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Umweltminister Aikens zum Thema Wolf "Wir müssen Ängste ernst nehmen"

22.05.2015, 01:14

Wie viele Wölfe verträgt Deutschland? Und wie geht das Land damit um? Sachsen-Anhalts Minister für Umwelt und Landwirtschaft, Hermann Onko Aeikens (CDU), hält eine Diskussion darüber für angebracht. Das Interview mit ihm führte Volksstimme-Reporter Jens Schmidt.

Volksstimme: Herr Minister, die ersten Wölfe wurden vor den Toren Magdeburgs gesehen. Müssen wir uns sorgen?
Hermann Onko Aeikens: Bislang sind das Einzelfälle, meist handelt es sich um junge, neugierige Tiere. Aber wir müssen beobachten, was sich da weiter tut. Der Wolf hat einen problematischen Ruf, obwohl Angriffe auf Menschen äußerst selten sind. Dennoch kann das vorkommen. Wir müssen die Ängste der Bevölkerung ernst nehmen.

Landwirte und Jäger wollen die Tiere gern vergrämen und so auf Distanz zu Mensch und Nutztier halten.
Eine Vergrämung sollte immer möglich sein und ist auch heute schon machbar. Mehr noch: Ein Problemtier kann heute schon entnommen werden.

Das heißt: geschossen?
Das heißt es in letzter Konsequenz. Eine Tötung im Einzelfall ist möglich. Eine Bejagung bleibt aufgrund des EU-Schutzstatus verboten.

Wenn sich die Wölfe aber weiter rasant vermehren, müssten sie dann nicht gejagt werden wie Wildschweine oder Hirsche auch?
Das hängt davon ab, wie stark sich die Wölfe vermehren, welche Auswirkungen sie auf andere Arten haben und was wir Menschen tolerieren wollen. Im vergangenen Jahr sind bei uns 36 Schafe und 4 Kälber gerissen worden - aber mit steigender Tendenz. Grundsätzlich gilt: Der Wolf ist nach EU-Recht eine streng geschützte Art. Es muss aber auch eine Diskussion darüber erlaubt sein, welche Wolfspopulation ein so dicht besiedeltes Land wie Deutschland verträgt. Angesichts der Vermehrungsrate erachte ich solch eine Diskussion für legitim. Ich schlage vor, dass wir diese Frage zunächst an Fachleute geben, um eine wissenschaftliche Basis zu bekommen, auf der wir dann politische Entscheidungen fällen können.

Landwirte in Sachsen-Anhalt fordern mehr finanzielle Hilfe und Beratung.
Wir haben den Zaunbau 2014 mit etwa 100.000 Euro unterstützt, 70 Anträge werden jetzt gerade geprüft. Wie es mit der Entschädigung weitergeht, müssen wir von der Entwicklung der Fallzahlen abhängig machen. Ich bin aber froh, dass der Bund nun eine nationale Beratungsstelle zum Thema Wolf einrichtet, damit es einheitliche Empfehlungen gibt.