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Freiheit des Wortes Stärker denn je gefordert: Das PEN-Zentrum Deutschland

Vor 65 Jahren wurde das PEN-Zentrum der Bundesrepublik ins Leben gerufen. Doch so viel Arbeit wie gegenwärtig habe es in den vergangenen Jahrzehnten nicht gegeben, sagt der PEN-Präsident.

Von Stephen Wolf, dpa 02.12.2016, 07:22

Darmstadt (dpa) - Müssen Schriftsteller und Journalisten mit der Verfolgung durch autoritäre Kräfte rechnen, steht ihnen der Internationale Autorenverband PEN bei. In Deutschland setzt sich die Organisation von Darmstadt aus für die Freiheit des Wortes ein.

Wie der Schriftsteller und PEN-Präsident Josef Haslinger sagt, ist dieser Einsatz - 65 Jahre nach Gründung des West-PEN am 4. Dezember 1951 - notwendiger als in den vergangenen Jahrzehnten. "Wir sind in der Tat beunruhigt über die momentane Lage in Europa", sagt der Österreicher, der 2013 an die Spitze des PEN-Zentrums Deutschland gewählt wurde.

So habe die Flüchtlingskrise viele Menschen verunsichert. Davon versuchten nun nationalistische Parteien und Organisationen zu profitieren, warnt er. "Ich denke, dass der Anti-Islamismus und die entsprechende Diskriminierung in Europa größer sind als etwa in den USA", sagt der PEN-Präsident. Die Situation auf dem Kontinent fordere daher auch künftig die intensive Arbeit des deutschen Autorenverbands.

Auch die Meinungsfreiheit sei in etlichen Ländern des alten Kontinents bedroht, mahnt der 61 Jahre alte Autor. Ähnlich wie in seinem Heimatland, wo die rechtspopulistische FPÖ momentan einen starken Einfluss hat, gebe es etwa auch mit Blick auf das von Viktor Orbán straff geführte Ungarn große Sorgen. "Vor allem aber die Situation in der Türkei hält uns auf Trab", sagt Haslinger. Angesichts der Repressionen, die kritischen Schriftstellern und Journalisten in dem Land drohen, versuchen die deutschen Autoren zu helfen. So hat das deutsche PEN-Zentrum Mitte November den Hermann-Kesten-Preis an die türkischen Journalisten Can Dündar und Erdem Gül als "mutige Kämpfer für Meinungsfreiheit und Demokratie" verliehen. 

"Das PEN-Zentrum Deutschland leistet sehr wichtige Arbeit im Hinblick auf die Unterstützung von politisch verfolgten und unterdrückten Autoren", sagt der hessische Wissenschaftsminister Boris Rhein (CDU). Intensiv widmen sich die Autoren in Deutschland und ihre Mitstreiter dem international einmaligen Programm "Writers in Exile", bei dem Autoren zeitweise ihr politisches Exil in der Republik verbringen. 

Die Geschichte des Zentrums war von Anfang an geprägt vom politischen Wandel. Nach Gründung des PEN 1921 in England - das Kürzel steht für die englischen Wörter "Poets, Essayists, Novelists" - etablierte sich der Autorenverband in vielen weiteren Staaten. Die erste deutsche Dependance gründete sich 1924 und wurde während der NS-Zeit wieder aufgelöst. Aus Nazi-Deutschland geflüchtete Schriftsteller gründeten den Exil-PEN mit Heinrich Mann als Präsidenten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg konstituierte sich im November 1948 in Göttingen der deutsche PEN neu, doch diese Vereinigung von Autoren aus Ost und West wurde im "Kalten Krieg" zerrieben und fiel bereits 1951 auseinander. Die Meinungsverschiedenheiten machten sich vor allem an Johannes R. Becher fest, der für viele West-Autoren den Machthabern im Osten zu nahe stand.

Im selben Jahr wurde am 4. Dezember 1951 in Darmstadt das PEN-Zentrum der Bundesrepublik ins Leben gerufen. Zu seinen Präsidenten zählten Heinrich Böll, Hermann Kesten, Walter Jens, Martin Gregor-Dellin und Carl Amery. Die Ost-Sektion wurde 1967 in PEN-Zentrum der DDR benannt. Erst 1998 - neun Jahre nach dem Fall der Mauer - schlossen sich beide deutsche PEN-Zentren nach jahrelangen Querelen in Dresden zusammen. Als Sitz wurde Darmstadt festgelegt.

Im Darmstädter Rathaus geht Oberbürgermeister Jochen Partsch (Grüne) fest davon aus, dass das deutsche PEN-Zentrum auch langfristig in der Stadt bleibt. "Das Zentrum soll künftig - mit verbesserter Raumausstattung - seinen Sitz in einer der Jugendstilvillen der Künstlerkolonie Mathildenhöhe erhalten, mit der sich Darmstadt um die Anerkennung als Unesco-Weltkulturerbe bewirbt", sagt der Rathauschef. 

PEN Deutschland