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20.000 Parzellen liegen brach Kleingärtner stecken in der Klemme

Der Schrebergarten wird mancherorts in Sachsen-Anhalt zum Auslaufmodell.
Die einst "grüne Scholle" verwildert. Die Kleingärtner sind alarmiert.
Ein Landeskongress am Sonnabend in Magdeburg suchte Wege aus der Misere.

Von Michael Bock 02.03.2015, 02:28

Magdeburg l Agrar- und Umweltminister Hermann Onko Aeikens (CDU) sagte beim Kongress, der demografische Wandel, der Wegzug ehemaliger Kleingartennutzer und die Angleichung der Lebensgewohnheiten zwischen Ost und West würden das Kleingartenwesen im Land vor "große Schwierigkeiten" stellen.

In Sachsen-Anhalt gibt es 53,1 Kleingärten je 1000 Einwohner; das ist der bundesdeutsche Spitzenwert. Darum ist das Land auch besonders von negativen Entwicklungen betroffen. Derzeit liegen bereits etwa 20000 der 120000 Kleingarten-Parzellen brach. "In Klein- und Mittelstädten sowie im ländlichen Raum gibt es vielfach Anlagen mit einer Auslastung von nur noch 30 bis 50 Prozent", sagte Aeikens.

Nach Angaben des Landesverbandes der Gartenfreunde ging die Zahl der bewirtschafteten Parzellen in Sachsen-Anhalt von 188000 im Jahr 1990 auf aktuell knapp 100000 zurück. Es wird damit gerechnet, dass diese Zahl bis zum Jahr 2025 auf 85000 sinkt. Die größten Leerstandprobleme hat der Verband Eisleben. Dort stehen aktuell 1463 Parzellen brach. Das sind 42,3 Prozent aller Parzellen.

Aeikens plädierte dafür, den Rückbau von Kleingarten-Anlagen voranzutreiben. "Die Umwidmung in Wochenend-Siedlungen oder die Freigabe als Flächen für Einfamilienhaus-Bebauung sollte kein Tabu sein", sagte er. Denn: "Nicht bewirtschaftete Gärten oder Teilanlagen tragen nicht dazu bei, das positive Bild des Kleingartenwesens in Sachsen-Anhalt aufrechtzuerhalten. Dazu komme die finanzielle Notlage von Anlagen, die nur noch zu Teilen bewirtschaftet würden. Die Kreis-und Stadtverbände müssten in Abstimmung mit den Kommunen Kleingarten-Entwicklungskonzeptionen erstellen.

Auch Verbandspräsident Peter Riebeseel (Stendal) hält den Rückbau von Parzellen für unumgänglich. Geschehe dies nicht, "ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Insolvenz von Vereinen und Verbänden eher die Regel als die Ausnahme ist." Er sagte, es werde ein Programm gebraucht, bei dem - ähnlich wie beim Stadtumbau Ost für die Wohnungswirtschaft - der Rückbau von Kleingartenanlagen gefördert wird.

Im Osten gibt es besonders viele Laubenpieper. Bei einem Bevölkerungsanteil von 19,6 Prozent haben die neuen Länder (einschließlich Berlin) rund 59,6 Prozent aller bundesweit genutzten Parzellen unter Vertrag.

Bezogen auf 1000 Einwohner gibt es in Deutschland 12,1 Kleingärten. In den neuen Ländern liegt der Anteil bei 36,3 Prozent/1000 Einwohner. Sachsen-Anhalt liegt bundesweit mit 53,1 Kleingärten/1000 Einwohner an der Spitze. Zum Vergleich: In Niedersachsen sind es 8,4 Kleingärten/1000 Einwohner.

In Magdeburg etwa haben 14 Prozent der Privathaushalte einen Kleingarten (München/Stuttgart: unter zwei Prozent). Mehr als die Hälfte der Kleingärtner in Magdeburg ist schon älter als 61 Jahre. Damit liegt die Landeshauptstadt im landesweiten Trend. Nur ein knappes Prozent der Kleingärtner ist jünger als 25 Jahre; zwischen 26 und 45 Jahren sind es gut 18 Prozent. Die größten Leerstandprobleme hat der Verband Eisleben. Dort liegen aktuell 1463 Parzellen brach - 42,3 Prozent aller Parzellen. Am besten steht Wernigerode mit einer Leerstandsquote von 6,3 Prozent da.

Verbandspräsident Peter Riebeseel (Stendal) verweist auf die wichtigen sozialen und auch ökologischen Aufgaben von Kleingärten. Er sagt: "Wir sind kein Relikt aus Notzeiten, das sich überlebt hat. Wir sind der Überzeugung, dass wir gegenwärtig und auch in Zukunft eine gesellschaftlich unverzichtbare Aufgabe haben."

Auf der Facebook-Seite der Volksstimme gibt es viele Reaktionen zum Thema. Rayk Scholz etwa plädiert dafür, die überholten Kleingartengesetze aus den 1930er Jahren zu überarbeiten. Eileen Leonhardt genießt die Zeit in ihrem Garten: "Es ist einfach nur schön."