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Jugendamtsleiter Detlev Klaus nimmt im Volksstimme-Interview Stellung zur Elternkritik an der neuen Kitadatenbank: "Alle Eltern müssten einen Kita-Platz finden"

21.05.2011, 04:30

Anfang April startete die Stadt als eine der ersten in Deutschland ein Elternportal, mit dem über das Internet Kita-Plätze gesucht und reserviert werden können. Eltern und Elternvertreter äußerten mittlerweile Kritik: Online seien keine Plätze zu finden, in Magdeburg gebe es überhaupt zu wenige Kinderbetreuungsplätze, sagen sie. Volksstimme-Redakteur Andreas Stein hakte deshalb bei Jugendamtsleiter Detlev Klaus nach.

Volksstimme: Seit Anfang April ist das Elternportal freigeschaltet. Eltern berichten, sie hätten dort wochenlang mehrfach täglich einen Krippenplatz für ihre Tochter gesucht, doch ohne Erfolg. Warum finden sie nichts?

Detlev Klaus:Wir haben in Vorbereitung des Starts der Kita-Software mit den freien Trägern vereinbart, dass die bestehenden Wartelisten in den Kitas bis zum Stichtag Betreuungsbeginn 30. September 2011 in die Software eingepflegt werden können.

Dieses Vorgehen dient einerseits der Elternzufriedenheit – ein abruptes Streichen von der Warteliste mit Start der Software wurde von Seiten der Träger und des Jugendamtes als zu radikal eingeschätzt, andererseits bietet es auch Planungssicherheit für den Träger, da mit Ende des Kindergartenjahres am 31. Juli die größte Anzahl an Plätzen frei wird. Die Klagen damals lauteten oft: Durch die Wartelisten gibt es über Jahre keine freien Plätze.

Leider hatten zum Start des Elternportals einige Träger ihre Kapazitäten nicht vollständig gepflegt bzw. ihre Wartelisten eingepflegt. Teilweise wurden den Eltern daneben Platzzusagen gemacht. Unter anderen Maßnahmen wurde den Trägern deshalb auch mehr Zeit eingeräumt, die fehlenden Betreuungsverträge einzupflegen.

Durch die Abarbeitung der Wartelisten sind die Einrichtungen in der Regel nahezu ausgelastet. Eine Bestandsaufnahme Ende März unter Einbeziehung der jährlichen Planung ergab etwa 500 freie Plätze im Krippen- und Kindergartenbereich. Das Elternportal bleibt also ein Mittel der Vorreservierung. Vor Ort kann es direkt Möglichkeiten geben, z.B. unter Einbeziehung der "Poolplätze", die jede Einrichtung zur eigenen Verfügung hat.

Volksstimme: In der Vergangenheit wurde argumentiert, dass im Sommer das Gros der Kita-Plätze frei würde, wenn der älteste Kita-Jahrgang in die Grundschule wechselt. Befürchten Sie nicht, dass das System zusammenbricht, wenn dann alle betroffenen Eltern gleichzeitig einen Platz suchen und reservieren?

Detlev Klaus:Das wird unabhängig von den technischen Gegebenheiten nicht passieren, weil durch die Abarbeitung der Wartelisten planmäßig bis Ende September nur wenige Plätze ausgewiesen werden.

"Wartelisten werden noch abgearbeitet"

Volksstimme: Macht das Elternportal Sinn, wenn einen Großteil des Jahres nahezu keine Plätze verfügbar sind und dann plötzlich viele auf einmal?

Detlev Klaus:Für die Stadtverwaltung ist das Elternportal vor allem eine Informationsbörse, die den Eltern ein Maximum an Informationen zur Kita-Betreuung in der Stadt, die Kontaktaufnahme und die Vorbuchung sichert. Die Situation, dass zum Ende des Kindergartenjahres die größte Anzahl an freien Plätzen zu verzeichnen ist bzw. dass innerhalb des Jahres meist nur eine geringe Anzahl von Plätzen, beispielsweise durch Abmeldungen wegen Umzug oder Wechsel der Einrichtung vorhanden sind, bestand auch in den vergangenen Jahren. Die Kita-Software bietet nun erstmalig die Möglichkeit, das visuell darzustellen. Dadurch wird die Situation deutlicher, ändert sich aber nicht.

