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Koalitionsstreit Streit um Militärhilfe bei Terrorgefahr

Nach den Anschlägen in Bayern flammt der Streit über eine Grundgesetzänderung für einen Einsatz der Bundeswehr im Inland wieder auf.

29.07.2016, 23:01

Berlin (dpa/js) l Die Anschläge in Bayern haben den Streit über Art und Umfang eines Einsatzes der Bundeswehr im Inland neu entfacht. Die CSU hält eine Grundgesetzänderung für notwendig, um den Einsatz der Bundeswehr im Inneren zur Abwehr von Terrorgefahren und zur Grenzsicherung zu ermöglichen oder zu erleichtern.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier erteilte solchen Forderungen jedoch eine klare Absage. Dafür gebe es keinen vernünftigen Anlass, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. „Die Vorfälle am Wochenende haben die Schnelligkeit und das hohe Maß an Professionalität der Polizeikräfte gezeigt“, sagte Steinmeier. „Da gab es keine Lücken, die von der Bundeswehr hätten gefüllt werden können oder gar müssen.“

SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold kritisierte den Streit über einen erweiterten Einsatz der Bundeswehr im Inland als „Scheindebatte“. „Was die CSU verlangt, führt nur zu scheinbarer Sicherheit – es bringt nicht mehr Sicherheit, wenn Soldaten mit der Waffe im Anschlag auf dem Bahnhof stehen“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Die Union habe im Bundestag keinen Partner für eine Grundgesetzänderung.

Seit vielen Jahren wird darüber gestritten, ob die Bundeswehr bei Terroranschlägen Aufgaben übernehmen darf, mit denen die Polizei überfordert ist. Im Grundgesetz findet sich dafür keine klare Regelung. Seit 2012 gibt es aber eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, nach der auch ein Terroranschlag ein „besonders schwerer Unglücksfall“ nach Artikel 35 sein kann, bei dem der Einsatz von Soldaten zur Unterstützung der Polizei erlaubt wäre.

Im gerade erst verabschiedeten Weißbuch zur Sicherheitspolitik hatten sich die Koalitionspartner auf den Kompromiss verständigt, dass die Bundeswehr bei größeren Terroranschlägen auch ohne Grundgesetzänderung etwa zur Evakuierung oder medizinischen Versorgung eingesetzt werden kann. Dieser Kompromiss ist Grundlage für geplante Anti-Terror-Übungen von Polizei und Bundeswehr.

Infografik: Bundeswehr soll wieder wachsen | Statista
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Diese Übungen sollen schon im August bei einem Ministertreffen vorbereitet werden. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Innenminister Thomas de Maizière (beide CDU) wollen dann mit drei Landesinnenministern von Union und SPD über die Modalitäten beraten, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr.

Die Übungen sind Teil des Neun-Punkte-Plans für mehr Sicherheit in Deutschland, den Kanzlerin Angela Merkel am Donnerstag vorgestellt hat. Die Idee entstand aber schon vor den Anschlägen von Würzburg und Ansbach. An dem Vorbereitungstreffen sollen der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Saarlands Ressortchef Klaus Bouillon, sowie die Innenminister Nordrhein-Westfalens und Mecklenburg-Vorpommerns, Ralf Jäger (SPD) und Lorenz Caffier (CDU), teilnehmen.

Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) war am Donnerstag vorgeprescht. In einem Volksstimme-Gespräch hatte er erklärt, dass sich das Bundesland für eine gemeinsame Antiterror-Übung von Polizei und Bundeswehr beworben habe. Die Militärführung müsse nun darüber entscheiden. In Sachsen-Anhalt bietet sich dafür künftig die im Bau befindliche Übungsstadt „Schnöggersburg“ auf dem Gefechtsübungsgelände in der Colbitz-Letzlinger Heide an.

Die CSU hatte am Donnerstag ihr Konzept „Sicherheit durch Stärke“ bei einer Kabinettsklausur beschlossen. Es sieht eine Aufrüstung der Polizei und eine deutliche Verschärfung ihrer Sicherheitspolitik vor. Dazu gehört auch die Forderung zum Einsatz der Bundeswehr im Innern.