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Wahlskandal Der Schlüssel in Stendals Wahlaffäre

Der Innenausschuss will am Donnerstag Licht in das dunkle Kapitel des bislang größten Wahlskandals in Sachsen-Anhalt bringen.

09.11.2016, 23:01

Magdeburg/Stendal l Wenn am Donnerstag die Mitglieder des Innenausschusses im Landtag zusammenkommen, gibt es beim ersten Tagesordnungspunkt „Verdacht der Wahlfälschung im Landkreis Stendal und der Hansestadt Stendal“ ein Zusammentreffen der besonderen Art. Gleich drei Landeswahlleiter sind für diesen Punkt geladen. Neben der seit November 2014 amtierenden Landeswahlleiterin Christa Dieckmann werden auch ihr Vorgänger, Ex-Innenstaatssekretär Ulf Gundlach (CDU), und dessen Vorgänger, der heutige Finanz-Staatssekretär Klaus Klang (CDU), anwesend sein.

Sie sollen nicht zuletzt eine Frage klären, die in diesem Sommer zum Rücktritt von Landtagspräsident Hardy Peter Güssau (CDU) und zur ersten Krise in Sachsen-Anhalts Kenia-Koalition geführt hatte: Wer hat wie die Wahlleiter vor Ort beraten?

Im Mai 2014 hatte die Stendaler Stadtverwaltung 189 Briefwahlunterlagen an nur zwölf Bevollmächtigte ausgegeben – maxinal vier je Bevollmächtigten waren indes nur erlaubt.

Ein klarer Verstoß gegen die Wahlordnung. Damit waren jeweils mehr als 500 Stimmen für die Stadtrats- und die Kreistagswahl abgegeben worden.

Diese Panne war erst aufgefallen, nachdem die Volksstimme das exorbitant hohe Ergebnis von elf Prozent aller Briefwahlstimmen des CDU-Stadtratskandidaten Holger Gebhardt aufgedeckt hatte.

Klar ist, dass Güssau Klang am 20. Juni am Rande einer Landtagssitzung kontaktierte. Der Ex-Wahlleiter erklärte der Volksstimme, dass Güssau von Gerüchten gesprochen habe, es könnten bei den Vollmachten Unterschriften gefälscht worden sein.

Der Ratschlag des ausgewiesenen Kommunalexperten Klang lautete damals: „Der einfachste Weg ist, die Personen, die Briefwahl beantragt haben, direkt zu kontaktieren.“ Befolgt wurde er nicht. Sonst wäre die Fälschung von rund 140 der Vollmachten nach wenigen Stichproben wohl aufgeflogen.

Güssau hatte im August erklärt, er habe nur „den Kontakt“ mit den Wahlleitern von Landkreis und Stadt, Carsten Wulfänger und Axel Kleefeldt (beide CDU), herstellen wollen.

Was Güssau mit Kleefeldt und Wulfänger besprochen hat, ist der Schlüsselmoment in der Aufarbeitung der Stendaler Wahlaffäre.

Güssau und Kleefeldt haben sich nur ausweichend geäußert. Wulfänger gar nicht. Er reagierte auf Kritik der Kreistagsfraktion Linke/Grüne sogar mit einer Strafanzeige, die abgewiesen wurde. Konkrete Fragen der Volksstimme lässt der Landrat seit Tagen unbeantwortet.

Dieckmann, Gundlach und Klang werden heute kaum Licht in dieses dunkle Kapitel des kommunalpolitischen Umgangs mit dem bislang größten Wahlskandal in Sachsen-Anhalt bringen können.

Das können nur Hardy Peter Güssau, Axel Kleefeldt und Carsten Wulfänger.