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Sachsen-Anhalt-Tag in Wernigerode Unterm Brocken läuft´s rund

Mehr als 200.000 Besucher werden am Wochenende zum 18.
Sachsen-Anhalt-Tag in Wernigerode erwartet. In der Harzstadt
präsentieren rund 12.000 Mitwirkende das Landesfest. Der Countdown zur
Eröffnung am morgigen Freitag um 16 Uhr läuft.

Von Matthias Fricke 17.07.2014, 03:14

Wernigerode l In der Fußgängerzone der historischen Altstadt schlendern dicht gedrängt die Touristen an den Läden der Fachwerkhäuser vorbei. Es ist ein ganz normaler Wochentag. Mittendrin sitzt auf einem Hocker der Straßenmusiker Gerald Schreck und spielt auf seinem Akkordeon "Que Sera, Sera". Das ist Spanisch und heißt "Was sein wird, wird sein".

Der 51-jährige ehemalige Marionettenspieler aus Wernigerode weiß vorerst nur, wann es sein wird. Am morgigen Freitag startet das Landesfest, und er will unbedingt mit dabei sein. "Ich finde es toll, dass endlich auch in Wernigerode mal ein Sachsen-Anhalt-Tag ist", sagt er und tippt die Tasten. Vielleicht, so hofft er, landen dann ein paar Centstücke mehr auf seinem Aluminum-Koffer. Zurzeit sieht es dort sehr übersichtlich aus. "Que Sera, Sera ..."

Musik ertönt einige hundert Meter weiter auch auf einer Fußgängerbrücke am Heltauer Platz. Doch dort sitzt nicht der nächste Straßenmusiker. Es meldet sich musikalisch das Handy von Andreas Heinrich. Der Organisationschef hält bei den Vorbereitungen des 18. Landesfestes seit Monaten alle Fäden in der Hand.

Die Harzstadt bewarb sich bereits Ende 2011 für das Ausrichten des Sachsen-Anhalt-Tages. Ein Jahr später erhielt Wernigerode den Zuschlag. Zwölf Mitarbeiter wurden ihm zur Seite gestellt, zwei sogar extra für die Vorbereitungen eingestellt.

Zehn Kilometer Stromkabel für die Bühnen verlegt

"Nein, dann müssen wir eben die Briefe an die Anwohner selbst verteilen. Die kommen sonst zu spät an", sagt er seinem Mitarbeiter am anderen Ende des Telefons. 4000 Menschen wohnen im Festgebiet, das ab Donnerstag mit dem Auto nicht mehr erreichbar sein wird. "Da müssen verschiedene einzelne Regelungen getroffen werden. Seit Tagen ist das unser Hauptproblem", sagt er.

"Que Sera, Sera" - was sein wird, wird sein - gilt nicht für Heinrich. Bei ihm ist alles genau geplant. "Die guten Vorbereitungen zahlen sich jetzt aus", sagt er. Die 500 Mitarbeiter der Stadtverwaltung, von denen alle mit in die Organisation eingebunden sind, wissen, was sie zu tun haben. Sie sind Ansprechpartner für die Gäste an den sieben Informationspunkten oder sichern in roten T-Shirts den Festumzug ab. Insgesamt sind auch 180 professionelle Sicherheitskräfte, 95 Sanitäter und acht Notärzte im Einsatz.

Heinrich nimmt schon wieder das nächste Telefongespräch an, während er über das künftige Festgelände geht. Der 61-Jährige spricht mit der Entsorgungsfirma über die 105 mobilen Toiletten und 15 Container, die noch aufgestellt werden müssen.

All das gehört zu seinem Job als diesjähriger Mister "Sachsen-Anhalt-Tag". Der bisherige langjährige Berater Gerald Fuchs liegt seit drei Wochen mit einer Lungenentzündung im Bett. Deshalb muss sich der Dezernent für Gemeinwesen in der Stadtverwaltung auf die gute Vorarbeit von ihm verlassen. Offenbar geht die Rechnung auf. Die Elektrofirma hat inzwischen rund zehn Kilometer Kabel zu den Bühnen und Ständen verlegt, die Verteiler von dort sind noch nicht mit einberechnet. Damit die Stromleistung überhaupt ausreicht, muss ein neuer 21 Tonnen schwerer Mittelspannungs-Trafo aufgestellt werden. Kein Wunder, allein der kleine Vergnügungspark der 60 Schausteller zieht 2000 Kilowattstunden Strom.

Riesenrad-Blick auf Schloss und Brocken

Auch die Fahrgeschäfte und Schausteller sind mitten im Aufbau. Karl Welte, Vorsitzender des Vereins selbständiger Gewerbetreibender, Markt- und Messereisender (gegründet 1885) organisiert den kleinen Rummel zum zwölften Mal bei einem Landesfest.

"So geht das nicht. Die Geisterbahn und der Autoscooter haben da keinen Platz. Ich habe doch gesagt, die müssen sich anders hinstellen", raunzt Welte einen seiner Kollegen mit Nachdruck an. Am Ende sollen die Fahrgeschäfte so stehen, dass sie keine Lücken lassen. Das störe die Atmosphäre. Doch vorerst müssen die Ämter die Technik nach dem Aufbau prüfen und abnehmen. Auch das gehört zum Alltag bei den Vorbereitungen zum Sachsen-Anhalt-Tag.

Das 35 Meter hohe Riesenrad und die Attraktion des Rummels, der 45 Meter hohe Sky-Flyer, haben ihren Tüv schon. Von diesen beiden Fahrgeschäften dürften die Gäste nicht nur den besten Blick über das Gelände, sondern auch auf das Schloss und den Brocken erhalten. Nur mit dem Unterschied: Das langsame Riesenrad erlaubt beim Ausblick auch eine Bratwurst in der Hand. Während im nach oben schraubenden Kettenflieger "Sky-Flyer" der Rundum-Blick mehr als flüchtig sein dürfte. "Für jeden Geschmack ist eben etwas dabei", sagt Welte. Insgesamt 180 Mitarbeiter der 60 Schausteller lassen es an den drei Tagen vom Glücks- bis zum Riesenrad rund laufen.

Ähnlich reges Treiben herrscht inzwischen auch an den Medienbühnen von MDR, Radio Brocken, Radio SAW und 89.0 RTL. Dort werden an allen drei Tagen Bands wie Karat, Culture Beat oder Sänger wie Heinz-Rudolf-Kunze auftreten. Schon heute dürfte es die ersten Soundproben geben.

Auf dem Bauhof der Harzstadt haben sich inzwischen zwölf Schüler der 9. Klasse des Gerhart-Hauptmann-Gymnasiums eingefunden. Sie laden zahlreiche blaue Säcke aus dem Kleintransporter der Stadtjugendpflege Wernigerode aus. "Mehrere Kubikmeter Müll haben wir überall am Straßenrand eingesammelt", sagt Betreuer Jens Lux. Drei Tage lang räumen die Schüler im Rahmen eines Projektes zur Vorbereitung des Sachsen-Anhalt-Tages auf und wollen für eine saubere Gastgeberstadt sorgen. Die 13-jährige Antonia Gerlach: "Wir freuen uns schon auf das Fest. Dass wir da mit anpacken, ist logisch." Was sein wird, wird sein - dieses Motto gilt nicht für sie.