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Flüchtlingskrise Martin Schulz fordert mehr Solidarität

Der Kanzlerkandidat der SPD, Martin Schulz, hat das Thema Flüchtlingspolitik betont. Angela Merkel will es nicht im Bundestagswahlkampf.

27.07.2017, 23:01

Catania l In Deutschland scheint die Flüchtlingskrise derzeit weit weg, in Italien ist sie jeden Tag präsent. Nahezu täglich kommen an der italienischen Küste Hunderte gerettete Flüchtlinge an, die sich in wackeligen Booten auf den Weg nach Europa gemacht haben. Italien fühlt sich überfordert und verlangt mehr Hilfe von der EU. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz versucht mit einem Kurzbesuch, das Thema nach vorne zu rücken – und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor sich herzutreiben.

Was fordert Schulz?

Der SPD-Kandidat gibt sich seit Tagen alarmiert und warnt vor einer neuen großen Flüchtlingskrise. Eine Situation wie 2015 dürfe sich nicht wiederholen, mahnt er auch in Rom wieder. Damals habe sich gezeigt, was passiere, wenn einzelne EU-Staaten überfordert seien und wenn es keine verbindlichen oder freiwilligen Vereinbarungen in der Flüchtlingspolitik gebe. Merkel wirft er Untätigkeit vor. Seit 2015 sei viel Zeit verloren gegangen, um ein solidarisches System zu entwickeln. Er fordert eine gerechte Verteilung von Flüchtlingen in Europa. Solidarität müsse wieder zum Grundprinzip in der EU werden. Länder wie Italien dürften nicht alleingelassen werden.

Und wie will er eine Veränderung erreichen?

Schon vor einigen Tagen präsentierte Schulz den Vorschlag, die europäische Flüchtlingspolitik mit der Geldfrage zu verknüpfen. Seine Idee: EU-Staaten, die sich weigern, Flüchtlinge aufzunehmen, sollen finanzielle Nachteile zu spüren bekommen. Wer dagegen seiner Pflicht nachkommt, soll zusätzliche Unterstützung aus dem EU-Haushalt erhalten. In Rom wirbt Schulz für grundsätzliche Änderungen in der EU: für ein System der legalen Einwanderung nach Europa, für ein gemeinsames Asylrecht, ein gemeinsames Asylverfahrensrecht, eine gemeinsame Abschiebestrategie, für mehr Kooperation mit den Herkunftsländern. Außerdem sei eine neue Afrika-Strategie nötig, um Fluchtursachen „nicht auf dem Papier, sondern praktisch und auch mit Geld“ anzupacken.

Aber wie hilft das Italien in der aktuellen Situation?

Schulz räumt ein, das Land brauche schnell konkrete Hilfe. So überbringt er eine Botschaft aus Portugal: Das Land sei bereit, unmittelbar und in einem freiwilligen Verfahren Flüchtlinge aus Italien aufzunehmen. In welchem Umfang, bleibt offen. Schulz ist nicht derjenige, der aktuell viel an der Lage Italiens ändern könnte. Er ist nicht Kanzler, nicht Minister, er ist Spitzenkandidat der SPD, der ins Kanzleramt will. Bis er dort ist, kann er nur wenig Konkretes ausrichten und muss viele Ideen im Konjunktiv formulieren. Bei seinem Italien-Besuch hat er daher wenig Greifbares im Gepäck.

Wie dramatisch ist die Lage in Italien wirklich?

Gar nicht so schlimm, zumindest wenn man sie mit der Lage in Deutschland vergleicht – meint das Bundesinnenministerium. Deutschland nehme derzeit ungefähr genauso viele Flüchtlinge auf wie Italien, auch wenn sich die Lage im Mittelmeer zuspitze. Dass Deutschland in den vergangenen zwei Jahren im Zentrum der Migrationskrise stand, verschweigt auch Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni am Donnerstag nicht.