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Fragen an Stadtmanager und Pro M-Geschäftsführer Georg Bandarau über Marketing nach "innen" und "außen" "Zur ,Ottostadt‘ ist es ein langer Weg – aber es ist richtig, dass wir ihn gehen"

25.02.2011, 04:29

Der Stadtmarketingverein Pro M hat mit derzeit 230 Mitgliedern den höchsten Zuspruch seit der Vereinsgründung 2002. Über die Vermarktung der Stadt nach innen sprach Volksstimme-Redakteur Rainer Schweingel mit Pro M-Geschäftsführer Georg Bandarau:

Volksstimme: Worauf konzentriert sich der Stadtmarketingverein 2011?

Georg Bandarau: Nach wie vor geht es darum aufzuzeigen, dass sich Magdeburg entwickelt und man hier alles findet, was man zum Leben braucht. 2011 unterstützen wir besonders das Jahr der Jugend.

Wir wollen mithelfen zu zeigen, dass sich hier junge Leute wohlfühlen, dass sie Verantwortung übernehmen, kreativ sind und sich einbringen. In einer Kampagne im Sommer werden wir beispielhaft 50 junge Leute vorstellen, die in diese Kategorie fallen. Da wird es einige Überraschungen geben, weil bisher auch viel im Verborgenen passiert.

"Wir zeigen Menschen als Mutmacher"

Volksstimme: Kritiker werfen Ihnen vor, die Kampagnen seien reiner Aktionismus und bringen gar nichts. Was sagen Sie?

Georg Bandarau: Das sehe ich anders. Es gibt in dieser Stadt so viele aktive Menschen, die sich in ganz unterschiedlichen Bereichen einbringen. Da halte ich es nur für geboten, dass man diese Menschen auch mal ins Licht der Öffentlichkeit stellt – um sie zu würdigen, aber auch als Mutmacher für andere.

Im Übrigen haben unsere bisherigen Kampagnen – obwohl nicht beabsichtigt – auch nach außen ihre Wirkung nicht verfehlt. Die Kampagne mit den Wissenschaftlern wurde beispielsweise vom Stifterverband für die deutsche Wissenschaft aufmerksam verfolgt. Die Kampagne "Starke Frauen" durften wir schon mehrfach auf Kongressen vorstellen. Hauptziel ist aber, Magdeburgern vor Augen zu führen, was es alles in ihrer Stadt an positiver Entwicklung und engagierten Köpfen gibt.

Volksstimme: Was hält der Stadtmarketingverein von der "Otto"-Kampagne?

Georg Bandarau: Wir finden sie gut, auch wenn noch nicht alles klappt. Wenn man sich eine Dachmarke gibt, dann muss sie unverwechselbar sein, aufhorchen lassen, auch provokant sein. Sonst verfehlt sie ihre Wirkung. Mit der "Ottostadt" ist das schon ganz gut gelungen. 2008 kannten 1,5 Prozent der Einwohner "Magdeburg überrascht", 15 Prozent "Magdeburg steht früher auf" – eine Dachmarke, die es so gar nicht gibt. "Ottostadt" liegt jetzt – erst ein Jahr nach dem Start – schon bei über 50 Prozent. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind in der Wahrnehmung, die sich auch noch überregional einstellen wird. Man darf aber nicht erwarten, dass man heute die "Ottostadt" ausruft und morgen alle den Slogan kennen und ihm zujubeln. Es ist alles ein langer Weg und wir halten für richtig, dass wir ihn gehen.

Volksstimme: Die Bewerbung um die Kulturhauptstadt Europas für das Jahr 2020 fällt auch in die Kategorie Stadtmarketing. Ist die Bewerbung vermessen oder ein Ausdruck neuen Selbstbewusstseins?

