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Die Toten vom Bodensee - Stille Wasser

Stille Wasser sind bekanntlich tief. Das gilt sicher für so manch ruhig daliegenden See, aber das gilt genauso für die (Un-)Tiefen vereinzelter menschlicher Seelen. Erst recht in einem Krimi.

Von Klaus Braeuer, dpa 17.04.2016, 23:01

Berlin (dpa) - Wenn ein Krimi den Titel Stille Wasser trägt, dann kann man getrost davon ausgehen, dass es unter der Oberfläche alles andere als still zugeht. Oder dass etwas in der Tiefe lauert. So beginnt der dritte Film aus der Reihe Die Toten vom Bodensee, die an diesem Montag (20.15 Uhr, ZDF) zu sehen ist.

Ein Fischer fährt früh morgens hinaus auf den friedlich daliegenden Bodensee. Neben ein paar kleinen Fischen geht ihm aber auch ein ziemlich dicker Brocken ins Netz: die Leiche einer blonden Frau mit Würgemalen am Hals. Offenbar wurde sie das Opfer eines Sadisten und starb nach einem langen Todeskampf. Die beiden Ermittler Hannah Zeiler (Nora von Waldstätten) und Micha Oberländer (Matthias Koeberlin) sind mit ihrem österreichischen Kollegen Thomas Komlatschek (Hary Prinz) sehr schnell an Ort und Stelle.

Bei ihren Ermittlungen stoßen sie rasch auf die kleine Noemi (Nara Knöpfle) und ihre sehr fürsorglichen Eltern Melanie (Laura Tonke) und Peter Rademann (Philip Hochmair). Melanies Bruder Mike Schiffl (Dirk Borchardt) verhält sich seltsam und gerät unter Mordverdacht. Doch Zeiler und Oberländer graben einen alten Fall aus und nehmen an, dass es sich bei dem Mörder um einen Serientäter handeln muss. Und so gerät die kleine Noemi in große Gefahr - sie hat etwas Furchtbares beobachtet und hat versprochen, niemandem etwas zu verraten.

Auch dieser Film aus der Krimireihe bietet solide und spannende Unterhaltung, weil Handlung und Figuren auch in die Tiefe gehen. Dem Regisseur Andreas Linke (Baron Münchhausen) und dem Drehbuchautor Thimo Berndt (Wilsberg) gelingt es meisterhaft, das Brodeln unter der Oberfläche sichtbar zu machen. Es geht um die starken Spannungen innerhalb einer kleinen Familie. Am Ende ist der Hauptverdächtige tot, und der wahre Täter sitzt so nah an dem kleinen Mädchen, dass es einen wirklich graust.

Die Schauspielerin Nora von Waldstätten (34) kennt man zumeist aus ernsten Rollen (Die dunkle Seite des Mondes), doch wird sie demnächst in dem ZDF-Krimi Nachtschicht - Ladies First (Regie: Lars Becker) eine Krankenschwester mit Stand-up-Comedy-Ambitionen spielen: Das ist eine ganz entzückende und lustige Figur, verrät sie im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur und sagt über ihre Rolle als Hannah Zeiler: Hannah ist eine Einzelgängerin, die sich nur auf sich und die Logik verlässt. Dass sie diese Art, der Welt zu begegnen, gewählt hat, hat mit ihrer Vergangenheit zu tun, aber hinter dieser distanzierten Art steckt eine große Verletztheit und ein Schmerz.

Hannah merke, dass sie mit ihrer bisherigen Überlebensstrategie nicht mehr weiterkomme, sagt von Waldstätten weiter. Sie muss sich den Dingen ihrer Vergangenheit stellen und anfangen, sich zu öffnen, sich anzuvertrauen und zu vertrauen. Das ist natürlich ein Riesenschritt für sie.

Und diesem Riesenschritt, der mit kleinen Veränderungen daherkommt, kann man im Gesicht von Nora von Waldstätten sehr gut zuschauen. Denn ihre sarkastisch angelegte Hannah Zeiler, die ja ohnehin kaum ein Wort zuviel verliert, wird durch diesen Mordfall an den tödlichen Unfall ihrer Eltern erinnert, der sich vor Jahren auf dem stürmischen Bodensee ereignet und sie traumatisiert hat. Dadurch haben sich einige Blockaden in ihr aufgebaut, die sich nun zu lösen beginnen - so kommt heraus, dass es am Tag des Unfalls gar keinen Sturm gegeben hat.

Das wird in der nächsten Folge sicher weiter erzählt. Was auch für die Entwicklung ihres Kollegen Micha Oberländer gilt, der von Matthias Koeberlin (Neid ist auch keine Lösung, am 2. Juni im ZDF) hübsch chaotisch gespielt wird. Oberländer zieht nun ganz eigene Konsequenzen für sich: So hat er mittlerweile richtigen Stress mit seiner Familie und lebt nur noch in seinem blauen VW-Bus am Seeufer - wodurch man immerhin mal einen Blick auf den Bodensee erhaschen kann, der im Film ansonsten leider keine allzu große Rolle spielt.