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Rechtsextremismus Vier „Reichsbürger“ in Uniform

Die Parlamentarische Kontrollkommission traf sich zu einer Sondersitzung. Gegen vier Polizisten wird wegen Szene-Zugehörigkeit ermittelt.

Von Jörn Wegner 26.10.2016, 01:01

Magdeburg l Gegen die vier Polizisten, die im Verdacht stehen, der „Reichsbürger“-Szene anzugehören, wird teilweise seit Jahren ermittelt. In zwei Fällen kam der Verdacht bereits im August 2014 auf, zwei weitere riefen im März und Mai 2016 die Ermittler auf den Plan. Alle vier Beamten wurden sofort suspendiert. In den beiden Fällen von 2014 laufen derzeit „Klagen auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis“, teilt das Innenministerium mit. In den anderen Fällen wird noch ermittelt. Alle Betroffenen sind außer Dienst gestellt. Drei von ihnen stammen aus dem Polizeirevier Stendal, einer aus Magdeburg.

Die „Reichsbürger“-Szene und die suspendierten Polizisten haben am Dienstag die Parlamentarische Kontrollkommission auf einer Sondersitzung beschäftigt. Das Landtagsgremium soll den Verfassungsschutz kontrollieren. Auslöser der Sitzung war, dass der Thüringische Verfassungsschutz seine Reichsbürger-Zahlen drastisch auf 500 nach oben korrigiert hatte. In Sachsen-Anhalt zählt der Verfassungsschutz 24 Mitglieder in den Gruppen, die er beobachtet.

Sebastian Striegel, Kommissionsmitglied der Grünen, sieht nach der Sitzung eine „höhere Sensibilisierung“ der Behörden für das Thema. Bei den betroffenen Polizisten sei schnell gehandelt worden. „Man kann jetzt aber nicht jeden auf Verdacht durchleuchten“, so Striegel.

„Mein Eindruck war, dass sich die Landesregierung dem Thema annehmen will“, sagt Linken-Politiker Swen Knöchel. „Das Thema hat eine neue Qualität erreicht. Die Landesregierung muss nun Erfahrungen sammeln und sich fragen, wie sie damit umgeht.“

Thema war auch die bessere Kooperation der Verfassungsschutzämter der Länder. Für den 9. und 10. November soll es eine bundesweite Absprache der Behörden geben.

Wie können Beamte die Existenz des Staates ablehnen, auf den sie einen Eid geschworen haben? Die Polizei ziehe „Leute, die autoritär geprägt sind“ an, sagt Pascal Begrich vom Verein Miteinander. "Struktur- und tätigkeitsfeldbedingt" sei die Polizei attraktiv "für autoritäre und rechtsaffine Personen". Ob sich ein Polizist den Ideen der "Reichsbürger" zuwendet, liege an der Persönlichkeit des Beamten. Neben der Überprüfung von Beamten sieht Begrich die Möglichkeit der Vorbeugung. „Bereits in der Ausbildung muss die Polizei ein anderes Berufsbild vorgeben, als es sich autoritäre Menschen vorstellen.“

In Berlin hat die Polizeiführung indes ihre Beamten aufgefordert, beim Kontakt mit „Reichsbürgern“ besonders auf die Eigensicherung zu achten. Dies berichtet die „Berliner Zeitung“ in Bezug auf ein internes Schreiben. In Berlin sei ein Polizist wegen „Reichsbürger“-Vorwürfen suspendiert worden, hieß es am Montag fälschlich. Tatsächlich zeigte der Beamte Sympathien für die rechtsextreme „identitäre Bewegung“.