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Fußball Gnadenlos bis zur Schlussminute

Die Pflicht mehr als erfüllt haben die Oberliga-Kicker des VfB Germania Halberstadt mit dem 9:0-Sieg gegen Barleben.

Von Florian Bortfeldt 15.04.2017, 01:01

Halberstadt l Etwas Vergleichbares hat es in der jüngeren Vereinsgeschichte – jedenfalls im Herrenbereich – im Halberstädter Friedensstadion noch nicht gegeben. Auch für VfB-Kapitän Benjamin Boltze, der mit seinen 30 Jahren auf eine lange Karriere bei etlichen namhaften mitteldeutschen Fußballclubs zurückblicken kann, war dieses 9:0 ein Novum. „Dass es so ausgeht, damit konnte man nicht rechnen. Wir können uns darüber freuen, am Ende sind es aber auch nur drei Punkte, wenngleich das Torverhältnis vielleicht am Ende der Saison auch entscheidend sein kann. Ich denke, es wird bis zum letzten Spieltag knapp zugehen.“ Boltze wurde nach etwa einer Stunde gemeinsam mit Florian Beil ausgewechselt. „Als Vorsichtsmaßnahme, damit wir nicht noch durch irgendeine dumme Aktion Gelb bekommen“, so der „Chef“ später. Beil und Boltze haben je vier Gelbe Karten und werden als Führungsspieler am Ostermontag im Topspiel gegen Chemie Leipzig (siehe Seite 12) mehr als gebraucht.

Die Germania agierte wie ein Silvesterknaller: Nach kurzem Zündeln ging das Feuerwerk so richtig los. Adli Lachheb, bei Standards immer mit in der Gefahrenzone, wuchtete das Leder nach einer Ecke zur Führung ein (10.). Zwei Minuten später erhöhte Nico Hübner nach einem Sololauf auf 2:0. Offenbar hatten die Barleber aus den Fehlern vom Pokal-Halbfinale vor drei Wochen an gleicher Stelle nicht das Geringste gelernt. Auch da hieß es nach knapp einer Viertelstunde 2:0.

Halberstadt dominierte in allen Belangen, fast jeder Germane durfte mal auf das Tor des Gegners schießen. Trotzdem hätte es in der 25. Minute Elfmeter für den FSV geben können, als Verteidiger Florian Eggert der Ball an die Hand sprang. Es sollte einer der ganz seltenen Momente bleiben, in denen die Gäste bis in den gegnerischen Strafraum kamen. Der pfeilschnelle Dustin Messing, wie Hübner auf der anderen Außenbahn von den Barlebern überhaupt nicht in den Griff zu bekommen, legte noch vor der Pause das 3:0 vor. Vorausgegangen war eine katastrophale Fehlerkette des Tabellen-13.

Das Grauen hatte aus Gästesicht mit dem Halbzeitpfiff noch lange kein Ende, im Gegenteil. Florian Beil erhöhte nach einer Stunde mit seinem neunten Saisontreffer auf 4:0, durfte direkt danach das „Scheibenschießen“ warm eingemummelt von der Bank aus verfolgen.

Germania überließ dem Gegner keinen Zentimeter, drückte und drängte immer nur Richtung FSV-Gehäuse. In einer echten Spiellaune packten die Vorharzer in den folgenden zehn Minuten vier weitere Treffer drauf. Dem Ex-Halberstädter Alex Lenhard im Tor war es zu verdanken, dass es einstellig blieb. Und wer den Schaden hat, der braucht für den Spott bekanntlich nicht zu sorgen, denn auch die VfB-Fans waren jetzt unbarmherzig. Wohl schon in Osterlaune skandierten sie: „Zwei gehen noch rein!“ Es wurde aber „nur“ ein weiterer Treffer. Patrik Twardzik, zuvor schon mit dem 5:0 erfolgreich, sorgte für den 9:0-Schlusspunkt (89.).

Auch wenn auf Barleber Seite einige wichtige Akteure verletzt fehlten und der Gastgeber sicherlich in einem wahren Rausch agierte, auf einem Zeugnis für diese Leistung hätte gestanden: Ungenügend, nicht bestanden. Der FSV scheiterte an den einfachsten Dingen, auf die es im Fußball ankommt. Es sprach Bände, dass der 1,71 m kleine (große) Nico Hübner mehrfach die Kopfball-Duelle gegen die deutlich größeren FSV-Verteidiger Alexander Prinz und David Spitzer für sich entschied. Mehr als drei Anspielstationen bei Ballbesitz waren bei den Gästen nicht möglich, Einwürfe über zwei, drei Meter landeten beim Gegenspieler. Gästekapitän Denny Piele, bis vor knapp zwei Jahren in Diensten der Germania, attestierte seiner Elf folglich eine desolate Leistung: „Wir hatten uns definitiv etwas anderes vorgenommen. Wenn die Tore aber wieder so doof fallen, kann man nichts machen. Es fehlte die Moral, um den Schalter noch mal umlegen zu können, anders als im Pokalspiel. In der zweiten Halbzeit fallen die Tore viel zu schnell. Die fünf Treffer in 14 Minuten waren der Genickbruch für unsere junge Mannschaft. Sich so abschlachten zu lassen ist extrem demotivierend, erst Recht wenn man an die nächsten schweren Aufgaben denkt. Wir stecken richtig tief im Abstiegskampf.“ Angesprochen auf die vielen Gegentore meinte er: „Niemand will in Summe so hoch verlieren. Wir waren noch gut bedient. Das Torverhältnis kann eine Rolle spielen. Sechs Gegentore in der zweiten Halbzeit – das war absolut unterirdisch von der ganzen Mannschaft.“

VfB-Trainer Andreas Petersen zum Spektakel: „Anders als im Pokalspiel gegen den FSV haben wir es diesmal über 90 Minuten gut gemacht. Wir waren von der ersten bis zur letzten Sekunde dran. Es hätten gut und gerne auch 14 Treffer sein können. Wir wollten mit Blick auf Montag in Vorleistung gehen, das ist gelungen.“

 

VfB Germania Halberstadt: Guderitz - Eggert, Lachheb, Blume, Messing, Hübner (72. Michel), Baloki, Boltze (65. Schlegel), Wedemann, Twardzik, Messing, Beil (65. Oschmann);

FSV Barleben 1911: Lenhard - Paulik, Prinz, Neumann (65. Kolzenburg), Göres, Behling, Brix, Ahlemann, Piele, David Spitzer, Kalkutschke;

Torfolge: 1:0 Adli Lachheb (10.), 2:0 Nico Hübner (12.), 3:0 Dustin Messing (41.), 4:0 Florian Beil (65.), 5:0 Patrik Twardzik (69.), 6:0 Nico Hübner (71.), 7:0 Pascal Wedemann (74.), 8:0 Patrik Schlegel (79.), 9:0 Patrik Twardzik (89.); Schiedsrichter: Marcel Rauner (Niederpölln); Zuschauer: 370.