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UnterhaltProbek: "Viele Väter könnten zahlen"

Rechtsanwalt Ronald Probek kritisiert Jugendämter für lasche Vorgehensweise gegenüber säumigen Zahlern.

02.07.2017, 23:01

Wernigerode l Den Jugendämtern gelingt es nur selten, den Unterhaltsvorschuss von den Vätern wieder einzutreiben. Reporter Christopher Kissmann sprach dazu mit dem Wernigeröder Familienrechtsanwalt Ronald Probek.

Volksstimme: Herr Probek, warum ist die Erfolgsquote der Jugendämter bei der Eintreibung des Unterhaltsvorschusses so gering?

Ronald Probek: Ich glaube, dass die Aufgabe an der falschen Stelle platziert ist. Jugendämter kümmern sich ja in erster Linie um das Kindeswohl und weniger um das Thema Finanzen. Wenn der erste Versuch danebengeht, sich das Geld von den Vätern zurückzuholen, weil der Vater vermeintlich zu wenig verdient, wird die Akte oft beiseitegelegt. Da kontrolliert dann eben auch keiner mehr, ob man mit zusätzlichem Aufwand nicht doch noch etwas machen könnte. Meine Erfahrung als Anwalt ist, dass viele aber eigentlich doch zahlen könnten. Vielleicht wäre die Aufgabe in den Finanzabteilungen besser aufgehoben.

Die Kosten bleiben beim Steuerzahler hängen, weil die Ämter zu lasch vorgehen?

Ja, das ist so. Und das Problem wird sich noch verschärfen: Die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses ist eine erhebliche Veränderung. Ich rechne mit einer Verdoppelung der Gesamtkosten, weil von der Ausweitung nun auch die Zwölf- bis Siebzehnjährigen profitieren. Ich finde das richtig – doch man muss wissen, dass ältere Kinder nun einmal mehr kosten als jüngere.

Was kann der Staat tun, um sich einen größeren Anteil zurückzuholen?

Die Gesetzlage ist eigentlich sehr klar: Für den Ex-Partner gilt eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Das bedeutet, er muss alles dafür tun, um sein Einkommen zu erhöhen. Das kann Mehrarbeit sein oder ein anderer Job. Darauf müssten die Jugendämter viel stärker drängen, dann würden auch mehr Väter zur Zahlung herangezogen werden. Wir Anwälte sind da hartnäckiger.

Sie verdienen damit auch Ihr Geld. Aber werden durch Gerichtsverfahren tatsächlich mehr Väter zur Zahlung herangezogen?

Eindeutig ja. Wenn wir die Fälle bearbeiten, bleiben am Ende weniger Kosten beim Staat hängen. Ich hatte schon Selbstständige, die eine Million Euro Jahresumsatz so klein gerechnet haben, dass sie im Monat angeblich nur 800 Gewinn erzielt haben – und das Jugendamt hat da einfach einen Haken dran gemacht! So etwas geht einfach nicht. Überspitzt gesagt: Nehmen sich die Mütter einen Anwalt, müssen die Väter bluten. Bearbeiten die Jugendämter den Fall, haben die Erzeuger häufig Glück. Wenn die Mütter das akzeptieren, bringen sie sich übrigens selbst um Geld.

Wieso?

Was viele nicht wissen, ist: Der Unterhaltsvorschuss, den der Staat zahlt, ist geringer als der Unterhalt, den der Ex-Partner eigentlich zahlen müsste. Der Staat zahlt immer nur den um das halbe Kindergeld gekürzten Mindestsatz, bei Kindern bis sechs Jahre sind das monatlich aktuell 150 Euro. Bei einem Nettoeinkommen des Vaters bis 1500 Euro müsste die Mutter für das Kind jedoch 246 Euro bekommen. Eigentlich müssten die Jugendämter die Frauen also dahingehend beraten, dass sie sich einen Anwalt nehmen.