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Letzter Arbeitstag 2012 von Dr. T. am Altmark-Klinikum Gardelegen Verleugnete der umstrittene Neurochirurg sich selbst?

Von Thomas Pusch 18.12.2012, 02:22

Gardelegen l Durch Ungereimtheiten um seine russische Approbation und eine Ehrenprofessur ist der umstrittene Leiter des Wirbelsäulenzentrums am Gardelegener Altmark-Klinikum vergangene Woche wieder in die Schlagzeilen geraten. Zahlreiche Arbeitsstationen hat Dr. Michail T. in seinem Lebenslauf, seit er Mitte der 1990er Jahre nach Deutschland kam. Man erinnert sich an den Neurochirurgen aus Weißrussland, detaillierte Auskünfte will aber kaum jemand geben.

"Keine Auskunft"

Das Städtische Krankenhaus Nettetal (Nordrhein-Westfalen) lässt ausrichten, "dass wir keine telefonischen Auskünfte oder Auskünfte per E-Mail über Mitarbeiter herausgeben". Dort hatte T. von 1996 bis 1999 seine Arzt-im-Praktikum-Zeit absolviert. 1999 arbeitete er als Assistenzarzt an der Klinik für Orthopädie des MediClin Reha-Zentrums Spreewald in Burg (Brandenburg). "Dass der in so etwas verwickelt ist", meint die Sekretärin des Ärztlichen Direktors im Universitätsklinikum Jena, als sie von dem Skandal um das Wirbelsäulenzentrum hört. Dort war T. von 1999 bis 2001 Assistenzarzt in der Klinik für Neurochirurgie. Nach Rücksprache mit ihrem Chef, Prof. Klaus Höffken, heißt es: "Er möchte nichts sagen." Nächste Station war die Orthopädische Klinik der Hessing-Stiftung in Augsburg, ein Jahr später folgt die Klinik für Neurochirurgie des Krankenhauses Siegen (Nordrhein-Westfalen).

Anders als an der Ehrenprofessur gibt es an T.s Doktorarbeit von 2003 keinen Zweifel. Sie ist bei der Deutschen Nationalbibliothek nachzulesen. In jenem Jahr wechselte er zur Klinik Winterberg in Saarbrücken, ging 2007 nach Berlin, wo er im St.-Gertrauden-Krankenhaus und der Berlin-Klinik arbeitete. Deren Chefarzt Prof. Stefan Schermer schätzte T. auch privat als "sehr netten, gebildeten und fachlich kompetenten Menschen". Seit Sommer 2011 ist T. in Gardelegen.

Am letzten Freitag hatte er dort seinen letzten Arbeitstag in diesem Jahr. Um 15.30 Uhr sollte die Sprechstunde im Wirbelsäulenzentrum beginnen. Doch die Tür blieb verschlossen, die Fenster dunkel. Unter der Rufnummer des Zentrums meldete sich nur ein Band.

Um kurz nach 17 Uhr rollte der schwarze Mercedes von Dr. T.s Parkplatz. Am Steuer ein Mann, der dem Neurochirurgen frappierend ähnlich sah. Auf mehrmaliges Bitten hin ließ er die Seitenscheibe herunter. Auf die Begrüßung entgegnete er, nicht Dr. T. zu sein. An den Fragen war der mit russischem Akzent sprechende Mann dennoch interessiert.

"Keine Presse"

Wie es ihm gehe, wie er den Stress aushalte und ob er das mit der weißrussischen Ehrenprofessur erklären könne. "Keine Presse", sagte eine Person im Dunkel des Fonds in akzentfreiem Deutsch. "Ich gebe keine Erklärungen ab", antwortete der Fahrer daraufhin, "und außerdem bin ich nicht Dr. T." Dann verließ der schwarze Wagen das Krankenhausgelände.

"Dr. T. hatte am Freitag drei Operationen, ich selbst habe an diesem Tag nicht mit ihm gesprochen", erklärte Klinik-Geschäftsführer Matthias Hahn auf Anfrage.

Wegen des Verdachts auf Körperverletzung ermittelt die Staatsanwaltschaft Stendal seit November gegen T. Er soll 62 unnötige Wirbelsäulenoperationen vorgenommen haben.