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Förderprogramm Neue Chance auf Azubis aus Europa

Sachsen-Anhalts Wirtschaftskammern haben mit dem Land ein neues Programm zur Anwerbung ausländischer Azubis aufgelegt.

12.01.2017, 23:01

Magdeburg l Viele Betriebe in Sachsen-Anhalt haben seit Jahren Probleme, Lehrstellen zu besetzen. Einige von ihnen haben deshalb in der Vergangenheit mit Hilfe des Bundesprogramms „MobiPro“ ausländische Auszubildende aus EU-Staaten wie Spanien, Portugal und Bulgarien angeworben. Obwohl dies recht erfolgreich funktionierte, viele Lehrlinge auch übernommen werden konnten, ließ die Bundesregierung das Programm auslaufen.

Damit abfinden wollten sich die Wirtschaftskammern allerdings nicht, ihnen ist es nach monatelangen Verhandlungen gelungen, mit Sachsen-Anhalts Arbeitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) ein Nachfolgeprogramm aufzusetzen. „Spätestens im März werden wir mit dem Sprachkurs für die neuen Azubis starten“, berichtet Mathias Schönenberger, Fachkräftecoach der Industrie- und Handelskammer Magdeburg.

Die Kammer will keine Zeit verlieren, am kommenden Mittwoch will sie interessierte Unternehmer bei einer Veranstaltung über das neue Programm informieren und den Bedarf an ausländischen Azubis abfragen. So ganz wie das alte wird das neue Azubi-Programm allerdings nicht funktionieren.

Wichtigste Neuerung: Die Lehrlinge erhalten ihren Deutschkurs nicht mehr in ihrem Heimatland, sondern in Deutschland. Der Grund: Deutsche Fördergelder dürfen nicht im Ausland eingesetzt werden – auch nicht für Aktivitäten, die eigentlich auch der hiesigen Wirtschaft zugute kommen.

Beim Vorgängerprojekt MobiPro hatte die Bundesregierung zwar eine Ausnahme gemacht, doch diese gilt nicht mehr für nachfolgende Förderprogramme. „Betriebe, die einen Lehrling ausbilden wollen, müssen sich deshalb stärker finanziell beteiligen“, erklärt Mathias Schönenberger.

So müssen die Firmen ihren künftigen Azubis vor Beginn der Lehre monatlich 500 Euro Unterhalt zahlen, so lange sie den fünfmonatigen Sprachkurs in Deutschland besuchen. In dieser Zeit stellt die Handwerkskammer Magdeburg den jungen Leuten Zimmer und Verpflegung in einem Lehrlingswohnheim zur Verfügung. Der Sprachkurs selbst wird über das Bundesamt für Migration für Flüchtlinge (BAMF) finanziert. „Ich hoffe, dass die Betriebe bereit sind, einen Beitrag zu leisten – es ist für sie ja eine Zukunftsinvestition“, so Schönenberger.

Wenn sich die angehenden Azubis dann das sprachliche Rüstzeug angeeignet haben, kann die Lehre im Betrieb beginnen. Wie beim Vorgängerprogramm zahlen die Firmen die branchenüblichen Lehrlingsgehälter, über staatliche Beihilfen wird das Gehalt für die jungen Kräfte auf monatlich 800 Euro aufgestockt – damit es sich für sie auch finanziell lohnt, ihr Heimatland für eine Ausbildung zu verlassen.

Auch während der Ausbildung werden die jungen Lehrlinge die Möglichkeit haben, Sprachkurse nebenher zu belegen. Arbeitsministerin Grimm-Benne stellt hierfür etwa über das Programm „Sachsen-Anhalt Weiterbildung Betrieb“ Fördergelder zur Verfügung.

Sozialpädagogische Hilfe, etwa für die Bewältigung von Problemen im Betrieb, wird es über das Landesprogramm „Zukunftschance Asssistierte Ausbildung“ geben. „Letztlich greifen wir jetzt auf verschiedene Fördertöpfe zu, um den ausländischen Azubis hier eine Lehre zu ermöglichen“, erklärt Mathias Schönenberger.

In der Vergangenheit hat das sehr gut geklappt. Die Quote vorzeitiger Ausbildungsabbrüche lag bei 25 Prozent. Bei deutschen Lehrlingen lag die Quote dagegen bei 33,5 Prozent. Sehr zufrieden mit seiner Ausbildung zum Medienkaufmann ist auch Enrique Gasulla Mendoza. Der 23-jährige Spanier arbeitet seit vergangenem Sommer als Lehrling bei der Mediengruppe Magdeburg, diese veröffentlicht auch die Volksstimme. „Ich bin sehr froh über die Chance, in meiner Heimat ist die Situation auf dem Arbeitsmarkt sehr schlecht für junge Leute.“

Mathias Schönenberger von der IHK Magdeburg ist optimistisch, dass sich wieder viele Unternehmen am Azubi-Programm beteiligen werden. „Für die Veranstaltung in der kommenden Woche haben wir schon 50 Anmeldungen und 80 Ausbildungsgesuche“, erzählt er. Die Mindestanzahl von 20 Azubis, die für das Anwerbe-Programm benötigt wird, dürfte damit locker erreicht werden.