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Die Analyse Volkswagen wagt den Spagat

In der schwersten Krise bringt Vorstandschef Matthias Müller den VW-Konzern auf neuen Kurs.

28.04.2016, 23:01

Mittlerweile zeichnet sich ab, welche Folgen der Abgas-Skandal bei Volkswagen haben wird. Gut 16 Milliarden Euro hat der Autobauer bereits als Sonderbelastung in seiner Bilanz vermerkt, am Ende wird er vielleicht auch noch ein paar Milliarden mehr zahlen müssen. Analysten gehen davon aus, dass sich die Summe am Ende auf etwa 30 Milliarden belaufen könnte.

Unwahrscheinlich ist jedoch, dass sich VW das nicht leisten kann. 24,5 Milliarden Euro hat Volkswagen weiterhin auf der hohen Kante, bereits in diesem Jahr will der Konzern wieder Geld hinzuverdienen. Und von anderen Wirtschaftsskandalen ist bekannt, dass die Unternehmen etwaige Strafen über mehrere Jahre verteilt abzahlen durften, sie dadurch Zahlungsengpässe vermeiden konnten.

Zur Entspannung der Lage bei VW trägt auch das bisherige Verhalten der Kunden bei. Zu Absatz-Einbrüchen im großen Stil ist es nicht gekommen, Konzernchef Matthias Müller geht davon aus, dass VW in diesem Jahr wieder rund zehn Millionen Autos verkaufen wird. Dass das Image des Unternehmens ein Stück weit gelitten hat, lässt sich nur daran festmachen, dass andere Autobauer derzeit größere Zuwachsraten beim Absatz verzeichnen, vor allem die Marke Volkswagen deshalb Marktanteile verliert.

Entscheidend für die Zukunft von Europas größtem Autobauer wird nun sein, wie er sich neu aufstellen wird. Die von Müller skizzierte Strategie 2025 geht in die richtige Richtung. Insbesondere die Einführung dezentraler Entscheidungsstrukturen dürfte VW voranbringen, der Konzern wird schneller auf Trends in den verschiedenen Märkten reagieren können.

Ambitioniert sind auch Müllers Pläne im Bereich Elektromobilität. Mit dem Ziel, 20 Modelle bis zum Jahr 2020 zu entwickeln, macht der VW-Boss deutlich, dass der Wolfsburger Konzern amerikanischen Firmen wie Tesla nicht den Zukunftsmarkt der Elektroautos überlassen will.

Klar ist allerdings auch: Kursänderungen kosten Zeit und Geld. Nicht umsonst erklärte Müller am Donnerstag: „Die Rekordjagd ist vorbei – zumindest vorerst.“ Anders als die Konkurrenz muss sich VW eben nicht nur Zukunftsherausforderungen stellen, sondern auch die Folgen des Abgas-Skandals bewältigen. Es ist ein enormer Spagat, an dem sich die Wolfsburger versuchen. Und er wird womöglich noch empfindliche Sparprogramme nach sich ziehen. Müller verdeutlichte am Donnerstag einmal mehr: Investiert werde nur noch dort, wo es nötig ist, ansonsten müsse VW dringend sparen.