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Rodeln Geweint vor Glück

Der Ilsenburger Toni Eggert und Doppelsitzer-Partner Sascha Benecken sind zum dritten Mal bei einer Rennrodel-WM auf Platz zwei gerauscht.

Von Daniel Hübner 01.02.2016, 00:01

Königssee/Magdeburg l Toni Eggert konnte seine Tränen nicht mehr verbergen. Zudem bebten seine Lippen, als sich der Ilsenburger zum Silbergewinn nach dem Doppelsitzer-Rennen am Sonnabend bei der WM in Königssee vor der TV-Kamera äußerte. Er sagte: „Wir haben das Maximum rausgeholt, mehr ging nicht.“ Es gewannen die Konkurrenten aus dem eigenen Lager. Tobias Wendl/Tobias Arlt fuhren in ihrem Heimkanal einen phänomenalen ersten Durchgang mit Bahnrekord bei zwei Läufen. 0,611 Sekunden betrug letztlich ihr Vorsprung auf Eggert/Benecken. Es war der vierte WM-Titel für den „Bayern-Express“, der bereits das Sprintrennen am Freitag gewonnen hatte.

Genau dieser Freitag, genau dieser Sprint hatte den Erfolgsdruck auf Eggert/Benecken immens erhöht. Der Perfektionist Eggert und sein Sozius wurden als Zweite disqualifiziert, weil ihr Schlitten 200 Gramm mehr als das zugelassene Gewicht auf die Waage gebracht hatte. „Silber ist heute Gold wert“, sagte der 25-jährige Benecken deshalb tags darauf bei der Siegerehrung.

Zum dritten Mal ist das Duo bei einer WM auf Rang zwei gefahren, zum ersten Mal nach 2013 in Whistler (Kanada). „Das ist ein unfassbar emotionaler Moment“, so Benecken. „Das war für uns das schwerste Rennen unserer Karriere überhaupt.“ Jens Eggert, Tonis Onkel und Chef des Rodel- und Bobsportverbandes Sachsen-Anhalt, der mit einer 30-köpfigen Fangemeinschaft nach Königssee gereist war, erklärte: „Nach dem Freitagsdrama war der Jubel natürlich groß, so ein Fehler greift die Psyche an, da kann man die ganze Nacht nicht schlafen.“ Und dann darf man auch vor Glück weinen.

Klar ist aber auch, dass „die beiden ,Tobis‘ einen Materialvorsprung haben“, gestand der 27-jährige Eggert. Denn allein mit fahrerischem Können sei der große Vorsprung des Siegers nicht zu erklären. „Deshalb müssen auch wir im Sommer weiter hart arbeiten.“

Diesen Vorteil haben aber nicht nur Wendl/Arlt, sondern alle bayerischen Rodler. Auch Natalie Geisenberger fand am Sonnabend neben der besten Linie die besten Kufen und wurde zum dritten Mal Weltmeisterin. „Eine Heim-WM zu gewinnen, ist das zweitbeste Gefühl nach dem Olympiasieg“, sagte die Sotschi-Gewinnerin von 2014. Felix Loch holte sich am Sonntag sogar den fünften Titel, bevor auch die Teamstaffel das insgesamt sechste deutsche Gold in den sieben WM-Wettbewerben gewann.

Tatjana Hüfner, die sich nach ihrem Achillessehnenriss im Juli zurückgekämpft und zuletzt den Weltcup in Oberhof gewonnen hatte, wurde indes Vierte. Um eine Tausendstel verpasste die 32-Jährige am Sonnabend Edelmetall. „Das ist natürlich sehr ärgerlich“, sagte Jens Eggert. Kopfschüttelnd war die Blankenburgerin nach dem zweiten Lauf vom Schlitten gestiegen. Ein Fehler im 1242 Meter langen Kanal hatte sie die Medaille gekostet.