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Bundespräsident Kommt die Kampfkandidatur?

Anstatt sich auf einen Anwärter zu einigen, wollen die Parteien jetzt eigene Vorschläge machen.

10.11.2016, 23:01

Berlin l Die Suche nach einem neuen Bundespräsidenten soll am Freitag einen entscheidenden Schritt vorankommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer und SPD-Parteichef Sigmar Gabriel wollen klären, ob sie sich noch auf einen gemeinsamen Kandidaten für die Nachfolge von Joachim Gauck einigen können. Gelingt ihnen dies nicht, dürften SPD und Union jeweils einen eigenen Vorschlag machen.

Für die SPD wird das aller Voraussicht nach Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sein. Gabriel hatte Merkel und Seehofer seinen Parteifreund als gemeinsamen Kandidaten vorgeschlagen, war damit bei den beiden aber auf Ablehnung gestoßen. Nach einem Treffen am vergangenen Sonntag hatte es von allen drei Seiten geheißen, dass eine Einigung auf einen Konsenskandidaten noch möglich sei.

Die beiden Unionsparteien tun sich mit einem für die SPD akzeptablen Gegenvorschlag zu dem in der Bevölkerung beliebten Steinmeier jedoch schwer. „Ich glaube, dass sich viele in Zeiten wie diesen einen Bundespräsidenten wünschen, der nicht fern der Parteien ist, aber die notwendige Unabhängigkeit zu den Parteien zeigt“, sagte CDU-Generalsekretär Peter Tauber der Nachrichtenagentur AFP. Das habe der aus Altersgründen aus dem Amt scheidende Gauck immer gut gemacht.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) forderte die SPD zur Kompromissbereitschaft auf. „Es wäre gut, wenn sich die Koalition auf einen gemeinsamen Kandidaten für die Wahl des Bundespräsidenten verständigen könnte“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Freitagsausgabe). „Es wäre ein Signal der Konsensbereitschaft der großen Parteien.“

Gelingt Union und SPD keine Verständigung auf einen gemeinsamen Vorschlag, dürften Merkel und Seehofer einen eigenen Kandidaten benennen - möglicherweise in Rücksprache mit den Grünen. Denn ohne die Stimmen der SPD könnte die Union einen Kandidaten bei der Abstimmung in der Bundesversammlung am 12. Februar auch mit der Unterstützung der Grünen durchsetzen.

Steinmeier hingegen könnte in einem dritten Wahlgang - in dem dann nicht mehr die absolute, sondern die relative Mehrheit zur Wahl eines neuen Staatsoberhaupts ausreicht - mit den Stimmen von Grünen und Linken gewählt werden. Allerdings sagte Linken-Chefin Katja Kipping am Donnerstag der „Berliner Zeitung“: „Steinmeier ist nicht unser Kandidat.“ Der SPD-Mann sei „Architekt der Agenda 2010“, stehe für die Große Koalition und „sämtliche Kriegsbeteiligungen“ Deutschlands.

Falls es bei SPD und Grünen doch noch eine Bereitschaft für einen gemeinsamen Kandidaten gebe, „dann sind wir dafür offen“, sagte Kipping. „Wenn das nicht der Fall sein sollte, dann sind wir gut vorbereitet und werden eine eigene Kandidatur einbringen, die ein klares Zeichen setzt gegen die soziale Spaltung in diesem Land.“

Der SPD-Vizevorsitzende Ralf Stegner sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Freitagsausgabe), seine Partei nehme die Äußerungen von Kipping zur Kenntnis. Er deutete sie aber als ein „in die Partei gerichtetes Signal nach dem Motto: Wir sind auch wer“.

Stegner verwies auf einen möglichen dritten Wahlgang. Da ergebe es für die Linke keinen Sinn, statt Steinmeier den Kandidaten der Union zu wählen. Die Fraktionsvorsitzenden der beiden Oppositionsparteien Linke und Grüne wollen sich derweil erstmals zu einem gemeinsamen Essen zusammensetzen. Das Treffen ist nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur noch für diesen Donnerstagabend in einem Restaurant in Berlin-Mitte geplant. Die Viererrunde – Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch für die Linkspartei sowie Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter für die Grünen – wolle über „aktuelle politische Themen“ sprechen, hieß es. Das Thema Bundespräsident soll allerdings ausdrücklich ausgespart bleiben.