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Bundesregierung will sich im Europarat enthalten Furcht vor Hintertür für Genmais-Anbau

Weil sich die Große Koalition in Berlin vor einer klaren Haltung zur
Gentechnik drückt, könnte auf Feldern in Sachsen-Anhalt bald Genmais
angebaut werden - mit Erlaubnis der EU.

08.02.2014, 01:25

Magdeburg l Am kommenden Dienstag will der EU-Ministerrat über die Anbau-Zulassung von Genmais 1507 abstimmen. Ob Landwirte die künstlich veränderte Maispflanze dann auch auf den Feldern in Sachsen-Anhalt anbauen dürfen, hängt nicht unwesentlich vom Stimmverhalten der Bundesregierung ab.

Und obwohl die Bevölkerung Umfragen zufolge Gentechnik mehrheitlich ablehnt, will sich Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich (CSU) bei der Abstimmung in Brüssel lediglich enthalten - weil sich SPD und CDU nicht auf eine klare Position einigen konnten.

Die Enthaltung könnte jedoch Folgen haben. Der EU-Ministerrat kann über die Zulassung für Genmais 1507 nämlich nur mit einer qualifizierten Mehrheit befinden. Dafür notwendig sind eine einfache Mehrheit der Mitgliedstaaten (mindestens 15) sowie eine Mehrheit von 260 der 352 Stimmen. Gibt es für oder gegen die Zulassung des Genmaises keine qualifizierte Mehrheit, darf die EU-Kommission selbst entscheiden. Und die hatte unlängst angekündigt, Genmais 1507 zulassen zu wollen.

Die Grünen in Sachsen-Anhalt werfen der Bundesregierung nun vor, den Anbau von Genmais durch die Hintertür zu billigen - weil Deutschland sein Gewicht mit 29 Stimmen im Ministerrat nicht zur Geltung bringt. "Kanzlerin Angela Merkel und ihre Regierung ignorieren den Willen der Menschen", kritisiert Dorothea Frederking, agrarpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag. CDU und SPD würden die Landwirtschaft Sachsen-Anhalts aufs Spiel setzen, wenn diese ihre Produkte nicht mehr ohne Einschränkungen verkaufen könne.

Frederking ärgert sich dabei nicht nur über die Regierung, sondern auch über die Bundestagsabgeordneten. Die hätten einem Antrag der Grünen im Parlament zustimmen können, der die Bundesregierung aufgefordert hätte, in Brüssel mit Nein zu stimmen. Doch selbst SPD-Politiker wie Burkhard Lischka hätten sich dazu nicht durchringen können, lediglich Waltraud Wolff habe sich enthalten. Auf Volksstimme-Anfrage erklärt Lischka, er sei gegenüber grüner Gentechnik "nicht so kritisch" eingestellt.

Verhalten fällt auch die Reaktion von Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsminister Hermann Onko Aeikens (CDU) aus. Er plädiert für einen "differenzierten Umgang", wolle Gentechnik "nicht per se ablehnen". Sollte die EU den Genmais zulassen, könnte das Land den Anbau einem Unternehmer rechtlich nicht verbieten. Hierzulande würden aber strenge Bestimmungen gelten, was etwa den Abstand der genveränderten Pflanzen von konventionellen Pflanzen angeht.

So rät der Bauernverband Sachsen-Anhalt seinen Mitgliedern aufgrund der Rechtslage auch vom Anbau von Genpflanzen ab. "Es gibt keine Regelungen, wie mit Schadensersatzansprüchen Dritter umzugehen ist", erklärt Sprecher Christian Apprecht. Schäden könnten etwa entstehen, wenn ein Biobauer feststellt, dass sich auf seinen Feldern gentechnisch veränderte Pflanzen ausbreiten. "Zudem ist der Widerstand gesellschaftlicher Gruppen nichts, was sich ein Landwirt freiwillig ins Haus holt", so Apprecht. Er gehe daher nicht davon aus, dass in Sachsen-Anhalt bald großflächig Genmais angebaut werde.

In den letzten Jahren haben Firmen Genmais aber schon zu Forschungszwecken in Gatersleben angebaut. Für 2014 wurden beim Umweltministerium bereits Flächen für den Anbau von Genmais MON 810 "vorsorglich" angemeldet. Sie haben eine Größe von 55.000 Quadrahtmetern.