1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Sachsen-Anhalt verlor in zehn Jahren 160 Feuerwehren

Einsatzbereitschaft in Gefahr Sachsen-Anhalt verlor in zehn Jahren 160 Feuerwehren

Pro Jahr verliert die Feuerwehr etwa tausend Mitglieder. Zeitgleich verschwinden von der Landkarte 20 bis 30 Ortswehren. Der Landesfeuerwehrverband schlägt Alarm und spricht von "erheblichen Lücken", die sich vor allem tagsüber bemerkbar machen.

Von Matthias Fricke 26.05.2015, 03:33
Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei stehen am 04.04.2015 vor der zukünftigen Unterkunft für Asylbewerber in Tröglitz (Sachsen-Anhalt). In der Nacht hatte es in dem Gebäude gebrannt. Die Polizei ermittelt wegen Verdacht auf Brandstiftung. Foto: Hendrik Schmidt/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei stehen am 04.04.2015 vor der zukünftigen Unterkunft für Asylbewerber in Tröglitz (Sachsen-Anhalt). In der Nacht hatte es in dem Gebäude gebrannt. Die Polizei ermittelt wegen Verdacht auf Brandstiftung. Foto: Hendrik Schmidt/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ dpa-Zentralbild

Magdeburg l In Möllendorf, Verbandsgemeinde Arneburg-Goldbeck im Landkreis Stendal steht die Tragkraftspritze schon seit einigen Jahren ungenutzt im Gerätehaus. Es gibt einfach kein Personal mehr.

Karsten Rottstätt, Ordnungsamtsleiter in der Gemeinde Arneburg-Goldbeck: "Nur weil der ehemalige Wehrleiter klingelnd von Haus zu Haus zog, haben sich inzwischen dann doch noch sechs Kandidaten für eine Ausbildung gefunden." Rottstätt, der auch Vize-Chef des Landesfeuerwehrverbandes ist: "In der Fläche hat schon fast jede Feuerwehr Probleme, eine Tagesbereitschaft zwischen 6 und 17 Uhr zu gewährleisten." Andere Ortswehren gaben ganz auf.

Aktiver Feuerwehrdienst nur bis 65 Jahre erlaubt

In den vergangenen zehn Jahren verschwand die Feuerwehr aus 160 Orten in Sachsen-Anhalt. Die Zahl der aktiven Feuerwehrleute schrumpfte um 6000. Damit im Brandfall genügend Kräfte vor Ort sind, werden in der Regel vier oder fünf Wehren gleichzeitig alarmiert. Das sei in der Fläche nicht mehr anders machbar. Landesfeuerwehrverbandschef Kai-Uwe Lohse warnt: "Wenn das so weiter geht, werden wir die Zwölf-Minuten-Hilfsfrist nicht mehr einhalten können."

Angesichts dieser brenzligen Situation hätte zum Beispiel Karlheinz Schwerin (67) vor zwei Jahren auch gerne weiter in der Ortswehr von Eichstädt (Arneburg-Goldbeck) mitgewirkt. Doch der Wehrleiter durfte nicht, weil das Landesgesetz es so wollte. Mit 65 Jahren müssen freiwillige Feuerwehrmänner ihren aktiven Dienst beenden. "Ich bin aber fit und würde auch jetzt noch gerne mitmachen.", sagt er.

Landesfeuerwehrverband startet Werbekampagne

Die geforderte Gesetzesänderung allein würde aber nicht die Probleme lösen, so Kai-Uwe Lohse: "Uns helfen weder aktive 70-Jährige, noch die Jugendfeuerwehren. Die Menschen müssen wieder erkennen, dass sie selbst die Sicherheitsstandards festlegen. Entweder sie engagieren sich selbst oder bezahlen über mehr Abgaben für hauptamtliche Einsatzkräfte. Es ist natürlich auch möglich, dass die zwölf Minuten Hilfsfrist nach oben gesetzt wird. Doch wer will das schon?"

Mit einer Werbe-Kampagne will der Landesfeuerwehrverband nun verstärkt neue Mitglieder werben. Zielgruppen sind vor allem Seiteneinsteiger, Zugezogene, Erwerbslose und Migranten.