Volksstimme: Elternvertreter bemängeln, es gebe zu wenige Krippen- und Kindergartenplätze in Magdeburg, daher könne die Datenbank auch keine freien Plätze ausweisen. Was sagen Sie dazu?

Detlev Klaus:Unseren Planungen zufolge müssten eigentlich alle Eltern einen Kita-Platz für ihr Kind finden. Als Grundlage dienen uns die Zahl der in Magdeburg gemeldeten Kinder, die durchschnittliche Belegung der Einrichtungen im Vorjahr und der prozentuale Anteil der Kinder, die betreut wurden. Wenn ich das Beispiel Krippenplätze nehme, hatten wir von August 2009 bis Juli 2010 5964 Kinder von 0 bis 3 Jahren. In diesem Zeitraum waren im Schnitt tatsächlich 2809 Krippenplätze belegt, das entspricht 49 Prozent. Deshalb haben wir für 2011 einen Bedarf von 3010 Krippenplätzen eingeplant, dazu kommt die Zahl der Tagespflegeplätze, die auf 262 gestiegen ist. Für Kindergartenkinder haben wir nach dem gleichen Prinzip inklusive einer Planungsreserve von 3 Prozent 5982 Plätze eingeplant. Natürlich kann es sein, dass in der Wunscheinrichtung keine Plätze zu finden sind, aber eine Unterbringung in unmittelbarer Wohnnähe ist durch das Gesetz auch nicht gewollt. Diese Einschränkungen werden sich in absehbarer Zeit nicht ändern.

Volksstimme: Wie ist der Stand der Verhandlungen mit den restlichen Trägern? Sind nach der offiziellen Freischaltung des Portals weitere Träger ins System integriert worden bzw. steht dies kurz bevor?

Detlev Klaus: Nein, weitere Verhandlungen mit den acht verbliebenen Trägern laufen zurzeit nicht. Der Zeit- und Kraftaufwand ist gegenwärtig nicht leistbar. Wir benötigen alle vorhandenen Personalreserven für die Sicherung und Entwicklung des Elternportals, die bestehende Kooperation und die Datenpflege. Zu den absehbar zu gestaltenden Verhandlungen wollen uns auch Mitglieder des Jugendhilfeausschusses unterstützen.

"Tagespflege und Hortplätze nicht reservierbar"

Volksstimme: Bei der Freischaltung wurde angekündigt, auch die Tagespflegeplätze ins System zu integrieren ...

Detlev Klaus:Wir wollen das Angebot an Tagespflege- und Hortplätzen in Magdeburg ab dem 14. Juni bis Februar kommenden Jahres in die Datenbank einarbeiten. Allerdings werden nach bisheriger Planung anders als bei Krippen- und Kindergartenplätzen lediglich freie Plätze angezeigt. Eine Reservierung wird nicht möglich sein. Hortplätze werden weiterhin gemeinsam mit der Schulanmeldung bzw. spätestens bis zum 1. Februar des Einschulungsjahres im Hort bzw. beim Hortträger beantragt. Tagespflegeplätze können weiter bei den Tagesmüttern und -vätern direkt oder bei den Ansprechpartnern im Jugendamt nachgefragt werden. Auf der Internetseite der Stadt haben wir auch eine Liste mit allen zugelassenen Tagespflegepersonen veröffentlicht.

Volksstimme: Was raten Sie betroffenen Eltern, die jetzt auf der Suche nach einem Krippen- oder Kindergartenplatz sind?

Detlev Klaus:Zunächst glaube ich, dass aus der bisherigen Darstellung eine gewisse Zuversicht und Sicherheit zur Platzversorgung zu entnehmen ist. Gegenwärtig geprüft werden auch alle Möglichkeiten einer Kapazitätserweiterung und -verbesserung in der Stadt.Der erste Schritt auf der Suche selbst führt wie gewohnt in die erst- oder zweitgewünschte Einrichtung der Eltern oder Sorgeberechtigten. Bleibt der Erfolg aus, bietet das Jugendamt zu den Sprechzeiten einen Platzvermittlungsservice über die Telefonnummer 540 3131 an.