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Nach Insolvenz Neue Hoffnung für Mifa-Beschäftigte

Der insolvente Fahrradhersteller Mifa in Sangerhausen kann offenbar auf neues Geld der Eigentümerfamilie von Nathusius hoffen.

25.01.2017, 23:01

Sangerhausen/Magdeburg l „Wir haben nie gesagt, dass sich die Familie von Nathusius von Mifa abwendet“, sagte Heinrich von Nathusius am Mittwochnachmittag der Volksstimme. Zuvor hatte er auch mit Insolvenzverwalter Lucas Flöther gesprochen und ihm mitgeteilt: Die Chancen stehen gut, dass sich die Familie an einem neuen Massedarlehen für den traditionsreichen Fahrradbauer beteiligt. „Ich hoffe, dass es klappt. Das wäre wichtig für die Mitarbeiter und den Fortbestand der Mifa“, erklärte der Unternehmer.

Von Nathusius hatte Mifa vor zwei Jahren vor der Pleite gerettet. Anfang des Jahres musste die Firma mit rund 520 Beschäftigten erneut Insolvenz anmelden. Mifa konnte laufende Kredite nicht mehr bedienen. Banken verwehrten einen Aufschub, zweifelten zudem an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Mifa hatte zuvor einen deutlichen Auftragseinbruch hinnehmen müssen.

Der Versuch, Mifa in Eigenregie zu sanieren, scheiterte vor einer Woche. Ein Finanzierungskonzept war geplatzt, weil die Gesellschafter kurzfristig ihre Zusage über ein Massedarlehen zurückzogen. Aus Verhandlungskreisen heißt es, von Nathusius habe unerfüllbare Forderungen gestellt. Unter anderem sollte das Land Sachsen-Anhalt den Geschäftsmann aus einer fünf Millionen Euro schweren Bürgschaft entlassen. Von Nathusius erklärte am Mittwoch, auch Banken hätten bestimmte Forderungen gestellt, die die Mifa-Gesellschafter nicht erfüllen wollten. „Wir machen nicht alles mit“, sagte er, ohne Details zu nennen.

Volksstimme-Informationen zufolge hatte ein Geldinstitut von Nathusius aber sogar weitreichende Zugeständnisse gemacht, bot an, die Rückzahlung eines Darlehens auszusetzen, um Mifa Luft in der Krise zu verschaffen. Von Nathusius‘ Entscheidung, den Fahrradbauer in ein reguläres Insolvenzverfahren rutschen zu lassen, bezeichneten mehrere Quellen danach als „irrational“. Der Firmen-Patriarch, der nach der Wende den Haldensleber Automobilzulieferer Ifa Rotorion aufgebaut hatte, soll durch seinen Rückzieher auch 20 Millionen Euro Familienvermögen aufs Spiel gesetzt haben.

Nach seiner Kehrtwende ist Heinrich von Nathusius nun von Insolvenzverwalter Lucas Flöther abhängig. Der Rechtsanwalt aus Halle hatte Mifa bereits bei der ersten Insolvenz vor zwei Jahren betreut (siehe Infokasten). Er sagte am Mittwochnachmittag: „Wir sind in positiven Verhandlungen mit möglichen Investoren und Kreditgebern, natürlich auch mit der Familie von Nathusius.“

Flöther zeigte sich zuversichtlich, dass die Familie von Nathusius ein Massedarlehen zur Verfügung stellt. „Entschieden ist das aber noch nicht“, erklärte der Jurist. Nach Informationen der Volksstimme sollen neben dem indischen Fahrradbauer Hero Cycles auch mehrere Finanzinvestoren Interesse an Mifa signalisiert haben. Heinrich von Nathusius zeigte sich gegenüber der Volksstimme offen für eine Zusammenarbeit mit einem weiteren Geldgeber.

Denn dass es bei Mifa weitergeht, ist im Interesse der Familie: Vor der Mifa-Insolvenz hatte von Nathusius mit eigenem Geld, Darlehen von Banken und Fördermitteln des Landes eine neue Produktionsstätte für den Fahrradbauer errichten lassen. Eigentümer des 17 Millionen Euro teuren Werks ist aber die Vermögensgesellschaft der Familie. Mifa sollte monatlich rund 120 000 Euro Miete zahlen. Weil rund 920 000 Euro Fördermittel geflossen sind, hat aber auch das Land Einfluss auf die künftige Nutzung der Halle: Laut Zweckbindung müssen unter dem Dach des Neubaus mindestens 520 Mitarbeiter beschäftigt werden. Ansonsten muss die Familie die Subventionen zurückzahlen.

Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD) sprach am Mittwochmittag den Mifa-Beschäftigten in Sangerhausen Mut zu. „Haltet durch, auch wir sind Mifa“, sagte er und sicherte erneut die Unterstützung der Landesregierung zu. Rund 300 Mitarbeiter hatten am Vormittag vor dem neuen Werk für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze demonstriert. Dagmar Enke arbeitet seit 17 Jahren bei Mifa und hat noch Hoffnung. Einer ihrer Kollegen sagt: „Ich denke, dass es weitergeht, aber mit weniger Leuten.“ Entlassungen drohen zunächst aber nicht. Über das Insolvenzgeld der Arbeitsagentur sind die Löhne bis Ende Februar gesichert.