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Landeszahlen sollen veraltet sein Studentenprognose unglaubwürdig?

Von Elisa Sowieja 26.03.2013, 02:11

Das Land hat bei der Rechtfertigung seiner Kürzungspläne für Hochschulen einen Rückschlag erlitten. Als Argument für die schrittweise Abschmelzung des Budgets um 50 Millionen Euro führt es eine Prognose an, laut der die Studierendenzahl stark sinken soll. Deren Ersteller erklären sie auf Volksstimme-Nachfrage inzwischen für überholt.

Magdeburg l Von derzeit 55000 auf 40000 soll die Zahl der Studierenden bis zum Jahr 2020 sinken - ein Minus von 28 Prozent. Unter anderem mit dieser Prognose begründet das Finanzministerium, dass es das Hochschulbudget von 316 Millionen Euro (ohne Unikliniken) schrittweise um 50Millionen Euro abschmelzen will. Christian Berthold vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE), das die Prognose erstellt hat, sagte jedoch gestern der Volksstimme: "Die Zahlen sind mindestens vier Jahre alt. Mittlerweile gehen wir von einer konstanten Entwicklung aus."

Untermauert wird das von einer CHE-Studie aus dem Jahr 2012. Demnach werden für 2020 in Sachsen-Anhalt 7330 Studienanfänger erwartet - für dieses Jahr sind es 7268. Die Kultusministerkonferenz geht von derselben Entwicklung aus.

Als Gründe für die Korrektur der Vorhersage führt Berthold an, dass bundesweit mittlerweile ein höherer Anteil das Abitur ablegt und dass sich mehr Abiturienten für ein Studium entscheiden. Außerdem habe Sachsen-Anhalt mit seiner Hochschulkampagne viele Erstsemester aus anderen Bundesländern anlocken können. Mit der damaligen Prognose habe das CHE nur davor warnen wollen, was passiert, wenn man sich nicht um Studienanfänger bemüht, sagte Berthold. Daher fühle sich das Institut "benutzt", weil das Finanzministerium die Zahlen als Argument für Kürzungen heranzieht. Der Experte hält das Vorhaben des Landes wegen des Fachkräftemangels für falsch. Im Ministerium war gestern niemand für eine Stellungnahme erreichbar.

Auch Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) hat gestern die Sparpläne scharf kritisiert. Die dynamische Entwicklung der Stadt würde ausgebremst, argumentierte er. Denn gerade auf Wissenschaft und Wirtschaft will Magdeburg seine Schwerpunkte legen. Zudem macht es seiner Meinung nach keinen Sinn, dass das Land erst kürzlich 50 Millionen Euro extra in die Kinderförderung gesteckt hat und nun die Summe den Hochschulen abzieht.

Jens Strackeljan, Rektor der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, forderte für Einsparungen mehr Zeit. "Wenn schon 2015 eine erste Kürzung von fünf Millionen Euro greift, könnten wir alle Verträge, die jetzt auslaufen, nicht verlängern." Er forderte, das Land solle das Gutachten des Wissenschaftsrats abwarten. Dessen Experten legen im Sommer Vorschläge für eine effektivere Hochschullandschaft vor.