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Fall PeggyVerunreinigung der DNA-Spur statt NSU-Mord

Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Fall Peggy und dem mutmaßliche NSU-Mitglied Böhnhardt? Eine DNA-Spur legte die Vermutung nahe.

08.03.2017, 12:47

Bayreuth (dpa) l Der mutmaßliche NSU-Terrorist Uwe Böhnhardt hat nichts mit dem Tod der Schülerin Peggy zu tun. Zu diesem Schluss kommen die Ermittler nach Auswertung einer DNA-Spur Böhnhardts, die am Fundort von Peggys Knochen an einem Textilstück entdeckt worden war. Dieses zwölf mal vier Millimeter große Teilchen habe inzwischen zweifelsfrei einem Kopfhörer Böhnhardts zugeordnet werden können, sagte Kriminaloberrat Uwe Ebner am Mittwoch in Bayreuth. Grund für den Zusammenhang ist eine Verunreinigung bei der Spurensicherung. Eine Täterschaft Böhnhardts im Fall des 2001 verschwundenen Mädchens sei auszuschließen, betonte Ebner.

Am 7. Mai 2001 war die neunjährige Peggy in Bayern auf dem Heimweg von der Schule verschwunden. Erst 15 Jahre später tauchten dann Teile ihres Skeletts in einem Waldstück in Thüringen auf: Rund 20 Kilometer entfernt von Peggys Heimatort Lichtenberg in Oberfranken fand ein Pilzsammler im vergangenen Sommer Knochen des Mädchens. Im Oktober dann der Paukenschlag: Die Ermittler gaben bekannt, Böhnhardts DNA an einem am Fundort sichergestellten Beweisstück entdeckt zu haben.

Weder das Baumwollgewebe noch die DNA hätten in Qualität und Quantität angesichts der Witterungsverhältnisse einen Zeitraum von 15 Jahren überstehen können, sagte Ebner, der die Sonderkommission (Soko) Peggy leitet. Der Kopfhörer sei im ausgebrannten Wohnmobil gefunden worden, in dem Böhnhardts Leiche gelegen hatte. Der aus Thüringen stammende Rechtsextremist soll als Mitglied des selbst ernannten "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) an einer Mordserie mit überwiegend ausländischen Opfern beteiligt gewesen sein. Er nahm sich den Behörden zufolge 2011 das Leben.

Der Spurenübertrag fand den Ermittlungen zufolge am 3. Juli 2016 am Grabungsort im thüringisch-bayerischen Grenzgebiet statt. Der Zeitraum habe auf wenige Stunden eingegrenzt werden können, sagte Ebner. Verantwortlich sind laut ihm und Staatsanwalt Daniel Götz Einsatzkräfte aus Thüringen: Mehrere der am Fundort von Peggys Knochen in Rodacherbrunn eingesetzten Ermittler seien auch mit dem Fall Böhnhardt befasst gewesen.

"Ein Spurenübertrag (...) darf nicht passieren", sagte Ebner. Da seien sich alle Kriminalisten einig. Konsequenzen hätten aber die Thüringer zu ziehen. Wegen der Erkenntnisse müsse aber die Tatortarbeit hinterfragt werden. Das Thüringer Landeskriminalamt wollte sich am Mittwoch zunächst nicht weiter dazu äußern. Eine LKA-Sprecherin sagte nur: "Wir haben es zur Kenntnis genommen."

Dass die Böhnhardt-Spur absichtlich nachträglich eingebracht wurde, ist laut Ebner auszuschließen. Die Vorgänge vor Ort seien noch Teil der Ermittlungen. Schon kurz nach dem Fund der Böhnhardt-DNA war spekuliert worden, dass verunreinigtes Spurensicherungsgerät im Fall Peggy eingesetzt worden sein könnte. Um dies exakt zu klären, sind neben dem bayerischen Landeskriminalamt und dem Bundeskriminalamt mehrere unabhängige Institute eingeschaltet worden.

Soko-Leiter Ebner sagte, im Fall Peggy werde weiter in alle Richtungen ermittelt. Es seien "sehr umfangreiche und der Wertigkeit des Verfahrens angemessene Untersuchungen". Auch die Skelettteile des Mädchens seien noch nicht freigegeben. Ebner wollte die Arbeit nicht näher erläutern, um die Ermittlungen nicht zu gefährden.

Peggys Tod war auch Thema im NSU-Prozess. Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe hatte bestritten, etwas über die getötete Peggy gewusst zu haben. Sie soll gemeinsam mit Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos im Untergrund gelebt haben, während die beiden Männer jahrelang unerkannt gemordet haben sollen. Als einzige Überlebende des NSU-Trios muss sie sich seit fast vier Jahren vor dem Oberlandesgericht München verantworten.