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Atombomben-Einsatz 70 000 Menschen waren sofort tot

Vor 70 Jahren haben die Amerikaner erstmals Atombomben eingesetzt. Hunderttausende starben an den Folgen.

05.08.2015, 23:01

Washington (epd)  l Amerikanische Piloten bemalen im Zweiten Weltkrieg gerne ihre Flugzeuge. Beliebt als Motive sind Haifischmäuler oder leicht bekleidete Frauen, die sich in lasziver Pose an Bomben entlang räkeln. Aber den silbrig glänzenden Rumpf des B-29-Bombers, der am frühen Morgen des 6. August 1945 auf Japan zufliegt, ziert kein Bild, sondern nur ein einfacher Schriftzug. „Enola Gay“ steht am Bug. Der Pilot Paul Tibbets hat die Maschine nach seiner Mutter benannt.

In der Nacht ist sie von der Pazifikinsel Tinian gestartet. Sie transportiert die Waffe mit der bis dahin größten Vernichtungskraft: die mehr als vier Tonnen schwere Atombombe „Little Boy“. US-Präsident Harry Truman hat sich entschlossen, sie einzusetzen.

Um 8.15 Uhr ist die „Enola Gay“ über Hiroshima. Die Sicht ist gut, nur wenige Wolken treiben. Die B-29 klinkt die Bombe aus, anschließend wendet sie scharf, um nicht von der Druckwelle vom Himmel gewischt zu werden. Eine Minute danach explodiert „Little Boy“ in 600 Metern über der Stadt.

Mindestens 75 000 Menschen sind sofort tot. Sie sterben in den Trümmern zusammenstürzender Gebäude oder verbrennen in Sekundenschnelle im Feuerball, der noch am Boden Temperaturen von 6000 Grad Celsius erreicht. 80 Prozent der überwiegend aus Holz gebauten Häuser Hiroshimas sind zerstört, der Atompilz steigt 13 Kilometer hoch. Wer die Explosion überlebt, hat oft schwere Verbrennungen.

Nach einigen Tagen beginnt die Strahlenkrankheit: Die Opfer erbrechen sich, haben Durchfall, bluten aus Mund und Nase und leiden unter Geschwüren. In den Wochen und Monaten nach dem Angriff sterben qualvoll noch einmal 70 000 bis 100 000 Menschen. Im Oktober 1945 verbietet die US-Besatzung zunächst alle Fotografien und Filmaufnahmen von Hiroshima, damit das Ausmaß der Zerstörung nicht öffentlich wird.

„270 000 Menschen starben durch eine einzige Bombe“, stellen die „Internationalen Ärzte zur Verhütung eines Atomkriegs“ (IPPNW) fest. Bis heute sei die Krebsrate in Hiroshima deutlich erhöht. Sie berichten darüber hinaus von Blutarmut, Herz-, Leber- und Augenkrankheiten, die sie auf den Kernwaffeneinsatz von 1945 zurückführen. Auf der ganzen Welt wird am 6. August der Opfer gedacht.

Bis heute hält die Diskussion darüber an, warum Truman die Atombombe abwerfen ließ. Noch 1991 sagte der damalige US-Präsident George Bush senior, „Little Boy“ und die am 9. August 1945 auf Nagasaki abgeworfene Atombombe „Fat Man“ hätten „Millionen Menschenleben gerettet“. Die US-Regierung vertritt offiziell den Standpunkt, die Demonstration der waffentechnischen Überlegenheit habe den Krieg verkürzen sollen.

Zwar sucht Japan schon seit Februar 1945 über sowjetische Kanäle nach einem Weg, den Krieg zu beenden. Es will das mit möglichst geringem Gesichtsverlust erreichen. Aber die USA bestehen auf dem Kriegsziel der bedingungslosen Kapitulation. Washington will gleichzeitig vermeiden, dass es seine Soldaten an der Küste der japanischen Hauptinseln anlanden muss. Sie rechnen für diesen Fall mit einer halben Million toter GIs, hinzu kämen Opfer unter japanischen Militärs und Zivilisten.

Am 9. August detoniert dann die zweite Atombombe über Nagasaki, eine Plutoniumbombe. Zehntausende sterben. Stalin hat Japan mittlerweile ebenfalls den Krieg erklärt.

Am 15. August verkündet der japanische Kaiser Hirohito die Kapitulation. Nachdem der japanische Außenminister die entsprechende Urkunde am 2. September auf dem US-Schlachtschiff „Missouri“ unterschrieben hat, ist der Zweite Weltkrieg beendet.