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Neujahrstour „Das nennen wir Integration“

Die Philharmonie der Nationen und Justus Frantz starten am 2. Januar ihre Neujahrstournee und spielen am 15. Januar in Magdeburg.

30.12.2015, 23:01

Grit Warnat hat vor Tourbeginn mit dem Orchester-Geschäftsführer Christian Lorenz über die Tour, die Botschaft des Klangkörpers und die Spendenaktion für die Welthungerhilfe gesprochen.

Volksstimme: Sie eröffnen Ihre Neujahrskonzerte mit der Ouvertüre zur „Zauberflöte“. Mozarts Oper erzählt vom Sieg der Liebe. Ist die Ouvertüre programmatisch gewählt?

Christian Lorenz: Ja. Es ist Tradition, dass wir mit Justus Frantz und einem von ihm gespielten Klavierkonzert einen Bezug zu Mozart haben. In diesem Jahr haben wir uns passend zum Thema „Music for Friends“ zusätzlich für Mozarts „Zauberflöte“ entschieden. Sie ist einerseits ein Märchen, andererseits ein tief humanistisches Stück um Freundschaft, Verlässlichkeit und gesellschaftliche Verantwortung. Der Mensch wird als sozial hochbegabtes Wesen dargestellt. Das passt hervorragend zu unserem Anliegen.

Als das Orchester im Mai anlässlich 70 Jahre Kriegsende spielte, haben sich ein russischer Geiger und ein ukrainischer Trompeter auf der Bühne umarmt. Wie wichtig sind dem Orchester solche Botschaften?

Sie sind ganz zentral. Wir sehen uns nicht nur als hervorragender Klangkörper, sondern mit unserer multinationalen Zusammensetzung, unserem Projektcharakter und den besonderen Anlässen der Konzerte als Friedenssymbol. Wir haben einen festen Stamm von Musikern, aber wir laden auch immer wieder neue Musiker aus anderen Ländern ein. Es soll ein Symbol sein für das gemeinsame Tun. Die Philharmonie der Nationen soll ein Symbol sein für das gemeinsame Schaffen. Die Musik als gemeinsame Sprache ist dafür besonders geeignet.

Menschen wie vieler Nationen sind in Ihrem Orchester vertreten?

Das wechselt von Projekt zu Projekt. In einer Besetzung wie bei unseren Neujahrskonzerten mit 60 Musikern sind es etwa 20 Nationen.

Sie planen 15 Neujahrskonzerte in ganz Deutschland, zehn Prozent der Einnahmen spendet das Orchester an die Welthungerhilfe. Warum dieses Engagement?

Es gab einen Anstoß von Verlegerin Gudrun Bauer, die unser Jubiläumskonzert zum 20. Geburtstag im Januar besucht hatte und von der Idee der Philharmonie der Nationen sehr beeindruckt war. Wir hatten uns darauf verständigt, gemeinsam die Welthungerhilfe zu unterstützen.

Gibt es ein Vorhaben?

Ja. Es geht um die Förderung eines Bildungszentrums in einem Flüchtlingslager an der türkisch-syrischen Grenze. Dort leben Hunderttausende Flüchtlinge, voraussichtlich ist es ihr Zuhause für viele Jahre. Der Bedarf an Bildungseinrichtungen ist groß. Wir rechnen mit einem Spendenvolumen von über 30  000 Euro, die wir zum letzten Konzert an die Welthungerhilfe überreichen wollen.

Was konnte der Klangkörper in den 20 Orchester-Jahren noch Konkretes erreichen?

Das Orchester hat durch seine symbolischen Auftritte geistige Anstöße geben können. Musik verbindet, das zeigen wir immer wieder. Zum Beispiel beim Auftritt im UN-Hauptquartier in New York, bei Musik gegen rechts im Deutschen Bundestag oder zusammen mit der Sinfionetta aus Israel. Da gab es im Oktober 2015 ein gemeinsames Projekt mit jeweils fünf Konzerten in Deutschland und in Israel. Ich denke, dass wir im Miteinander eine Menge erreicht haben.

Für Ihr Neujahrskonzert in Magdeburg lädt die Philharmonie 150 Flüchtlinge und ehrenamtliche Helfer ein. War es Ihnen ein Anliegen, danke schön zu sagen?

Wir denken an die Flüchtlingsproblematik auf beiden Seiten. Einerseits, wo sie entstanden ist, vor Ort also, und andererseits, wo die Menschen nach vielen Entbehrungen angekommen sind: hier bei uns in Deutschland. Wir wollen Flüchtlingen eine Freude machen und bei den Helfern danke sagen. Ich habe in den vergangenen Wochen Hunderte Telefonate mit vielen helfenden Organisationen vor Ort geführt und immer wieder positive Reaktionen erlebt, dass Ehrenamtliche und Flüchtlinge gemeinsam ein Konzert besuchen. Damit ist unser Orchester wieder ganz im Zentrum seiner Arbeit: Die Bindung zwischen Menschen stärken. Das nennen wir dann Integration.