Georg Bandarau: Wir unterstützen die Bewerbung und sind überzeugt, dass Magdeburg eine Chance besitzt. Magdeburg hat auch da eine unglaubliche Entwicklung genommen. Eine Bewerbung wäre vor 20 Jahren noch undenkbar gewesen. Heute nicht. Heute steht Magdeburg zwar auch noch für Industrie, aber eben auch für eine Kultur, die sehr facettenreich ist – vom Dreisparten-Haus, Dom, Puppentheater, den Museen, Privattheater und den Kabaretts bis hin zur Kleinkunst, den Kulturzentren in den Stadtteilen und einem Hasselbachplatz, wo auch kulturell in den Kneipen immer was los ist. Wir werden uns als Mitveranstalter der Domfestspiele mit einbringen. Magdeburg kann sich selbstbewusst bewerben.

Volksstimme: Stichwort Domfestspiele: Nach dem Auftakt 2009 fanden sie 2010 in deutlich kleinerem Rahmen statt. Haben die Domfestspiele noch eine Zukunft?

Georg Bandarau: Selbstverständlich. Gemeinsam mit der Domgemeinde und unterstützt von Sponsoren gibt es ein attraktives Programm, das wir auch für 2011 auf die Beine gestellt haben. Die Domfestspiele werden sich etablieren und zu einem festen Bestandteil im Kulturkalender im Herbst werden. Auch hier brauchen wir Zeit.

"Wenn die Identität steigt, profitieren wir davon alle"

Volksstimme: Sie haben es schon erwähnt, die Identität mit Magdeburg steigt. Bedarf es überhaupt noch eines Stadtmarketingvereins?

Georg Bandarau: Sie haben Recht: Die Identität der Magdeburger mit ihrer eigenen Stadt ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, weil sich die Lebensbedingungen verbessert haben. Fakt ist aber auch: Wenn niemand mehr darüber spricht, die Vorzüge in den Mittelpunkt rückt, ist das alles schnell vergessen. Deshalb ist unsere Arbeit so wichtig, die wir übrigens allein über unsere Mitgliedsbeiträge und Sponsoring finanzieren.

Volksstimme: Sie haben kürzlich das 230. Mitglied im Stadtmarketingverein begrüßt und damit einen Höchststand erreicht. Warum sollte man im Stadtmarketingverein Mitglied sein?

Georg Bandarau: Weil alle davon profitieren. Wenn die Identität steigt und es der Stadt gut geht, bleiben die Leute hier oder kommen von außen dazu. Davon profitieren alle. Deshalb freuen wir uns, wenn uns so viele Mitglieder unterstützen.

Volksstimme: Wie klappt eigentlich die Zusammenarbeit mit dem Umland? Um überregional wahrgenommen zu werden, müssten Sie doch viel stärker als Region auftreten, oder?

Georg Bandarau: Das ist richtig. Wir sind da auf einem guten Weg. Mit Barleben klappt die Zusammenarbeit schon gut. Interesse an einer Zusammenarbeit muss auch das Umland haben, denn wenn sie sich irgendwo als Barleben oder Irxleben vorstellen, kennen das wenige. Bei Magdeburg ist das schon anders.

Volksstimme: Bewirken Sie aber nicht gerade das Gegenteil, wenn Sie gemeinsam mit Unternehmen im Magdeburger Umland im Rahmen einer Kampagne Einwohner aggressiv nach Magdeburg abwerben?

Georg Bandarau: Nein. Wir werben niemanden ab, sondern machen nur auf die Vorzüge einer Stadt aufmerksam. Hier gibt es alle Schulen, Kitas, Ärzte, Einkaufsmöglichkeiten, Kultur, Bus und Bahn – alles Dinge, die ein Dorf so nicht bieten kann. Wenn also dort jemand wohnt, der unzufrieden ist und seinen Ort verlassen will, dann tut er dies so oder so. Aber wir halten es allemal für besser, ihn nach Magdeburg zu ziehen als den Abwanderer nach Westdeutschland zu verlieren. Im Übrigen sind an uns noch keine Beschwerden aus dem Umland herangetragen worden.

"Es ziehen wieder mehr Leute in die Stadt"

Volksstimme: Gibt es messbare Erfolge dieser Kampagne?

Georg Bandarau: Das ist schwer zu sagen. Fakt ist: Es ziehen wieder mehr Leute nach Magdeburg als die Stadt verlassen. Viele von denen kommen aus dem Umland. Das freut uns. Wir hoffen, dass auch die Kampagne daran einen Anteil hat.