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Handball Glinde macht den Partycrasher

Mit dem 31:27 bei Lok Schönebeck verhindert der Glinder HV Eintracht in der Verbandsliga den vorzeitigen Aufstieg des Rivalen.

Von Enrico Joo 09.04.2017, 23:01

Schönebeck l Die einfache Holzbank, die eigentlich eine Sitzgelegenheit für die Auswechselspieler ist, war außergewöhnlichen Belastungen ausgesetzt. Da sprangen die Spieler vom Glinder HV Eintracht eine Minute vor dem Abpfiff im Verbandsliga-Derby bei Lok Schönebeck am Sonnabend auf der Bank immer wieder hoch und runter und riefen: „Derbysieger, Derbysieger, hey, hey“ in die proppevollen Franz-Vollbring-Halle.

Nichts wurde es mit dem vorzeitigen Aufstieg der SG Lok. Die Glinder feierten beim 31:27 (16:10)-Erfolg in Schönebeck den dritten Derbysieg in Folge und vermiesten den Gastgebern damit die Aufstiegsfeier, weil die HSG Osterburg parallel gegen den Magdeburger SV 90 mit 31:21 gewann und nun zwei Spieltage vor dem Saisonende nur noch drei Punkte hinter der Lok steht.

Dabei war alles auf Sieg und Aufstieg bei den Schönebeckern eingestellt. Die Fans hatten vor der Partie beim Einlaufen der Spieler ein großes Transparent entrollt: „Eins ist klar: Die SG Lok ist im Aufstiegsjahr“, stand da. Ob das zusätzlichen Druck gemacht hat? Schwer zu sagen. Jedenfalls kamen die Schönebecker, die vorher zwölf Siege in Folge gefeiert hatten, ganz schwer in die Gänge. Zwar hielt die Lok in der ersten Halbzeit die Partie bis zum 8:8 durch Toni Warschkau (16. Minute) noch offen, doch schon da gab Glinde den Derbyton an, ging immer wieder mit ein oder zwei Toren in Führung.

Und spätestens beim 13:9 für Glinde durch Max Kreyenberg (24.) war klar: Das wird eine knallharte Aufgabe für die Lok. Was auffiel: Besonders durch Siebenmeter kam Glinde zu einfachen Toren. Elf Siebenmeter bekam der GHV zugesprochen, neun verwandelte er. Lok bekam nur sechs Strafwürfe. Woran das lag? Vielleicht an der Glinder Cleverness? Lok-Trainer Henning Stapf schimpfte: „Die Schiedsrichter waren eine Katastrophe, das geht gar nicht“, meckerte er. „Das ist eine Frechheit. Die Glinder sind permanent mit der Schulter zuerst in den Mann.“ Was er sagen will: Die Glinder wollten die Siebenmeter schinden und die Schiedsrichter fielen darauf herein.

Freilich ist das aber nur die eine Seite der Medaille bei den Erklärungsversuchen. Glindes Trainer Hannes Krausholz jedenfalls sah den springenden Punkt nicht vorn, sondern hinten. „Unsere Abwehr war entscheidend. Die hat ein Mörderspiel gemacht. Und in der ersten Halbzeit hatten wir einen überragenden Torwart.“ Florin Schneider entnervte Lok immer wieder und schaltete dann blitzschnell. So gelangen Glinde viele schnelle Tore. Zweimal kurz hintereinander kam Ende der ersten Halbzeit zum Beispiel Schneiders langer Ball über 25 Meter punktgenau an. Julian Bauer bedankte sich zweimal und erhöhte auf 16:10 zur Halbzeit. „Die Deckung stand nicht gut, dazu haben wir die Konter nicht verhindert“, meinte Stapf nur.

So ging es auch nach dem Seitenwechsel weiter. Ballgewinne in der Glinder Abwehr, schneller Wurf nach vorn: Tor. So führte die Eintracht 19:10 in der 35. und 22:12 in der 40. Minute. Lok drohte ein Debakel. Doch Taktikfuchs Stapf wühlte nun in der Kiste und fand das richtige Mittel. Mit der doppelten Manndeckung von Mario Meißner gegen Julian Bauer und Denny Schulz gegen Michael Kreyenberg nahm Lok die gefährlichsten Glinder aus dem Spiel und kämpfte sich heran. „Das hatte ich spontan entschieden“, sagte Stapf nach dem Spiel.

Jetzt waren es die Schönebecker, denen einfache Ballgewinne und schnelle Tore gelangen. Beim 22:24 aus Lok-Sicht durch Martin Schröder waren die Schönebecker auf einmal wieder auf zwei Tore heran (50.). „Das ist positiv. Wir haben uns zurückgekämpft“, sagte Stapf. Die Halle tobte, doch Glinde blieb cool. Wieder bekamen die Gäste viele Siebenmeter zugesprochen. Glindes Keeper Sebastian Weiss, der jetzt im Spiel war, setzte zudem die gute Arbeit von Schneider fort und hielt wichtige Bälle gegen Schröder und Mario Meißner (57. und 58. Minute). So war der Auswärtssieg am Ende ungefährdet für Glinde.

Krausholz war natürlich überglücklich. „Wir haben Lok jetzt zweimal in der Saison geschlagen, das ist sonst niemanden gelungen. Das ist Balsam für unsere Seele und war für uns ein Ansporn.“ Er lobte dann vor allem auch Michael und Max Kreyenberg. „Die beiden Ur-Glinder sind unersetzlich und das Herz der Mannschaft.“

Stapf hingegen haderte. „Das waren zu viele Leistungsausfälle bei uns“, sagte er. War der Druck zu hoch? „Die Mannschaft kann eigentlich damit umgehen. Das hat sie gegen Güsen, Osterburg, den MSV und TuS Magdeburg gezeigt. Diesmal ist es aber nicht gelungen, diesen Druck zu nehmen. Aber die Welt geht nicht unter. Ich bin immer noch zuversichtlich. Morgen geht die Sonne wieder auf und dann schauen wir weiter.“ Es war nur der erste Matchball, der vergeben wurde zum Aufstieg. Zwei weitere hat Schönebeck noch.

Schönebeck: Knörich, Weidner – Roost (2), Jan Bauer (3), Warschkau (3), Kazmierowski (3), Riedel (2), Meißner (4/1), Mattisseck, Schröder (5), Schulz, Krause (1/1), Ernst (4)

Glinde: Schneider, Weiss – Julian Bauer (7/2), Ebel, Rockmann (2), Max Kreyenberg (3), Kowaczek (1), Kralik (1), Deumeland (2), Recker (3), Michael Kreyenberg (10/7), Herrmann (1), Schmelzer (1), Martin Kreyenberg

Siebenmeter: Schönebeck 6/2 – Glinde 11/9; Zeitstrafen: Schönebeck 1 – Glinde 2