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Gewaltspirale Hass-Angriffe gegen drei Politiker

Erst wurde Grünen-Politiker Sören Herbst im Internet bedroht, nun beschmierten Unbekannte ein Schaufenster. Unter Verdacht: Rechtsradikale.

04.11.2015, 09:52

Magdeburg l Am Wochenende wurde der grüne Landtagsabgeordnete Sören Herbst noch im Internet bedroht. Nun beschmierten Unbekannte in der Nacht zum Dienstag ein Café-Schaufenster in seinem Wohnumfeld. Auch sein Wahlkreisbüro wurde angegriffen. „Das ist ein klares Signal, wie nah sie mir sind“, sagte Herbst. Er nehme diese Drohung sehr ernst. Der Politiker ist für sein Engagement gegen rechts und für Flüchtlinge bekannt.

Es gab noch weitere Vorfälle. In der selben Nacht haben drei Vermummte Steine auf das Wahlkreisbüro der Bundestagsabgeordneten Rosemarie Hein (Linke) geworfen. Auch Robert Fietzke von der Linksjugend Sachsen-Anhalt wurde in einer Haustor-Schmiererei als „Volksverräter“ diffamiert.

Ausgangspunkt der Gewaltspirale war ein erneuter Übergriff auf eine Frau in Magdeburg am vergangenen Freitag. Obwohl der mutmaßliche Täter – ein 30-jähriger Asylbewerber – gefasst wurde, schaukelte sich der Hass im Internet hoch. Das gipfelte in einem Überfall von etwa 30 Hooligans auf eine Gruppe Syrer. Zuvor hatte sich besonders aggressiv der Magdeburger Kampfsportler Hendrik O. geäußert, der auf seiner Facebook-Seite angebliche Polizei-Interna verbreitete und Herbst direkt drohte. Er schrieb unter anderem: „Wenn, dann hast du ne Dauerkarte im Krankenhaus mein Schatzi, und auch da komme ich dich oft besuchen“ und „Ich glaube, dass es wohl bald krachen wird. Die deutsche Rasse ist Mensch 2. Klasse in Deutschland geworden. Ausländer haben nun mehr ‚Rechte’“. Facebook ließ am Dienstag die private Seite von Hendrik O. wegen der Hass-Kommentare – auch von anderen Nutzern – für 30 Tage sperren. Die angeblichen Ermittlungsinterna bezeichnete ein Polizeisprecher als „Müll“ und O. als Wichtigtuer.

Der 38-Jährige inszeniert sich im Internet gern als martialischen Kickboxkämpfer. Zudem erwecken Fotos von ihm den Anschein, er sei Ringer-Trainer im Nachwuchsbereich des Magdeburger Sportvereins MSV 90. „Er ist weder Trainer noch Ringer, sondern nur ein einfaches Vereinsmitglied als Vater eines ringenden Kindes“, stellte Sven Friedrichs, Abteilungsleiter Ringen bei MSV 90, klar. „Wir sind bestürzt von seinen Äußerungen im Internet. Wir werden ihn zur Rede stellen“, sagte Friedrichs. Der Verein sei alles andere als ausländerfeindlich. Friedrichs: „Bei uns ringen Sportler aus Tschetschenien, Russland und der Ukraine. Wir haben sogar kostenlos zwei Flüchtlinge aus Afghanistan aufgenommen.“

Alle Fraktionen im Landtag verurteilten die Übergriffe gegen Politiker einhellig. „Die von Pegida, Magida, AfD und Co. gesäte Hetze fällt offensichtlich auf fruchtbaren Boden“, konstatieren die Grünen. „Das ist rechter Terror, für den es keine Akzeptanz gibt“, so die Fraktion der Linken.

Auch Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) verurteilte die Angriffe scharf. Es sei jetzt Sache der Polizei die Straftaten auszuermitteln. Welche Schutzmaßnahmen zu treffen sind, sei aber Sache der Experten im Landeskriminalamt. Diese erstellen mit den Betroffenen eine Gefährdungsanalyse, nach der sich alles weitere richte.

Hendrik O. selbst sagt über sich: „Ich bin keinesfalls rechtsradikal. Ich verbreite im Internet nur Fakten, die abgesichert sind.“ Sören Herbst habe er einen privaten Brief geschrieben. „Das war eine Warnung. Ich habe geschrieben, wenn er mich angreift, werde ich mich mit rechtlichen Mitteln wehren.“ Mit den Schmierereien habe er nichts zu tun.