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BeraterverträgeWeitere 22 Millionen außer Kontrolle

Sachsen-Anhalts Landesgesellschaften können bei Beraterverträgen unkontrolliert agieren. Jetzt stoppte der Finanzausschusses eine Vergabe.

08.12.2016, 23:01

Magdeburg l Die dem Land Sachsen-Anhalt unterstehenden Gesellschaften haben seit dem Jahr 2006 Beratungsleistungen im Wert von mehr als 22 Millionen Euro ohne Beteiligung des Parlaments vergeben. Das geht aus einer Kleinen Anfrage der Linken an die Landesregierung hervor. Demnach hat zum Beispiel die Mitteldeutsche Sanierungs- und Entsorgungs-Gesellschaft mbH (MDSE) dafür rund 8,7 Millionen Euro ausgegeben, die Nahverkehr-Gesellschaft Nasa rund 2,7 Millionen Euro.

Im Fall der Nasa sind die Kosten für Beratungsleistungen mit dem Amtsantritt von Verkehrsminister Thomas Webel (CDU), dessen Haus die Gesellschaft untersteht, in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Flossen im Jahr 2011 dafür noch weniger als 4000 Euro, sollen es in diesem Jahr 1,25 Millionen Euro sein.

Die Kosten für externe Beratungen sind damit inzwischen fast halb so hoch wie die gesamten Personalausgaben der Nasa (2,8 Millionen Euro). Das Verkehrsministerium erklärte auf Anfrage der Volksstimme, dass dahinter jedoch keine neue Strategie stecke. Die Nasa benötige die Gelder für gerichtliche Auseinandersetzungen, so ein Sprecher.

Die Linke kritisiert, dass die Landesgesellschaften Beratungsleistungen bisher grundsätzlich ohne Kontrolle des Parlaments vergeben können. „Warum sollen für die Gesellschaften andere Regeln gelten als für die Ministerien?“, fragt Kristin Heiß, haushaltspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion. Die Landesregierung muss Verträge ab einem Volumen von mehr als 20 000 Euro dem Finanzausschuss vorlegen. Dass das nicht ebenso für die Gesellschaften gilt, versteht Heiß nicht. Die Linken-Politikerin kritisiert: Damit bestünde für die Ministerien die Möglichkeit, den Finanzausschuss zu umgehen, in dem Berateraufträge stets über Landesgesellschaften vergeben werden. „Das muss ausgeschlossen werden“, fordert sie.

Die Abgeordneten schauen bei der Vergabe von Beratungsleisten nun offenbar noch genauer hin. Nach Volksstimme-Informationen hat der Finanzausschuss vergangene Woche die Landesstraßenbaubehörde, die dem Verkehrsministerium untersteht, gestoppt. Die Behörde wollte ein geotechnisches Gutachten zum dritten Mal an ein Dessauer Ingenieurbüro vergeben – freihändig, ohne Vergleichsangebote einzuholen. Begründung: Die Beauftragung eines anderen Ingenieurbüros würden eine erhebliche Zeitverzögerung und Aufwand bedeuten, da sich ein anderer Bearbeiter völlig neu in die Konzeption einarbeiten müsste.

Doch das passte dem Ausschuss nicht. „Zu sagen, ‚die haben das immer gut gemacht‘ und kriegen deshalb immer wieder den Auftrag, geht natürlich nicht“, sagte ein Abgeordneter der Volksstimme. „Das ist vergaberechtlich äußerst problematisch.“

Auch der Landesrechnungshof sieht das Vorgehen kritisch. Die Erarbeitung eines solchen Gutachtens sei grundsätzlich Sache der Verwaltung, sagte ein Sprecher auf Anfrage. „Sollte die Verwaltung personell oder fachlich nicht in der Lage sein, eine diesbezügliche Aufgabe zu erfüllen, ist eine Leistungsanfrage an mindestens drei Bieter zu stellen.“ Gegenüber der Volksstimme räumte das Verkehrsministerium am Donnerstag ein, dass man nun mehrere Bieter anfragen werde.