1. Startseite
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Stadtplaner: "Nord ist in der jetzigen Dimension nicht zukunftssicher"

Stadt und Wohnungsunternehmen verhandeln über Quartiersvereinbarung für Kannenstieg und Neustädter See Stadtplaner: "Nord ist in der jetzigen Dimension nicht zukunftssicher"

07.01.2011, 04:24

Das Wohngebiet Magdeburg-Nord mit Kannenstieg und Neustädter See ist "weder in der jetzigen Dimension, noch in allen Lagen zukunftssicher". Zu dieser Einschätzung kommen Stadtplaner in einem bisher nicht veröffentlichten Strategiepapier (liegt der Volksstimme vor), über das die Stadt bereits mit Wohnungsunternehmen beraten hat. Überalterung und eine weiter schrumpfende Bewohnerschaft sind die Gründe. Stadt und Vermieter verhandeln über eine Quartiersvereinbarung, um gemeinsam gegenzusteuern.

Kannenstieg/Neustädter See. Einst war Nord geplant worden, um die Wohnungsnot zu lindern. Nun droht mehr und mehr Wohnungsleerstand.

Laut der Bevölkerungsprognose des Amtes für Statistik wird die Einwohnerzahl in Magdeburg-Nord (Kannenstieg und Neustädter See zusammen) von derzeit rund 16 500 bis zum Jahr 2023 weiter sinken – auf rund 14 450.

Und: Einem prognostizierten Bedarf von nur noch 9150 Wohnungen in Nord im Jahr 2023 steht in der Vorausschau ein Angebot von immer noch rund 10 000 Wohnungen entgegen. Ein Überangebot wäre also die Folge, würden die Unternehmen den Wohnraum bis dahin nicht weiter reduzieren.

Quartiersvereinbarung soll Klarheit schaffen

Die Stadtplaner legten den Vermietern in ihrem Strategiepapier entsprechend dar: "Folgt die Entwicklung dem aktuellen Trend und würden alle aktuellen Vorhaben zur Bestandsreduzierung umgesetzt, ergäbe sich im Jahr 2023 in Nord ein struktureller Überhang von 850 Wohnungen."

Neben ohnehin geplanten oder schon realisierten Abrissen dürfte also weiterer Rückbau von nicht mehr benötigtem Wohnraum angesagt sein. Wie in diesem Jahr Im Brunnenhof geschehen und zuvor schon an der Ziolkowskistraße (16-Geschosser). Für die Zukunft soll ein mit allen Akteuren abgestimmtes Konzept entwickelt und in einer Quartiersvereinbarung fixiert werden.

Vorbilder sind Neu-Olvenstedt und Neu-Reform. Für beide DDR-Großssiedlungen schlossen Kommune, Städtische Werke, Verkehrsbetriebe und Vermieter bereits entsprechende Verträge.

Die konkreten Maßnahmen werden fortlaufend an die tatsächliche Entwicklung angepasst und alle Vorhaben im Internet sowie auf Stadtteilforen öffentlich gemacht. Die Quartiersvereinbarung ist nicht zuletzt Basis für Anträge auf Geld aus Förderprogrammen wie "Stadtumbau Ost".

"Nord bleibt wichtiger Wohnstandort"

Nach diesem Muster könnte im Idealfall auch Nord "gesundschrumpfen". Vertreter der Wohnungswirtschaft machten schon mehrfach auf öffentlichen Foren in Nord deutlich, dass sie auch für Kannenstieg und Neustädter See gern eine Quartiersvereinbarung abschließen möchten. Darin müsste sich auch die Stadtverwaltung zu konkreten Investitionen bekennen. In den nächsten Monaten soll es konkret werden.

Und das ist aus Sicht der Stadtplaner auch dringend notwendig. Denn: "Nord ist weder in der jetzigen Dimension, noch in allen Lagen zukunftssicher", so der beauftragte Planer Stephan Westermann.

Als Schwächen werden aufgeführt:

- In Nord existiert eine Vielzahl uniformer Wohnungen

- Die Schließung des Nordeingangs hebt die Lagegunst durch den Zoo auf

- Nord ist hochgradig überaltert (zweithöchste Altersquotienten nach Reform: (60,8); Kannenstieg 51,5; Neustädter See 55,2; Gesamtstadt: 37,3).

Das Papier zählt ebenso die Stärken auf:

- Durch die Lage am Seeufer ergeben sich für Magdeburg einmalige Wohnlagen

- Nord verfügt über eine herausragende Infrastruktur

- Der hohe Anteil an Vielgeschossern erfüllt eine Grundanforderung an altengerechten Wohnraum

- Akzeptierter Wohnstandort: bisher geringer Leerstand, geringe Fluktuation.

Unter dem Strich zeigt sich Planer Westermann optimistisch und schreibt: "Nord bleibt auch langfristig ein wesentlicher Standort des Magdeburger Wohnungsmarktes."

Magdeburg-Nord war ab 1973 auf früherem Ackerland westlich des Kiessees gebaut worden. Damit entstand dringend benötigter Wohnraum. Bis 1983 wurden hier über das DDR-Wohnungsbauprogramm mehr als 11 000 Neubauwohnungen geschaffen.