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Fußball Härtel: "Es gibt nicht nur einen Grund"

Mit dem vierten Tabellenplatz in der 3. Liga und dem Landespokalsieg blickt der 1. FC Magdeburg eigentlich auf eine gute Saison zurück.

28.05.2017, 23:01

Magdeburg l FCM-Trainer Jens Härtel (47) sprach mit Volksstimme-Redakteur Manuel Holscher über vergebene Chancen, den Abgang von Leopold Zingerle und wie brutal eine Relegation sein kann.

Herr Härtel, der FCM hat den Landespokal gewonnen und zuvor in der 3. Liga den vierten Platz belegt. Mit welchem Gefühl fahren Sie jetzt in den Urlaub?

Jens Härtel: Es ist schon gut, dass wir aus den letzten zwei Spielen positiv rausgegangen sind. Trotzdem haben wir alle auch gemischte Gefühle. Wir wissen, dass mehr dringewesen wäre, wenn wir in der einen oder anderen Situation etwas wacher gewesen wären. So müssen wir jetzt aber zugucken, während Regensburg in der Relegation antritt. Vor der Saison hätten wir den vierten Platz sicherlich genommen. Im Nachgang, wie es jetzt gelaufen ist, ist aber eine gewisse Enttäuschung dabei.

Schauen Sie die Relegation zwischen Regensburg und dem TSV 1860 München? Oder tun Sie sich das nicht an?

Das schaue ich mir schon an. Es ist spannend zu sehen, wie sich der Drittligist gegen den Zweitligisten schlägt. Das ist schon Pflicht für einen Trainer.

Dann haben Sie sich wahrscheinlich auch das Relegations-Hinspiel zwischen Wolfsburg und Braunschweig angeschaut. Wie haben Sie die Situation gesehen, die zum Handelfmeter führte?

Ich habe Verständnis für Torsten Lieberknecht, der gesagt hat, dass durch eine solche Entscheidung eine ganze Saison kaputtgemacht werden kann. Ich würde es gut finden, wenn der Verlierer der Relegation zumindest noch eine gewisse Summe bekommt, damit man den Schmerz etwas abfedert. Die Relegation wird schließlich auch groß vermarktet. Da wäre es nur fair, wenn die Vereine davon auch etwas hätten.

Der FCM verpasste am Ende den Relegationsplatz. Welche Gründe haben Sie ausgemacht?

Es gibt nicht nur einen Grund. Zum einen haben wir in der Rückrunde durch individuelle Fehler einige Gegentore nach Standardsituationen kassiert. Auf der anderen Seite hatten wir, wenn wir wie in Chemnitz einen Gegentreffer bekommen haben, noch einige Gelegenheiten, noch mal zu treffen. Das ist uns aber leider nicht gelungen. Es fehlten einfach die Momente, in denen wir kurz vor Schluss zurückschlagen konnten. Holstein Kiel und Duisburg hatten dagegen solche Momente. Dazu kommen noch unglückliche Szenen wie beispielsweise das Eigentor von Christian Beck in Paderborn. So etwas sieht man auch nicht alle Tage. Außerdem hatten wir einige Verletzte und manche Spieler haben ihre Topform nicht erreicht.

Im letzten Heimspiel überzeugte der Club beim 2:0 gegen Lotte. Warum hakte es in den Wochen davor?

Wenn wir das abschließend wüssten, dann wären wir schon einen Schritt weiter. Es gibt auch da mehrere Gründe. Es gab das Spiel gegen Großaspach (2:1), in dem wir sehr gut gespielt haben. In Halle haben wir dagegen in der ersten Halbzeit gar nicht stattgefunden, uns dann aber nach der Pause gesteigert. Diese Partie hätten wir fast noch gewonnen, am Ende ist es aber auch dort beim 1:1 geblieben. Es gilt immer, die richtige Balance zwischen Biss und Lockerheit zu finden. Die hatten wir in Halle, in Aalen und gegen den FSV Frankfurt nicht.

Lag Ihnen die Rolle als Gejagter nicht?

Das stimmt, das ist Fakt. In dem Moment, als wir gegen Lotte wieder Jäger waren, funktionierte es besser. Der Druck war gegen Lotte auch enorm, weil wir unbedingt gewinnen mussten. Es gab aber trotzdem eine gewisse Trotzreaktion und die Jungs haben eine gute Leistung auf den Rasen gebracht.

Ist es für die kommende Saison die Hauptaufgabe, diese Balance besser hinzubekommen?

In erster Linie geht es darum, sich wieder in die Ausgangsposition zu bringen, um oben mitspielen zu können. Dafür brauchen wir die notwendigen Punkte. Wenn wir dann wieder in dieser Situation sein sollten, dann sollten wir die richtigen Schlüsse ziehen. Bevor aber die Punkte nicht geholt wurden, sollten wir nicht große Sprüche klopfen, nur weil wir zweimal in Folge Vierter waren. Auch wenn das Umfeld, die Fans und auch die Medien das vielleicht etwas anders sehen.

