Anschlag Acht Tote in München

In einem Münchner Einkaufszentrum fallen Schüsse. Bei der Polizei heißt es: Die Lage sei völlig unübersichtlich.

22.07.2016, 17:51

München (dpa/AFP) l Ein beispielloser Terroranschlag in München erschüttert Deutschland: Unbekannte haben am Freitagabend in der bayerischen Landeshauptstadt nach Polizeiangaben mindestens acht Menschen erschossen und die Bürger in Panik versetzt. Mehrere Menschen wurden teilweise schwer verletzt.

Die Polizei warnte nach den Schüssen an einem Einkaufszentrum vor einer "akuten Terrorlage". Es gebe aber noch keine Hinweise auf einen islamistischen Hintergrund. Bis zu drei Männer mit "Langwaffen" seien auf der Flucht, hieß es am späten Abend. Man suche im ganzen Stadtgebiet und im Umland nach ihnen. Die Landeshauptstadt rief den "Sonderfall" wegen einer "Amoklage" aus.

Die Polizei forderte die Anti-Terror-Einheit GSG 9 des Bundes und Spezialeinheiten aus mehreren anderen Bundesländern an. In Teilen der Stadt herrschte Panik.

Die Polizei fand etwa einen Kilometer vom Einkaufszentrum entfernt einen neunten Toten. Die Ermittler prüfen, ob es sich um einen Täter handelt. Der Mann sei durch Gewalteinwirkung gestorben, hieß es.

Der öffentliche Nahverkehr – U-Bahnen, Busse und Straßenbahnen – wurde komplett eingestellt, ebenso der Zugverkehr. Der Münchner Hauptbahnhof wurde evakuiert. Ärzte und Schwestern wurden in die Krankenhäuser gerufen. Restaurants in der Innenstadt schlossen aus Sicherheitsgründen.

Bundespräsident Joachim Gauck äußerte sich bestürzt: "Der mörderische Angriff in München entsetzt mich zutiefst." In Gedanken sei er bei allen Opfern und bei allen, die um einen geliebten Menschen trauerten oder fürchteten. Er fühle sich "allen verbunden, die im Einsatz sind, um Menschen zu schützen und Leben zu retten". Kanzleramtsminister Peter Altmaier sagte im ZDF: "Wir dürfen nicht zulassen, dass die Terroristen ihr Ziel erreichen, nämlich unsere Gesellschaft zu verunsichern."

Laut Kanzleramtsminister Peter Altmaier gab es gesicherte Hinweise zunächst nur auf einen Täter. Unklar war anfangs, ob es in der Innenstadt eine weitere Attacke gab. Auch dort kam es zu einem Großeinsatz schwer bewaffneter Polizisten, nachdem Menschen schreiend und in Panik in Richtung Stachus geflohen waren. Ein Polizeisprecher sagte später, zahlreiche Hinweise von Bürgern per Notruf über Schusswechsel an anderen Stellen der Stadt hätten sich nicht bestätigt.

Die Landeshauptstadt forderte die Bürger per Smartphone-Warnsystem Katwarn auf, ihre Wohnungen nicht zu verlassen. Facebook aktivierte den "Safety Check" ("Sicherheitscheck") für München, womit Bewohner mitteilen können, dass sie in Sicherheit sind. Zudem twitterten etliche Bewohner der Stadt den Hashtag #OffeneTür, um Menschen Unterschlupf zu gewähren.

"Wir wissen derzeit nicht wo sich die Täter befinden. Passt auf Euch auf und meidet nach wie vor die Öffentlichkeit", schrieb die Polizei rund zwei Stunden nach Beginn der Schießerei auf Twitter. "Starke Polizeikräfte in der gesamten City. Wir fahnden mit Hochdruck nach den Tätern", twitterte die Polizei später. dpa-Reporter berichteten von Panik in Teilen der Stadt. Nach der Sperrung des Hauptbahnhofs seien die Menschen über die Gleise geflohen.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) setzten ein Krisentreffen in der Staatskanzlei an. Seehofer berief für diesen Sonnabend (11 Uhr) eine Sondersitzung seines Kabinetts ein. In Berlin wird das Bundessicherheitskabinett am Sonnabend tagen. Ihm gehört auch Innenminister Thomas de Maizière (CDU) an – er soll bereits zum zweiten Mal in dieser Woche seinen Urlaub unterbrochen haben und auf dem Rückflug aus den USA sein, hieß es in Berlin. Schon nach dem Axt-Angriff von Würzburg war er zurückgekehrt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) werde "fortlaufend" unterrichtet. "Die zuständigen Minister sind auf dem Weg nach Berlin."

Der Anschlag begann laut Polizei bei einem Schnellrestaurant am Olympia-Einkaufszentrum um 17.52 Uhr. Anschließend rasten von überall in der Stadt Polizei- und Rettungskräfte zu dem Einkaufszentrum. Die Gegend war weiträumig abgeriegelt. Über der ganzen Stadt kreisten Hubschrauber. Die Polizei rief Autofahrer auf, die Autobahnen in Richtung München für Einsatzfahrzeuge freizumachen.

Das Olympia-Einkaufszentrum liegt mitten in einem Wohngebiet, zwei U-Bahn-Stationen vom Olympiastadion entfernt. Mit 135 Geschäften ist es eine der größten Shopping-Meilen in München.

Sachsen-Anhalts Polizei ist nach Angaben des Innenministeriums mit Blick auf die Terrorlage in München auf alle Möglichkeiten vorbereitet. Das meine sowohl technisch als auch organisatorisch, sagte ein Ministeriumssprecher am Freitagabend. Derzeit habe sich an der Lage im Land selbst jedoch nichts geändert und es gebe keine besonderen Schutzmaßnahmen. Eine Anfrage aus Bayern, Polizeikräfte aus Sachsen-Anhalt zur Unterstützung zu schicken, gab es dem Sprecher zufolge bisher ebenfalls nicht. "Wir sind an den ständigen Informationsaustausch angeschlossen und warten die weiteren Entwicklungen ab."

Sachsen-Anhalts Nachbarn Thüringen und Sachsen haben ihre Polizei mit Blick auf das Grenzgebiet zu Bayern in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt.