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Vorschau Zandvoort: Nordschleife auf Niederländisch

Von Wolfgang André Schmitz 26.07.2007, 09:40

Nach der Hitzeschlacht von Mugello begibt sich die DTM zurück in den verregneten Norden. Doch auch im Trockenen bietet Zandvoort genügend Herausforderungen...

Auf das schweißtreibende Italien-Gastspiel folgt für die DTM die Reise in den kühlen Norden: Milde 20 Grad erwarten die 20 Piloten; die Regenwahrscheinlichkeit liegt zumindest am Samstag bei über 50 Prozent. Doch nicht nur mit Blick auf das Wetter macht Markus Winkelhock Gemeinsamkeiten mit der Eifel aus. "Es geht bergauf und bergab, an manchen Stellen ist es wie eine kleine Nordschleife", bringt der Futurecom-TME-Pilot die Charakteristik der Strecke auf den Punkt.

Nordschleife im Norden

So kann sich die "Tarzanbocht" genannte 180-Grad-Kurve nach Start und Ziel zwar nicht mit dem Caracciola-Karussell des traditionellen Nürburgrings messen. In ihrem Layout ist die Kurve allerdings stilbildend für den gesamten Kurs. "Die Kurven sind teilweise überhöht, weshalb man einen hohen Kurvenspeed fahren kann", weiß Winkelhock, den auch die Berg- und Talfahrt der 4,307 Kilometer langen Strecke an den Eifelkurs erinnert. Herausforderungen bietet nicht nur die nach ihrem Architekten John Hugenholtz benannte Kurve: "Hugenholtz ist so eine Passage, wo es bergauf und bergab geht und zwei ganz schnelle Stellen folgen. Zandvoort hat schon einige Mutkurven."

Zwar wurde der Ende der 40er-Jahre entworfene Kurs in seiner Geschichte immer wieder - zuletzt vor rund zehn Jahren - entschärft. Seine gefürchtete Eigenheit hat sich der Kurs von Zandvoort allerdings über die Jahrzehnte erhalten. "Da der Kurs direkt am Meer liegt, kann es passieren, dass viel Sand auf die Strecke geweht wird und der Asphalt dadurch sehr rutschig wird", erklärt der 27-Jährige, "auch das erschwert das Überholen. Denn es ist fast wie im Regen: Die Ideallinie ist immer \'trocken\' und daneben ist es auf dem Dreck und Sand extrem rutschig." Teamkollegin Vanina Ickx ergänzt: "Fährt man auch nur mit zwei Rädern neben der Linie, glaubt man fast, man hätte einen schleichenden Reifenschaden."

Der mit rund 165 km/h Durchschnittgeschwindigkeit relativ schnelle Kurs verlangt den Fahrern insbesondere im Qualifying alles ab - bedeutet die Pole Position auf dem überholfeindlichen Kurs doch bereits einen gewaltigen Schritt in Richtung Sieg. Ein Triumph, der nach einer perfekten Runde im Zeitfahren durchaus nicht unverdient erscheint: "Im hinteren Bereich der Strecke gibt es mehrere Passagen, bei denen die Linie in einer Kurve gleich die Linie für die nächsten beiden Biegungen mitbestimmt. Ein Fehler am Anfang dieser Sektionen wird dort also mehrfach bestraft", beschreibt Ickx, die 2006 in den Dünen eines ihrer besseren Qualifyings zeigte.

Niederländisches Kräftependel

Eine enge Asphaltbahn, schnelle, aber auch einige winklige Kurven, Kuppen, die den Blick auf die folgende Kurve verhindern: Die von Audi viel beschworene Ähnlichkeit des Dünenlabyrinths mit Mugello ist nicht von der Hand zu weisen, aber nicht unumstritten. "Es gibt nur zwei wirklich schnelle Kurven, die dem Audi entgegenkommen. Die Mercedes werden dort wieder sehr viel besser sein und weiter vorne mitmischen können", versucht Persson-Pilot Alexandros Margaritis, den Optimismus der Ingolstädter zu bremsen. Der Blick in die Statistik gibt dem Griechen Recht: In der Siegbilanz von Audi und Mercedes steht es 3:3.

Dass dem 2007er-Audi dennoch genug Möglichkeiten gegeben sind, seine erwiesenen Stärken beim aerodynamischen Grip auszuspielen, ist ebenso unzweifelhaft wie der Einfluss der Gewichtsverteilung. Erstmals in dieser Saison kommen die Mercedes-Neuwagen in den zweifelhaften Genuss eines bedeutenden Kilo-Nachteils. "Wir reisen mit der 07er-C-Klasse mit 20 Kilogramm Handicap an - umgerechnet fast eine halbe Sekunde pro Runde", rechnet Mercedes-Sportchef Norbert Haug vor, der auch die Gewichtsnachteile der älteren C-Klassen zu bedenken gibt: "Mit dem 06er Modell sind wir gar 25 Kilogramm schwerer und mit der 05er Version 20 Kilogramm. Wir stecken aber garantiert deshalb nicht den Kopf in den Dünensand."

Den Kopf nicht in den Satz "setzen" wollte im vergangenen Jahr auch Christian Abt nach einem mäßigen Qualifying - und auch diesmal gibt es keinen Grund dazu: Die Konkurrenzfähigkeit seines 2006er-A4 bewies im vergangenen Jahr Tom Kristensen mit seinem zweiten Saisonsieg. Auch für den 2005er-Audi gehört Zandvoort zu den präferierten Strecken, obwohl der Sieg vor zwei Jahren an Gary Paffett im heutigen Mercedes-Gebrauchtwagen ging: "Seitdem halte ich den Rundenrekord. An diese Leistung möchte ich anknüpfen."

Letzte Titelchancen für das Mercedes-Nordlicht?

Die Wege Martin Tomczyks und Mika Häkkinens kreuzen sich: Während der Bayer einen beachtlichen Saisonstart hinlegte, um nach zwei Ausfällen von Tabellenplatz eins auf sechs zurückzufallen, holte der Finne erst kürzlich in großen Schritten auf. Mittlerweile liegen beide bei 20 Meisterschaftspunkten - und kämpfen in Zandvoort um ihre vielleicht letzte Chance im Titelkampf. "Nach meinem zweiten Saisonsieg in Mugello ist mein Team motivierter als zuvor, denn wir haben den Abstand zu den Führenden in der Meisterschaft verringert", will Häkkinen die Titelhoffnungen ebenso wenig aufgeben wie Tomczyk, der Speerspitze Mattias Ekström laut Dr. Wolfgang Ullrich weiterhin attackieren darf: "Es ist immer ganz schwierig, nur einen einzigen Kämpfer an der Spitze zu haben und alles auf ihn zu setzen."

Nachdem ihm seine erste Nullrunde seit 17 Rennen einen Rückstand von 6,5 Punkten auf den Meisterschaftsführenden Mattias Ekström eingebracht hat, muss Bernd Schneider auf die Wiederholung seiner Vorjahresleistung hoffen. Weniger als eine Sekunde kam der Saarländer damals hinter Kristensen auf Platz zwei ins Ziel - und verpasste dem Jubel im Lager der Ingolstädter einen Dämpfer. "Wir haben zwar leider nur zwei Pünktchen aufgeholt", zeigte sich der Audi-Sportchef am Ende erstaunt über die starke Konkurrenz aus Stuttgart...