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Handball Neue Ära mit Sprücheklopfer Pysall?

Mit Peter Pysall hat der Glinder HV "Eintracht" aus der Verbandsliga einen Mann mit Erstliga-Erfahrung als Trainer bekommen.

Von Enrico Joo 12.07.2017, 23:01

Glinde l Peter Pysall war zwar für das Erste wegen seiner Hüfte noch krank geschrieben und nur ein unbeteiligter Beobachter am Rande der Elbe-Sporthalle in Glinde, aber ganz an sich halten konnte er nicht. „Nicht nur zugucken, wie bunt die Welt ist“, rief er und schüttelte ein bisschen mit dem Kopf.

Vor ihm auf der Platte hatten die Handballer vom Glinder HV „Eintracht“ aus der Verbandsliga ein nur scheinbar lockeres Training. Die Vorstellung des neuen Trainers Pysall stand an und im Zuge der Präsentation warfen die Glinder auch ein paar Bälle, die Pysall, noch nicht mal offiziell im Amt, kritisch unter die Lupe nahm. „Nicht wie der Oberkellner im Dom-Café werfen“, sagte er dann auch noch und gab damit ein deutliches Zeichen. Das Motto unter Pysall könnte ab sofort lauten: Hart, aber herzlich.

Mit dem 57-jährigen Pysall ist den Glindern auf der Trainerbank ein kleiner Transfercoup gelungen. Als Spieler machte Pysall 155 Länderspiele in der DDR-Auswahl, holte mit dem SC Magdeburg mehrere Meistertitel, dazu den Europapokal der Landesmeister. Als Trainer war er dann später unter anderem in der ersten Liga bei Bayer Dormagen und Post Schwerin aktiv. Seine letzte Station als Profitrainer war beim HC Elbflorenz in Dresden in Liga drei bis Ende 2015. Pysall weiß, wie er Handballer anpacken muss.

Ende Mai hatte der GHV in Form von Norbert Langoff, Vorstandsmitglied bei der „Eintracht“, erstmals Kontakt zu Pysall aufgenommen. Die beiden kannten sich schon von früher. Und Langoff hatte eine Idee, um Pysall nach Glinde zu holen. Hauptamtlicher Trainer? Das ist natürlich nicht drin. Aber über einen Job bei der Lothar Kannenberg Akademie, die sich um die Integration von Jugendlichen kümmert, lockte er den einstigen Profitrainer nach Glinde.

Denn in dem kleinen Ort an der Elbe gibt es einen Standort der Akademie. Dort wird Pysall, der in Magdeburg wohnt, ab dem 1. August arbeiten. Pysall stellt klar: „Das hat Priorität. Es geht nicht nur um den Handball, das ist ein Hobby.“ Tagsüber wird er Ämter abfahren, die Jugendlichen von A nach B bringen und dafür sorgen, dass der orientierungslos gewordene Nachwuchs wieder in die richtigen Bahnen gelenkt wird. Und abends trainiert er dann die Glinder Feierabend-Handballer. Das ist der schöne Nebeneffekt für den GHV.

Trotzdem wird Pysall auch Zeit haben, um die „Eintracht“ auf Vordermann zu bringen. Die gleichen Maßstäbe wie im Profi-Handball kann er natürlich nicht ansetzen. „Wir müssen einen Mittelweg finden“, sagt er. Klar ist: Ein rauerer Ton wird Einzug halten. „Ich bilde mir ein, sehr geradlinig zu sein“, so Pysall. Auf der Nase herumtanzen, so viel ist auch klar, lässt er sich nicht.

Was der neue Trainer mit Glinde macht, lässt sich freilich noch nicht sagen. „Als die Spieler erfahren haben, wer der neue Trainer ist, ging ein Raunen durch die Mannschaft. Die Erwartungshaltung ist riesig“, sagt Langoff. „Die Spieler sind stolz, unter so einem Trainer spielen zu dürfen. Ich denke, dass ein Ruck durch die Mannschaft gehen wird.“

Der Ruf des harten Hundes, der Pysall vorauseilt, soll dabei helfen, Glinde im vierten Jahr in der Verbandsliga endlich wieder eine Etage nach oben in die Sachsen-Anhalt-Liga zu befördern. Oder? Ganz so weit will sich Langoff nicht aus dem Fenster lehnen. Aber: „Das Ziel muss sein, den dritten Platz aus dem Vorjahr zu wiederholen.“ Wird es mehr als das, wird sich der GHV nicht dagegen wehren. Das Potenzial dafür ist da, da sind sich alle einig. Und der Kader bleibt ja im Großen und Ganzen zusammen.

Scharfer Start ist dann ab dem 1. August. Dann tritt Pysall seine Arbeitsstelle in Glinde an. Und auch das Kennenlernen der Spieler von außen wird dann vorbei sein. Pysall freut sich schon. Und halbe Sachen wird es mit ihm auch in der Verbandsliga nicht geben. „Ich lebe den Sport“, sagt er. „Ich will Erfolg haben, aber nicht mit Pauken und Trompeten.“ Behutsam, aber zielgerichtet zum Erfolg, so könnte man das vielleicht umschreiben. Vielleicht ist Peter Pysall genau der Typ, den Glinde gebraucht hat. Professionelles Arbeiten an der Seitenline, schnellerer Erfolg? Ab dem 26. August muss die „Eintracht“ liefern. Dann steht mit einem Heimspiel gegen den TuS 1860 Magdeburg-Neustadt das erste Saisonspiel an.

Die Fans dürfen sich auf Sprücheklopfer Pysall freuen und sicher auf eine taktisch und konditionell runderneuerte Mannschaft.