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Robert Weber bei den Europameisterschaften in seinem Heimatland SCM-Flügelflitzer will Handball in Österreich zu mehr Ansehen verhelfen

Von Janette Beck 18.01.2010, 04:52

Magdeburg. Robert Weber ist ganz in seinem Element. Von Müdigkeit keine Spur beim dem bekennenden " Langschläfer ", der sein halbes Leben bisher im Bett verbracht haben will. Und das, obwohl der SCM-Handballer in den bisherigen 18 Saisonspielen im Dauereinsatz war. Mit dem Ball in der Hand flitzt er zum zigsten Mal nach vorn, drückt aufs Tempo, treibt seine Teamkollegen an. Im entscheidenden Moment bekommt der 24-jährige Rechtsaußen den Ball zugespielt, hebt ab und trifft ins Tor. Mit geballter Faust rast er zurück in die Deckung, und weiter geht ‘ s ...

So in Fahrt traf der Österreicher beim Test-Länderspiel des EMGastgebers gegen Deutschland ( Endergebnis : 29 : 30 ) siebenmal ins Schwarze. Damit war er zwar der Top-Torjäger seines Teams und stellte auch seinen Magdeburger Teamkollegen Christoph Theuerkauf ( 0 ) in den Schatten, " aber lieber hätte ich einen Treffer weniger gelandet, und wir hätten dafür das Unentschieden oder gar den Sieg gegen Weltmeister Deutschland gefeiert. Ich glaube, das hätte uns nach dem überraschenden Sieg im November beim Vierländerturnier den entscheidenden Kick in Richtung Heim-EM gegeben. "

Auch wenn es sich der Wahl-Magdeburger für seine Sportart Handball, die in Österreich bislang ein Mauerblümchendasein fristet, doch so von Herzen wünschen würde, die Euphorie vor der EM vom 19. bis 31. Januar hält sich doch eher in Grenzen : " Sicher, die Leute wissen schon, dass wir Gastgeber der EM sind, und ich denke mal, die Spiele der deutschen Gruppe werden wohl auch ausverkauft sein, aber ansonsten geht das Turnier an vielen achtlos vorbei. "

Weber, der bereits als 17-Jähriger sein Nationalmannschaftsdebüt feierte, sieht den geringen Stellenwert des Handballs in seiner Heimat in einem Zusammenhang mit dem sportlichen Erfolg. Der blieb selbst in den Jahren, als Nationalcoach Rainer Osmann das Sagen hatte, aus. So ist Österreich auf der Handball-Karte bislang ein weißer Fleck, " und die Leute wissen natürlich, dass wir eigentlich nur mitmachen, weil wir Gastgeber sind ", schätzt Weber die erstmalige Teilnahme Österreichs an einem großen Turnier richtig ein.

Aber gerade deswegen wollen er und seine Nationalmannschaftskollegen, die sich seit der Übernahme des Teams vor zwei Jahren durch Nationaltrainer Dagur Sigurdsson im Aufwind befinden, " richtig Gas geben und zeigen, dass nicht nur die österreichischen Fußballer, sondern auch die Handballer was drauf haben ", hat Weber längst der Ehrgeiz gepackt. Auch wenn sein Tatendrang zwischenzeitlich etwas gedämpft wurde, denn bei der Auslosung erwischte Österreich eine " Hammergruppe " mit Dänemark, Island und Serbien. " Das sind drei sehr starke Gegner, aber vielleicht gelingt uns ja die eine oder andere Überraschung, schließlich haben wir vor zwei Jahren schon einmal Deutschland bezwungen. Und dass wir, wie zuletzt in Linz, den großen Favoriten Slowenien ein Bein stellen konnten, hat uns sicher auch kaum jemand zugetraut. Unser großes Ziel ist das Erreichen der Hauptrunde. "

" Beim SCM passieren einschneidende Dinge "

Doch auch, wenn er Freundin Lisa und Husky Kojak während der EM-Tage ganz in seiner Nähe hat (" Lisa hat extra ein Hotel ausgesucht, in dem man auch Hunde mitnehmen kann "), so hat Robert Weber auch immer ein Auge auf die Geschehnisse in der Wahl-Heimat Magdeburg. " Ich bleibe natürlich mit den Jungs in telefonischem Kontakt, denn es passieren ja einschneidende Dinge ", reist der Neuzugang, der im Sommer aus Balingen zum SCM kam, mit gemischten Gefühlen zur EM an.

" Es ist nicht gerade der ideale Zeitpunkt, um in der Weltgeschichte herumzutingeln, während zu Hause mit Sven Liesegang ein neuer Trainer das Ruder übernimmt ", hat der zweitbeste Torjäger der Hinrunde ( 87 Treffer ) die Befürchtung, etwas zu verpassen. " Viele aus der Mannschaft kennen Liesegang, ich habe noch nicht mal ein Wort mit ihm gewechselt. Wenn ich dann Ende Januar dazustoße, ist alles neu für mich, das macht es mir den Einstieg bestimmt nicht leicht. "

Ob die Entscheidung des Vereins, Michael Biegler vorzeitig aus seinen im Juni auslaufenden Vertrag zu entlassen, richtig war, könne er " nicht beurteilen, weil ich noch nicht lange genug dabei bin und die Zusammenhänge nicht kenne ". Aber er bedauert Bieglers Abschied sehr. " Er war genau der richtige Trainer für diese Mannschaft. Ich persönlich habe ihm sehr viel zu verdanken, er hat mir den Spaß am Handball, den ich in Balingen unter Rolf Brack verloren hatte, wieder zurückgegeben und mich gelehrt, wie wichtig auch die Deckungsarbeit ist ", meint der Außen.

Doch was auch immer die Rückserie, der neue Trainer oder die Zukunft bringen werden, den Wechsel nach Magdeburg wird Weber sicher nie bereuen : " Es war der richtige Schritt zur richtigen Zeit. Ich glaube, ich habe einen großen Sprung nach vorn gemacht. Die Saison läuft super für mich, und dass ich jetzt schon 87 Tore auf meinem Konto habe, während es in der ganzen Vorsaison 111 waren, bestätigt mich darin. "

Zudem fühle er sich in Magdeburg ausgesprochen wohl. Er habe bei den Spaziergängen mit Hund und Freundin schon viele schöne Ecken entdeckt, beteuert Weber : " Wir haben unser Vorurteil über den Osten Deutschlands und die Stadt sehr schnell korrigieren müssen. Ich finde Magdeburg toll. " Ohnehin brauche er zum Glücklichsein nicht viel : " Ich bin in einfachen Verhältnissen aufgewachsen und ein bodenständiger 0815-Typ ohne große Ansprüche oder Macken – mal abgesehen davon, dass ich eine Schwäche für Sportschuhe habe und sich mittlerweile über 100 Paar angesammelt haben. "

Doch an noch etwas hat der 1, 78 m große Flügelflitzer Marke " Klein, aber oho " inzwischen einen Narren gefressen : " Die Stimmung in der Bördelandhalle ist der Hammer. Es gibt wohl nichts Geileres, als wenn 4000 Fans und mehr auf den Rängen deinen Namen rufen. Davon kann ich einfach nicht genug bekommen. "