In der Rückrunde wurden häufig Führungen verspielt. Wie erklären Sie sich das?

Die ersten ein-, zweimal nimmt man solche Situationen noch hin. Wenn das aber häufiger passiert, fängt man an zu überlegen. Das Selbstverständnis, nach der Führung nachzulegen, fehlte gerade in der Rückrunde in einigen Partien.

In der Vorrunde hatte der FCM zwei Siegesserien. Das ist dem Team in der Rückrunde nicht mehr gelungen.

Wir hatten in der Hinrunde gerade vor der Winterpause zum Beispiel in Großaspach und auch gegen Halle ein bisschen Glück. Nach drei Siegen kam dann aber ein gewisses Selbstverständnis und die Mannschaft ist in den Partien gegen Aalen und in Lotte mit viel Selbstvertrauen aufgetreten. Diese drei Siege am Stück als Grundlage haben uns in der Rückrunde gefehlt. Man kann viele Motivationsvideos zeigen, die Jungs müssen es aber auf dem Rasen erleben.

Warum haben die Standardsituationen in der Rückrunde nicht so gut funktioniert?

Das haben wir in der Analyse schon festgestellt. Uns fehlen etwa fünf Tore nach Standardsituationen. Wir haben keinen direkten Freistoß verwandelt. Auch wenn uns ein paar Treffer nach Standards gelungen sind, hätten es noch mehr sein können. Das ist ein Punkt und dann summieren sich die Dinge. Es war am Ende zu wenig, um mehr zu erreichen.

Achten Sie bei den Neuzugängen darauf, dass auch Spieler dabei sind, die Nico Hammann, der vor allem für Standards verantwortlich ist, entlasten können?

Das wäre wünschenswert, wenn Neuzugänge dieses Profil erfüllen, ist aber nicht so einfach. Ich habe immer wieder gesagt, dass wir Alternativen brauchen, wenn es um den ruhenden Ball geht.

Mit Steffen Puttkammer, Jan Löhmannsröben, Ahmed Waseem Razeek, Lukas Novy, Leopold Zingerle, Niklas Brandt, Moritz Sprenger und Piotr Cwielong wurden acht Spieler verabschiedet. Warum hat es für Sie nicht mehr gereicht?

Bei einigen Spielern wollte der Verein nicht mehr verlängern, bei anderen gab es dagegen unterschiedliche finanzielle Vorstellungen.

Leopold Zingerle sagte im Volksstimme-Interview, dass Sie ihn gerne gehalten hätten. Warum haben Sie sich nicht durchgesetzt?

Ich bin Angestellter des Vereins, es kann ja theoretisch sein, dass ich in zehn oder 15 Wochen nicht mehr da bin. Am Ende entscheidet der Verein. Ich sage meine Meinung, gebe meine Einschätzung. Manchmal kann man sich durchsetzen, manchmal eben nicht.

Wie sehr bedauern Sie seinen Abgang?

Er war zuletzt ein guter Rückhalt und hatte tolle Paraden im Pokal und auch gegen Lotte. Ich war zufrieden, er hat das gehalten, was er halten musste plus einige Bälle, die man nicht unbedingt halten muss.

Der FCM hat am Sonntag vier Neuzugänge bekanntgegeben. Was muss ein Spieler mitbringen, um für den FCM interessant zu sein?

Die Spieler sollten möglichst besser sein als die, die wir abgegeben haben. Da hängt die Latte schon relativ hoch. Sie müssen die Leidenschaft mitbringen, voll mitarbeiten zu wollen, sollten robust und aktiv sein. Es geht zum einen darum, Bälle zu gewinnen und im nächsten Schritt, noch etwas mehr damit anzufangen.

Wie viele Spieler soll der Kader 2017/18 umfassen?

Zuletzt hatten wir 25 bis 26 Spieler im Kader. Das hat sich bewährt, warum sollten wir es ändern. Es wird ein Mix aus erfahrenen und jüngeren Spielern. Wir müssen aber natürlich auch an die U-23-Regel denken.

Sie haben Ihren Vertrag um ein Jahr verlängert. Wann sehen wir Sie als Trainer in der 2. Bundesliga oder höher?

Ein Karriereplan ist für einen Trainer schwierig. Es kann sehr schnell gehen. Die Verlängerung um ein Jahr ist für alle Seiten fair, weil der Verein und auch ich gucken können, wie es sich entwickelt. Wenn es gut passt, können wir auch wieder verlängern.

Weitere Infos und Videos zum FCM finden Sie hier