seit wenigen Tagen viel Aufmerksamkeit. André Schneider und seine Frau Judith sind auf Arbeitssuche und machen sich dafür das Internet zunutze. "Erst vor Kurzem hab ich in einer Zeitung gelesen, dass Unternehmen das Potenzial von sozialen Netzwerken kaum nutzen - auch nicht, um Fachkräfte zu suchen", erinnert sich der 33-jährige Familienvater. "Da dachte ich mir, drehen wir das Ganze doch mal um und machen auf uns als Arbeitnehmer durch dieses Medium aufmerksam."

Der Aufruf, eine Kombination aus Familienfoto und kurzem Bewerbungsschreiben, schließt auch einen Umzug nicht aus. "Uns beiden war bewusst, als wir Anfang 2011 Vollzeit beim Max-Planck-Institut angefangen haben, dass wir möglicherweise nicht für immer in Magdeburg bleiben", erzählt André Schneider.

"Wer eine wissenschaftliche Laufbahn kennt, weiß auch, dass man dadurch immer wieder Ortswechsel in Kauf nehmen muss. Am liebsten würden wir hier bleiben, denn Magdeburg ist toll, wir haben tolle Freunde und fühlen uns sehr wohl."

Aktion "Hierblieben" half nicht

Aber die lokale Jobsuche, unter anderem auch auf der Initiativmesse "Hierbleiben", brachte keinen Erfolg. "Ich bin da alle Stände abgelaufen, aber bis auf ein bis zwei interessante Unternehmen habe ich nichts gefunden." Auf deutschlandweiten Onlineportalen beschränken sich die Angebote für die beiden Suchenden überwiegend auf den süddeutschen Raum. "Hier ist die Luft für Mathematiker einfach sehr dünn", erzählt André Schneider. "Das ist fast ein normales Problem." Für Judith Schneider, die ursprünglich aus Tübingen kommt, käme auch ein Umzug nach Süddeutschland in Betracht. "Die Frage dabei ist dann, ob das alles mit den Kindern klappt", erzählt die zweifache Mutter. "Nur ins Ausland würde ich eher ungern ziehen." Die heute 30-Jährige zog im Jahr 2008 erst nach Chemnitz zu ihrem zukünftigen Mann und studierte dort mit ihm gemeinsam Mathematik. Drei Jahre später folgte Judith Schneider ihrem Mann nach Magdeburg an das Max-Planck-Institut. Dort hat sie zwar noch bis Herbst 2016 einen Arbeitsvertrag, ist jedoch ebenfalls auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Der Familienvater ließ seinen befristeten Vertrag hingegen schon Ende des vergangenen Jahres auslaufen, ohne eine Verlängerung zu beantragen oder diese zu wollen.

"Das klingt alles sicher etwas ungewöhnlich, doch so ist nun mal der Lauf unserer Karriere", erklärt der 33-Jährige. "Wenn man vorwärts kommen will, kann man nicht ewig in ein und demselben Unternehmen arbeiten - und das obwohl wir einen tollen Chef, eine tolle Arbeit und ein tolles Team haben." Aber gerade weil ihr jetziger Chef Peter Benner schon ihr Diplomvater in Chemnitz war, suchen die Mathematiker nun nach etwas Neuem.

Beide sind mit ihrer Tochter Sophie noch bis September in Elternzeit. Danach wollen Judith und André Schneider neue Stellen gefunden haben. Denn bis dahin läuft auch nur noch der Kinderkrippenplatz vom dreijährigen Sohn Leo, der ebenfalls für die Arbeitssuche seiner Eltern auf dem Facebook-Foto posiert.

Seit es online ist, wurde das Bild schon über 200-mal von André Schneiders Profilseite geteilt. "Doch so richtig kann man nicht sagen, wie oft das Gesuch schon weitergeleitet wurde", so der Mathematiker, der 2008 in Chemnitz sein Diplom gemacht hat und gerade an seiner Doktorarbeit schreibt. "Das ist einfach ein Selbstläufer und manch einer speichert sich das Bild erstmal selbst ab und lädt es dann wieder hoch - da verlieren wir einfach den Überblick." Die Resonanz hält sich für die Familie jedoch noch in Grenzen. "Wir haben inzwischen zwei ernst zunehmende Meldungen und auch Vorschläge aus dem Ausland - aber das ist ja nicht angestrebt", erzählt Schneider. "Wahrscheinlich sind die Unternehmen wirklich einfach noch nicht so weit, die sozialen Netzwerke zu nutzen - selbst wenn man gezielt sucht."

Trotzdem ist die Familie von der Macht der sozialen Netzwerke beeindruckt. Bekannte, zu denen sie seit Jahren keinen Kontakt hatten, melden sich aufgrund des Bildes. So unterstützt die ungewöhnliche Aktion nicht nur mehr oder weniger eigenständig die Jobsuche, sondern trägt auch zur Belebung sozialer Kontakte bei.

Die Suche verlieren sie aber nicht aus den Augen. "Wir brauchen etwas Festes", erklärt der Familienvater. "Spätestens wenn der Große in die Schule kommt, müssen wir einen längerfristigen Arbeitsplatz und auch einen Wohnsitz haben."

Falls keines der bisher vorliegenden Angebote klappt, fällt der kreativen Familie sicher noch ein weiterer Weg ein, um Unternehmen auf sich und ihr Können aufmerksam zu machen.