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Wirtschaftsförderung in Sachsen-Anhalt Der Weg der Millionen

24.07.2013, 18:44

Erneut macht die Beteiligungsgesellschaft des Landes Schlagzeilen - dieses Mal geht es um merkwürdig hohe Zahlungen an die Firmen des SPD-Politikers Klaas Hübner. Ein Überblick über Strukturen und Verantwortliche.

Wer hat bei der IBG eigentlich das Sagen?

Zumindest die Eigentumsverhältnisse sind klar: Die GmbH ist eine 100-prozentige Tochter des Landes Sachsen-Anhalt. Gegründet wurde sie 1996 unter dem damaligen Wirtschaftsminister Klaus Schucht (SPD).

Welches Ziel hatte das Land bei der Gründung?

Über die IBG wollte das Land Unternehmen mit Wagniskapital versorgen. Profitieren sollten vor allem technologieorientierte Firmen mit innovativen Ideen. Gleichzeitig sollten die Gründer fachliche Unterstützung erhalten, also Hilfe beim Management.

Welche Rolle spielte dabei der umstrittene Manager Dinnies Johannes von der Osten?

Bei der IBG war er ab 1998 Geschäftsführer. Seit 2006 lässt das Land die IBG jedoch von einer Privatfirma managen: Die GoodVent Beteiligungsmanagement GmbH & Co. KG kam ins Spiel. Teilhaber und Geschäftsführer ist von der Osten. Die IBG behielt zwar ihre Beteiligungen. Ihr operatives Geschäft wird hingegen von der privaten Firma GoodVent erledigt.

Wer entscheidet, welches Unternehmen Hilfe von der IBG erhält?

Die Vorschläge kommen von der GoodVent. Bewirbt sich ein Unternehmen um eine Beteiligung der IBG, holt der zuständige Investmentbetreuer Gutachten ein und gibt seine Empfehlung ab. Die Vorentscheidung über eine Landesbeteilung ging also über von der Ostens Schreibtisch. Die letzte Entscheidung trifft der sogenannte Beteiligungsausschuss, ein sechsköpfiges Gremium bei der IBG.

Darin vertreten sind zwei Beamte des Wirtschaftsministeriums, ein Beamter des Finanzministeriums, der Rektor der Universität Magdeburg, ein Mitarbeiter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers und ein Bankenvertreter.

Warum hat die IBG so oft Unternehmen des SPD-Politikers Klaas Hübner begünstigt?

Ein Insider berichtet, im Aufsichtsrat der IBG habe es dazu kritische Nachfragen gegeben. Die GoodVent-Vertreter hätten dann auf die Verflechtung von Hübners Unternehmen hingewiesen. "Da gab es wechselseitige Haftungserklärungen. Wenn ein Unternehmen pleite gegangen wäre, hätte es eine Kettenreaktion gegeben." Jede Entscheidung gegen eine einzelne Beteiligung hätte also auch die anderen Firmen in den Abgrund reißen können.Und noch ein Argument für Hübner fiel im Aufsichtsrat nach Erinnerung des Insiders: "Da hieß es einfach: Das Finanzministerium will das so."

Welche Verbindungen gibt es zwischen Finanzminister Jens Bullerjahn und Klaas Hübner?

Hübner und Bullerjahn kennen sich seit vielen Jahren. 2005 traf sich die SPD-Landesspitze in Hübners Schloss, um den Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2006 auszuhandeln. Es wurde Bullerjahn. Bullerjahn wiederum berief Hübner im Wahlkampf 2006 in sein Kompetenzteam. Im Falle eines Sieges wurde Hübner als Wirtschaftsminister in Sachsen-Anhalt gehandelt.

Die SPD kam zwar 2006 zurück in die Regierung, Bullerjahn aber wurde kein Regierungschef. Hübner blieb Bundestagsabgeordneter in Berlin. Dort rückte er sogar zum Fraktions-Vize auf. Bullerjahn und Hübner hielten engsten Kontakt. Als die SPD-Spitze Hübner 2009 fallen ließ und ihn mit einem hinteren Listenplatz für die Bundestagswahl abspeiste, ergriff Bullerjahn öffentlich Partei für Hübner.

Bullerjahn, damals schon Finanzminister, griff sogar seinen eigenen Parteivorstand an. Bullerjahn sagte: "Klaas Hübner schlägt sich in Berlin mit viel Erfolg und ist auf der Landesliste zu schlecht platziert." Und: "Stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion wird man nicht so einfach, und das sollte auch bei der Listenaufstellung anerkannt werden."

Wo ist das öffentliche Geld, das in die IBG geflossen ist?

Ein Teil steckt in den 68 Unternehmen, an denen die IBG derzeit beteiligt ist, ein anderer Teil ist durch Firmenpleiten verloren. Im Idealfall soll die IBG ein hoffnungsvolles Unternehmen mit Kapital versorgen und betreuen, um dann einige Jahre später wieder auszusteigen und mit dem erzielten Gewinn das nächste Unternehmen stark zu machen. In einigen Fällen ist das auch gelungen. Beim einstigen Börsen-Star Q-Cells etwa hat die IBG das eingesetzte Kapital auf mehr als zehn Millionen Euro vervielfacht. Viele andere Unternehmen scheitern jedoch.

Hat die IBG auch andere prominente Unternehmen unterstützt?

Ja, unter anderem die Centiveo GmbH in Magdeburg. Das Unternehmen beschäftigt sich mit sogenannten RFID-Chips. Dabei geht es um die automatische Identifizierung und Lokalisierung von Gegenständen mithilfe elektromagnetischer Wellen. Geschäftsführender Gesellschafter ist Kristian Tolk, Landesvorsitzender des Wirtschaftsrates Deutschland.

Wer hat die politische Verantwortung für das Handeln der IBG?

Die Aufsicht hat das Wirtschaftsministerium. Organisatorisch zeigt sich das darin, dass der jeweilige Ressortchef zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates bestellt wird. Seit wenigen Wochen ist das Hartmut Möllring (CDU), der schnell auf Distanz zu von der Osten gegangen ist. Grund war, dass der Manager mit öffentlichem Geld Q-Cells förderte, davon aber privat als Anteilseigner profitierte. Heute will Wirtschaftsminister Möllring bekanntgeben, wie die IBG künftig organisiert wird.