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Kabarett Vom Mond zum Hause Hengstmann

Der Magdeburger Kabarettist Tobias Hengstmann hat sein erstes Soloprorgamm vorgelegt. "Selfie mit Buzz Aldrin" wurde begeistert beklatscht.

Von Rolf-Dietmar Schmidt 30.09.2016, 23:01

Magdeburg l Die Idee hieß interaktives politisch-satirisches Kabarett. Tobias Hengstmann ließ seine Handy-Nummer einblenden und forderte das Premieren-Publikum auf, seine verbalen Seitenhiebe auf der Bühne des Magdeburger Kabaretts „... nach Hengstmanns“ doch zu kommentieren, zu kritisieren, sich oder ihn auf allen möglichen Social-Media-Kanälen mit Mitteilungen an- oder aufzuregen. Eine grandiose Idee, geeignet, politisches Kabarett mit neuen Mitteln für eine junge Publikumsgruppe zu erschließen. Das werde ein chaotischer Abend werden, kündigte der Kabarettist an, mit Polit-Kabarett, Satire, Poetry Slam und natürlich Musik.

Und in der Tat griff er während des reichlich eineinhalb Stunden dauernden Programms immer mal wieder zum Handy, um Kommentare – woher auch immer – in sein Programm einfließen zu lassen. Diese tolle Idee lässt sich noch sehr viel weiter ausbauen!

Das erste Soloprogramm ist für einen Familienkabarettisten, wenngleich er bereits seit Jahren sein Können und Talent viele Male unter Beweis stellen konnte, so etwas wie ein Ritterschlag. Die Anspannung war folglich enorm, aber Tobias Hengstmann meisterte selbst jeden Zwischenruf mit professioneller Souveränität.

Sein komödiantisches Talent wurde vom Publikum immer wieder mit Zwischenapplaus belohnt. Den vermisst der Künstler für großartige Leistungen der wirklich arbeitenden Bevölkerung an vielen Stellen, erntete aber mit seiner Beifallaktion für Müllfahrer und Straßenbauarbeiter nach eigenem Bekunden nicht den erwarteten Erfolg. Die steckten ihn kurzerhand in eine Bio-Tonne beziehungsweise asphaltierten ihn mit unter.

Bei Trauerreden sei Applaus überhaupt nicht erwünscht, stellte er fest, um sogleich eine echte Trauerrede zu halten, die mit den wahren Empfindungen der Hinterbliebenen gegenüber dem „teuren“ Toten agiert. Da bleibt im wahrsten Sinn des Wortes kein Auge trocken, und wollte man diese Rede im Rundfunk übertragen, müsste an etlichen Stellen sicher das bekannte „Piep“ die zahlreichen Fäkalinjurien unkenntlich machen. Überhaupt ist einer der beliebtesten Sätze von Tobias Hengstmann: „Das geht mir auf den ... (Piep).“

Und weil das so ist, teilt der Kabarettist mit Schwung in alle Richtungen aus, so dass jeder, ob dick, faul oder reaktionär, sein Fett abbekommt. Nein, vornehme Umschreibung, das ist nicht die Sache von Tobias Hengstmann. Er sagt sehr klar, was er meint, und meint auch, was er sagt.

Bei der wilden Jagd durch die Themen gelangt er von dicken Frauen über braune Bananen zur AfD. Selbst „zurück in die Zukunft“ geht es bei seinen gedanklichen Ausflügen, verbunden mit dem Wunsch, bei solchen Zeitreisen die eine oder andere Geburt zum Nutzen der Menschheit zu verhindern.

Und dann kommt die wohl stärkste Geschichte des Programms, die Begegnung mit Buzz Aldrin, dem zweiten Mann auf dem Mond, der nach seinem wechselvollen Leben nun schließlich eine Stelle bei der Deutschen Post in Hohendodeleben gefunden hat. Unter den Klängen des 50 Jahre alten Star-Trek-Intros kommt es endlich zum „Selfi mit Buzz Aldrin“. Die erstklassige Ausbildung bei der Nasa und vermutlich die Referenz, jede Adresse auf der Erde oder im All zu finden – und sei es auf dem Mond –, haben ihn offenbar qualifiziert, die Pakete auch in das Haus Hengstmann zu tragen. Und irgendwie hat Tobias Hengstmann damit dann doch noch Geschichte geschrieben.

Die nächsten Vorstellungen sind am Sonnabend (15 Uhr) und am Sonntag (17 Uhr) sowie am 27. und 28. Oktober jeweils 19.30 Uhr.