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Amateur-Fußballer und Minijobber Vereine stolpern über Mindestlohn

Der Mindestlohn stellt die Sportvereine in Sachsen-Anhalt finanziell auf
die Probe. Seit Januar müssen die Clubs ihren Angestellten mindestens
ein Gehalt von 8,50 Euro die Stunde zahlen. Das kann sich aber nicht
jeder leisten.

19.01.2015, 01:08

Magdeburg l Detlef Rohde ist über die Politik verärgert. "Wir hängen total in der Luft", schimpft der Vorsitzende des Haldensleber SC. Rohde weiß nämlich nicht, wie er künftig die zwei Vertragsfußballer bezahlen soll, die mit der Clubmannschaft in der Verbandsliga kicken. Für sie und für zwei weitere Vereinsangestellte gilt seit Januar der Mindestlohn.

Im Amateurbereich war es bislang üblich, dass Vereine wie der HSC die Leistungsträger einer Mannschaft mit Verträgen ausstatten, die einen Verdienst von 250 Euro im Monat vorsehen. "Das Gehalt reicht aber nicht mehr, wenn wir den Spielern jetzt 8,50 Euro pro Stunde zahlen müssen", klagt Rohde. Nach dem Mindestlohngesetz dürften Kicker mit diesem Monatsgehalt maximal nur noch 29 Stunden arbeiten. Für die nötigen Trainingseinheiten und Spiele reicht die Arbeitszeit jedoch kaum aus. Sowohl für die Vertragsspieler als auch für die zwei Angestellten, die Platz und Vereinshaus pflegen, mal eben die Löhne zu erhöhen, kann sich der Haldensleber SC kaum leisten. "Der Etat ist ohnehin schon eng", betont Rohde. Der fast 1000 Mitglieder zählende Club lebe überwiegend von ehrenamtlichem Engagement.

Der HSC ist nicht der einzige Klub, der seine Finanzen neu regeln muss. In Sachsen-Anhalt gibt es allein rund 30 Fußballvereine, die mehr als 200 Spieler mit richtigen Arbeitsverträgen ausgestattet haben. "Bei vielen Clubs herrscht Unsicherheit", räumt Matthias Albrecht, Vize-Präsident des Fußballverbands Sachsen-Anhalt, ein. Empfehlungen, wie die Vereine künftig mit den Mindestlohn-Regelungen umgehen sollen, kann der Verband noch nicht geben.

Mehr Verwaltungsaufwand für Sportvereine

"Der Deutsche Fußball-Bund beschäftigt sich erst Anfang Februar damit, wie Amateurfußballer künftig bezahlt werden sollen", erklärt Albrecht. Er empfiehlt den Clubs jedoch, die Arbeitszeiten der Vertragsspieler künftig genau zu dokumentieren, damit sie nachweisen können, dass sie sich an die Mindestlohn-Regeln halten.

Insofern steht für die Fußballer bereits fest: Auf sie kommt mehr Bürokratie zu. Die Mindestlohn-Regeln zu missachten, können sich die Vereine nämlich auch nicht leisten. Deckt die beim Zoll angesiedelte Finanzkontrolle Schwarzarbeit auf, drohen Bußgelder von bis zu 500000 Euro. Zudem könnte Vereinen auch ihre Gemeinnützigkeit entzogen werden.

Die Spielergewerkschaft begrüßt dagegen den Mindestlohn. Viele der Spieler verdienten in den unteren Ligen derzeit vier Euro und weniger pro Stunde - und arbeiteten teilweise hundert Stunden im Monat unter Profi-Bedingungen, so VDV-Geschäftsführer Ulf Baranowsky. Er räumt aber ein, dass klamme Clubs unterhalb der Dritten Liga wegen des Mindestlohns durchaus in die Bredouille geraten könnten.

Beim Haldensleber SC will Detlef Rohde mit dem Vorstand beraten, wie es weitergehen soll. Kommt es hart auf hart, müssen die zwei Spieler entweder auf ihre Verträge verzichten oder sich einen anderen Verein suchen. Die Verträge der zwei Vereinsangestellten stehen ebenfalls auf der Kippe. Gerechnet wird auch bei Germania Halberstadt. Dort müssen die Arbeitsverträge von fünf Vereinsangestellten angepasst werden, berichtet Geschäftsführer Christian Mokosch. "Welche Folgen der Mindestlohn für uns hat, lassen wir gerade von einem Steuerberater berechnen." Der Club hofft auf Sponsorengelder als Ausgleich.

"Große Vereine wie Halberstadt oder der FC Magdeburg können Mehrkosten eher wegstecken als kleine Clubs im Amateurbereich", erklärt Lutz Bengsch, der Vorstandsvorsitzende des Landessportbunds. Der Mindestlohn trifft neben den Fußballclubs aber auch alle anderen Sportvereine.

Der Handballclub SC Magdeburg muss fünf Nachwuchsspielern nun den Mindestlohn zahlen, berichtet Marc-Henrik Schmedt. "Der Mindestlohn ist zwar politisch gewollt, aber niemand hat sich offenbar über die Folgen für den Sport Gedanken gemacht", kritisiert der SCM-Geschäftsführer. Er bedauert, dass es bislang keine Ausnahmeregelungen gibt. Finanzielle Mehrbelastungen fürchtet Schmedt auch mit Blick auf Ordnungskräfte bei Spielen, die ebenfalls nun 8,50 Euro die Stunde erhalten. "Wir müssen überlegen, ob wir uns die Kräfte weiter leisten oder das ehrenamtlich stemmen."