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TV-Tipp Donna Leon - Tod zwischen den Zeilen

Ein Theologe und Sammler kostbarer Schriften wird ermordet. Am Tatort finden sich Kopien aus alten Büchern, die Commissario Brunetti in eine Bibliothek führen. Nicht nur dort geschieht Rätselhaftes.

Von Simona Block, dpa 12.04.2017, 23:01

Berlin (dpa) - Vice-Questore Patta (Michael Degen) hat genug von dem "arroganten Schnösel". Er stärkt Commissario Guido Brunetti (Uwe Kockisch) den Rücken, als Conte Morosini-Albani (Harald Schrott) die Ermittler unter Generalverdacht stellt.

"Was für ein Arschloch", entfährt es ihm, als der laut Umfragen wohl nächste Bürgermeister aus dem Büro gerauscht ist. In der neuesten Folge "Tod zwischen den Zeilen" der Krimireihe nach der Vorlage von Donna Leon, die am Gründonnerstag (20.15 Uhr) im Ersten zu sehen ist, hat Patta ungewohnt wenig Geduld mit den Mächtigen - und legt sich sogar offen mit der einflussreichen Contessa an.

Der mysteriöse Tod des ehemaligen Theologen Enrico Franchini gibt nicht nur Brunetti Rätsel auf. In dessen Computer entdecken die Ermittler Kopien von alten Büchern. In der für ihre historischen Bestände berühmten Biblioteca Merula sind Seiten aus Büchern herausgeschnitten und gestohlen worden und sogar ganze Folianten verschwunden. Die Leiterin, Dottoressa Fabbiani (Jenny Schily), hat das gegenüber den privaten Sponsoren der Einrichtung verschwiegen. Für die Raritäten werden auf dem Schwarzmarkt teilweise Unsummen gezahlt.

Brunetti und Sergente Vianello (Karl Fischer) bekommen Einblick in eine unheimliche Welt, die sie nur langsam durchdringen. Im Lesesaal gibt es eine Kamera, die keiner installiert haben will. Auch Piero Sartor (Thorsten Merten), ein Mitarbeiter der Biblioteca, ist zwar ausnehmend freundlich, verhält sich aber verdächtig. Nicht zuletzt gerät auch der amerikanische Historiker Joseph Nickerson (August Zirner) in Verdacht. Bei seinen Ermittlungen in den besseren Kreisen der Lagunenstadt gerät Brunetti auch an die traditionsreiche Familie Morosini-Albani, die einst Dogen stellte und immer noch Einfluss hat.

Der Name der Contessa wird fast ehrfürchtig genannt, sie ist die Hauptförderin der Biblioteca Merula - und entsetzt über die Vorgänge dort. Sie und ihr Sohn, der für das Bürgermeisteramt kandidiert, wollen mit allen Mitteln verhindern, dass davon etwas an die Öffentlichkeit dringt. Dann gerät auch noch Brunettis Sohn Raffi (Patrick Diemling) in Gefahr. Die Beharrlichkeit des Commissario erschüttert das nur kurz, er geht umso energischer mit dem Snob Morosini-Albani ins Gericht. Raffi hat die Untersuchung sogar, ohne Wissen seines Vaters, befördert.

Der Schlüssel in diesem Fall liegt in einem 500 Jahre alten, nie aufgeklärten und aus den Annalen getilgten Mord. Auch das einzige erhaltene Buch, in dem davon berichtet wird, ist verschwunden. Als Raffi es auf eigene Faust gefunden hat, bezahlt er das fast mit seinem Leben. Immer wieder blendet der Film zurück ins Mittelalter, zu der Tat, deren Folgen in die Gegenwart reichen: in den Kampf ums Bürgermeisteramt für einen Morosini-Albani. Er ist aber auch ein Plädoyer für das Buch und die Bildung, immer wieder untermalt mit wunderschönen Bildern von Markusplatz, Dogenpalast und Kanälen Venedigs.

Kockisch füllt auch in "Tod zwischen den Zeilen" authentisch als Commissario Brunetti seine Rolle souverän aus. Sein selbstverliebter Vorgesetzter Vice-Questore Patta ist zwar auch diesmal gewohnt eitel, aber weniger arrogant. Und widersetzt sich sogar der Contessa. Bei einem gemeinsamen Essen, zu dem sie ihn zitiert hat, ordert er genau das Gegenteil von dem, was sie für ihn zuvor bestellt hat: Vitello tonnato statt Thunfisch-Tatar und Rotwein statt Pino bianco. Ein Affront, zu dem Michael Degen grimmig dreinblickt.

Mit dem Kleinkriminellen Roberto Dura (Vincent Krüger) und seiner Ex-Freundin Rebecca (Janina Uhse) geben zwei Darsteller der beliebten Vorabendserie "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" ihren Einstand bei den Donna-Leon-Krimis. Die Autoren Stefan Holtz und Florian Iwersen setzen auf die bewährte Mischung, starke Spannung - und Romantik. Paola (Julia Jäger) ist besonders nachsichtig mit ihrem Guido und auch Signorina Elettra (Annett Renneberg) genießt die Aufmerksamkeit des Commissario. Der von Regisseur Sigi Rothemund bezaubernd in Szene gesetzte Film ist, wie die Vorlage der Autorin, auch ein Plädoyer: für die Bildung, das Wissen, die Bücher - und Venedig.

Informationen zum Film